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Wilhelmine Möller
Wilhelmine Möller
© Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf

Wilhelmine Möller (geborene Frentz) * 1866

Am Felde 26 (Altona, Ottensen)


HIER WOHNTE
WILHELMINE MÖLLER
GEB. FRENTZ
JG. 1866
EINGEWIESEN 1943
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 16.8.1943
HEILANSTALT AM STEINHOF
ERMORDET 29.9.1944

Wilhelmine Catharina Sophie Möller, geb. Frentz, geb. 7.3.1866 in Stralendorf/Mecklenburg, aufgenommen in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 1.6.1943, verlegt am 16.8.1943 in die Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien, dort gestorben am 29.9.1944

Am Felde 26 (Altona)

Wilhelmine Catharina Sophie Möller, geb. Frentz, war am 7. März 1866 im westmecklenburgischen Stralendorf als Tochter des Arbeiters Johann Frentz und seiner Ehefrau Elisabeth, verwitwete Ackermann, geb. Mensch, zur Welt gekommen. Über ihre Kindheit, Jugend, Schulzeit und eine eventuelle Ausbildung wissen wir nichts.

Sie arbeitete als junge Frau als Dienstmädchen, bevor sie am 4. Januar 1889 den am 29. September 1869 in Baek im Herzogtum Lauenburg geborenen Kutscher Heinrich Carl Christian Möller heiratete. Am 26. Januar 1892 bekamen Wilhelmine und Heinrich Möller die Tochter Elsa Marie Helene. Wie Wilhelmine Möller bei ihrer Aufnahme in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) erklärte, habe sie insgesamt fünf Kinder gehabt. Dafür ließen sich jedoch keine Belege finden. Die Familie wohnte zur Zeit von Elsas Geburt in der Straße Am Felde Nr. 132 in Altona.

Elsa, Wilhelmine Möllers Tochter, starb im Alter von noch nicht 48 Jahren am 4. Januar 1940 an einer Krebserkrankung im Hamburger Krankenhaus Elim. Nur drei Jahre später, am 16. Februar 1943, verstarb im Alter von 73 Jahren auch Wilhelmine Möllers Ehemann. Er hatte, bevor er Rentner wurde, für die Hamburger Hochbahn AG als Straßenbahnschaffner gearbeitet.

Nach dem Verlust ihrer Familie war Wilhelmine Möller auf sich allein gestellt. Sie wohnte in Altona in der Straße Am Felde 26, nun zur Untermiete bei E. Maas, Straßenbahnschaffner wie ihr verstorbener Mann. Es ist möglich, dass die Kriegswirren, der frühe Tod ihrer Tochter und der Tod ihres Ehemannes bei der inzwischen 77 Jahre alten Frau eine gewisse Verwirrtheit auslösten.

Am 6. Mai 1943 stellte der Arzt des Amtes für Volksgesundheit, Walter Kühl, folgendes Attest aus: "Frau Wilhelmine Möller, geborene Frentz, geboren am 7.3.1866, wohnhaft am Felde 26 bei Maas, leidet an einer Arteriosklerose des Gehirns und ist dadurch zeitweise unbesinnlich. Sie bedarf daher, um der drohenden Verwahrlosung vorzubeugen, dringend der Aufnahme in eine Anstalt." Wenig später, am 1. Juni 1943, wurde Wilhelmine Möller Bewohnerin der Alsterdorfer Anstalten. Zu ihrem Pfleger (Vormund) wurde am 21. Juli 1943 Arnold Lensch, Pastor an der Christianskirche in Ottensen, erklärt.

Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg Ende Juli/Anfang August 1943 ("Operation Gomorrha") erlitten auch die Alsterdorfer Anstalten Bombenschäden. Die Anstaltsleitung nutzte die Gelegenheit, nach Rücksprache mit der Gesundheitsbehörde einen Teil der Bewohnerinnen und Bewohner, die als "arbeitsschwach, pflegeaufwendig oder als besonders schwierig" galten, in andere Heil- und Pflegeanstalten zu verlegen. Am 16. August 1943 ging ein Transport mit 228 Frauen und Mädchen aus Alsterdorf sowie 72 Mädchen und Frauen aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" in Wien" (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof") ab. In diesem Transport befand sich die 77jährige Wilhelmine Möller.

In Wien wurde Wilhelmine Möller Mitte Oktober 1943 als "sehr hinfällig" beschrieben. Auf Nachfrage von Pastor Arnold Lensch vom Dezember 1943 teilte die Anstalt dagegen mit, die Patientin sei weiterhin gesund, und es bestehe trotz ihres fortgeschrittenen Alters kein Anlass zu einer unmittelbaren Besorgnis. Es sei zu hoffen, dass die Patientin nach Kriegsende in ihre Heimat zurückkehren könne.

Im Laufe des Jahres 1944 erkrankte Wilhelmine Möller an einer Lungenentzündung, erholte sich aber wieder. Im August wurde sie als vollkommen desorientiert und pflegebedürftig beschrieben, so dass sie am 25. August in den Pflegebereich der Anstalt verlegt wurde.

Die Anstalt in Wien war während der "Aktion-T4" (Tarnbezeichnung für das "Euthanasie"-Programm der Nationalsozialisten, so genannt nach dem Sitz der Berliner Euthanasiezentrale in der Tiergartenstraße 4) eine Zwischenanstalt für die Tötungsanstalt Hartheim bei Linz gewesen. Nach dem offiziellen Ende der Gasmorde in den Tötungsanstalten wurde in der Wiener Anstalt selbst massenhaft weiter gemordet: durch Überdosierung von Medikamenten und Nichtbehandlung von Krankheit, vor allem aber durch Nahrungsentzug.

Von den 300 Mädchen und Frauen aus Hamburg kamen bis Ende 1945 257 ums Leben, davon 196 aus Alsterdorf.

Wilhelmine Möller starb am 29. September 1944, angeblich an einer Lungenentzündung.

Stand: Juli 2021
© Ingo Wille

Quellen: Adressbücher Altona und Hamburg; StaH 332-5 Standesämter 6168 Geburtsregister Nr. 96/1892 Elsa Marie Helene Möller, 5907 Heiratsregister Nr. 5/1889 Heinrich Carl Christian Möller/Wilhelmine Catherina Sophie Frentz, 5110 Sterberegister Nr. 335/1943 Heinrich Carl Christian Möller, 8170 Sterberegister Nr. 11/1940 Elsa Marie Helene Möller; Evangelische Stiftung Alsterdorf, Archiv, Sonderakte V 148 (Wilhelmine Möller); Michael Wunder/Ingrid Genkel/Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr. Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 331-371 (Transport nach Wien); Susanne Mende, Die Wiener Heil- und Pflegeanstalt "Am Steinhof" im Nationalsozialismus, Frankfurt/Main 2000.

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