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Adele Cohen (geborene Tannenwald) * 1907
Breite Straße /Ecke Kirchenstraße (Altona, Altona-Altstadt)
HIER WOHNTE
ADELE COHEN
GEB. TANNENWALD
JG. 1907
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
1944 AUSCHWITZ
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Breite Straße /Ecke Kirchenstraße:
Leon Daniel Cohen, Daniel Leo Cohen, Betty Cohen
Leon Daniel Cohen, geb. am 12.8.1893 in Altona, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, deportiert am 28.9.1944 ins Vernichtungslager Auschwitz, ermordet
Adele Cohen, geb. Tannenwald, geb. am 20.6.1907 in Thüngen/Bayern, deportiert
am 19.7.1942 nach Theresienstadt, deportiert am 28.10.1944 ins Vernichtungslager
Auschwitz, ermordet
Daniel Leo Cohen, geb. am 28.3.1935 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach
Theresienstadt, deportiert am 28.10.1944 ins Vernichtungslager Auschwitz, ermordet
Betty Cohen, geb. am 24.6.1936, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt,
deportiert am 28.10.1944 ins Vernichtungslager Auschwitz, ermordet
Breite Straße/Ecke Kirchenstraße (Kleine Papagoyenstraße 1)
Leon Daniel Cohen kam 1893 als sechstes Kind von David Cohen (genannt Daniel) und seiner Frau Betty, geb. Wagner, zur Welt. Sein Vater, der Sohn des Tabakfabrikanten David Isaak Cohen und seiner Frau Sara, geb. Cohn, wirkte als Gemeindekassierer und Oberküster in der jüdischen Gemeinde, bis er 1914 nach langer Krankheit verschied; seine Mutter starb 1933. Leon Daniel Cohen trug als Soldat im Ersten Weltkrieg mehrfach Verwundungen davon. Mit seiner Frau Adele, geb. Tannenwald, und den 1935 und 1936 geborenen Kindern Daniel Leo und Betty wohnte er in der Altonaer Altstadt in der Kleinen Papagoyenstraße 1 (die Straße gibt es heute nicht mehr). In der Lerchenstraße 61 (früher Altona, heute St. Pauli) führte er eine Lederhandlung, ein Geschäft für Leder und Schuhmacherbedarfsartikel.
Die Familie Cohen war in das jüdische Gemeindeleben eingebunden. Sie war seit mehreren Generationen in Altona ansässig; schon um 1740 war der Vorfahre Elias, Sohn des Isaac Cohen, zugezogen, wahrscheinlich aus Walsrode. Die Gräber von ihm und seiner Frau Gittel Cohen sowie weiteren Familienmitgliedern befinden sich auf dem Altonaer jüdischen Friedhof in der Königstraße.
Infolge der Boykott-Aktionen gegen Geschäfte in jüdischem Besitz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten musste Leon D. Cohen seine Lederhandlung aufgeben. Er übernahm die Verwaltung eines Altersheims der Jüdischen Gemeinde in der Blücherstraße 20 (ab 1942 Graf-Blücher-Straße).
1938 planten Leon Daniel und Adele Cohen, die Heimat Altona zu verlassen. Leon Daniel Cohen schrieb am 18. September 1938 in einem Brief, wahrscheinlich adressiert an die schon nach Palästina emigrierte Familie Möller: "Für euren l[ieben] letzten Brief erwartet ihr bzw. der l[iebe] Jacob eine ausführliche Antwort. Diese hat sich durch die Verhältnisse erübrigt, die ich schon voraussah, als ich euch vor einigen Monaten schrieb, dass ich mich mit Auswanderungs-Gedanken befassen muss. Wohin! Spielt heute leider keine Rolle, ist auch keine Frage mehr für uns, nur ‚Raus‘."
Doch die Pläne für eine Emigration ließen sich nicht realisieren. Ab Kriegsbeginn im September 1939 war eine legale Ausreise aus Deutschland kaum noch möglich.
Als vorletzte Adresse wurde auf der Kultussteuerkarte von Leon D. Cohen das Haus Sedanstraße 23, ein Altenhaus des Jüdischen Religionsverbandes Hamburg, verzeichnet. Letzte Adresse war das Altersheim "Nordheim-Stift" in der Schlachterstraße 40/42 nahe beim Großneumarkt, das 1882 vom jüdischen Unternehmer und Stifter Marcus Nordheim als Wohnstift mit Freiwohnungen für 27 arme jüdische Familien errichtet worden war. Auch dort arbeitete Leon D. Cohen als Verwalter. Ab 1942 wurde das Nordheim-Stift unter Kontrolle der Gestapo als sogenanntes Judenhaus genutzt.
Am 19. Juli 1942 wurde die Familie Cohen zusammen mit anderen Bewohnern und Bewohnerinnen aus dem Heim Schlach-terstraße 40/42 nach Theresienstadt deportiert. Leon D. Cohen sandte über das Rote Kreuz eine Nachricht an seine Schwiegereltern, die inzwischen in Palästina lebten: "Wir und Heim werden heute nach Theresienstadt verlegt. Alles gesund."
Im Getto konnten die Cohens über das Rote Kreuz Korrespondenz mit Familienmitgliedern aufrechterhalten und erhielten Lebensmittelpakete von Bekannten. Im Juni 1945 bekamen die Eltern von Adele Cohen, die noch auf ein Wiedersehen hofften, Nachrichten von einer Freundin der Familie namens Cilli, die aus Theresienstadt zurückgekehrt war. Sie teilte ihnen mit, dass die Cohens sich trotz schwieriger Bedingungen im Getto einigermaßen eingerichtet und die Kinder keinen Hunger gelitten hätten. "Adele wusch und plättete für Familien, die infolge reichhaltigen Paketempfangs als ‚wohlhabend‘ galten." Leon D. Cohen habe als Hausverwalter gearbeitet und sei seiner Frau "eine gute Stütze" gewesen. Zuletzt habe die Familie in einem Zimmer für sich alleine wohnen können. Im September 1944 sei Leon Cohen und einige Wochen später auch seine Frau mit den Kindern auf einen Transport gekommen. Weitere Nachrichten habe sie nicht: "Auch ich bin banger Erwartung."
Am 28. September 1944 erfolgte Leon Daniel Cohens Deportation ins Vernichtungslager Auschwitz; einen Monat später, am 28. Oktober 1944, folgte ihm Adele Cohen mit dem neunjährigen Daniel Leo und der achtjährigen Betty. Die Familie wurde in Auschwitz ermordet.
Stand: Juli 2017
© Birgit Gewehr
Quellen: 1; 4; 5; 8; Stadtteilarchiv Ottensen, Bestand Jüdisches Leben in Altona, Sammlung Felix Kahn; AB Altona und Hamburg; Korrespondenz mit David Harel, Neffe, April/ Mai 2015.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".