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Josef Cohn
Josef Cohn
© Privatbesitz

Josef Cohn * 1870

Arnoldstraße 68 (Altona, Ottensen)


HIER WOHNTE
JOSEF COHN
JG. 1870
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
ERMORDET 18.1.1944

Josef Cohn, geb. am 27.3.1870 in Altona, deportiert am 24.3.1943 nach Theresienstadt, dort ermordet am 18.1.1944

Arnoldstraße 68 (Ottensen, Altona)

Josef Cohn kam am 27. März 1870 in Altona als Sohn von Isaac Cohn und Fanny Cohn, geb. Möller, zur Welt. Die Schreibweise seines Namens war zu diesem Zeitpunkt "Joseph". In seiner Familie wurde er "John" genannt.

Sein Vater Isaac entstammte einer Altonaer Händlerfamilie, die sich zwei Generationen zurückverfolgen lässt. Er selbst war "Productenhändler", vermutlich kaufte er landwirtschaftliche Produkte bei Bauern auf und vertrieb diese in seinem Geschäft.

Josefs Mutter Fanny hatte acht Geschwister. Ihr Sohn Josef erfreute sich dementsprechend einer großen Zahl an Tanten, Onkeln, Cousins und Cousinen. Fannys Vorfahren stammten aus Norddeutschland. Ihr Urgroßvater väterlicherseits – Jesaias Möller – kam aus der jüdischen Siedlung in Fackenbourg bei Lübeck. Im Verzeichnis der 1860 in Altona wohnenden Juden ist als sein Beruf Kammerjäger angegeben. Viele Möllers waren religiöse Führer in der jüdischen Gemeinde und wurden auf den Grabsteinen im Friedhof Ottensen entsprechend geehrt. Fannys Mutter Mariane Hirsch stammte aus Kiel. Über sie ist nicht viel bekannt.

Es sind zwei Adressen von Josefs Familie in Altona-Altstadt überliefert: Breitestraße 145 und Langestraße 84 im Jahr 1878.

Josef wurde als erstes Kind der Familie im Jahr 1870 geboren. Seine Schwester Emma Cohn, verh. Weiland (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) folgte ein Jahr später im Jahr 1871, sein Bruder Max im Jahr 1872 und sein Bruder Rudolf im Jahr 1878. Die Brüder wurden beschnitten. Es ist davon auszugehen, dass sie – wie damals üblich – religiös erzogen wurden.

Am 8. November 1906, im Alter von 36 Jahren, heiratete Josef die nichtjüdische, evangelisch getaufte Hulda Emilie Enke aus Katzendorf (Kreis Weimar). Sein Bruder Max war sein Trauzeuge. Laut Fürsorgeantrag lebte das Ehepaar zur Untermiete in einem Zimmer in der Arnoldstraße 68. Die Ehe blieb kinderlos und galt später im Nationalsozialismus als "nichtprivilegierte Mischehe".

Josefs berufliche Laufbahn war schicksalsreich. Er war ausgebildeter Berufsmusiker. Aus seinem Lebenslauf geht zudem hervor, dass er Kanonier im Landsturm Hammonia war. Zwischen 1915 und 1918 arbeitete er als "Beamtenaushelfer" bei der Post in Hamburg. Im Jahr 1931, mit 60 Jahren, wurde er jedoch wegen mangelnden Sehvermögens berufsunfähig. Zwischen 1930 und 1939 war Josef ohne Arbeit. Von 1935 bis 1939 bezogen er und seine Frau Invalidenrente.

Im August 1939 wurde sein Antrag auf Fortführung der Invalidenrente aufgrund der Mischehe durch die Nazis abgelehnt. Stattdessen wurde er ab diesem Zeitpunkt durch den Jüdischen Religionsverband unterstützt, der inzwischen für jüdische Wohlfahrtsempfänger zuständig geworden war.

Im Jahr 1943 lebte er in der Beneckestraße 2 (heute Unigelände), einem "Judenhaus", das dem Jüdischen Religionsverband Hamburg gehörte. Die "Judenhäuser" dienten den Nazis als Sammelstelle für die Deportationen im Jahre 1943. Laut Akten des Amtes für Wiedergutmachung standen die Bewohner dieses Hauses unter besonderem Druck, denn im Erdgeschoss habe sich ein Büro der Gestapo befunden.

Am 24.3.1943 wurde Josef Cohn mit dem Transport VI/5 deportiert und erreichte am 26.3. Theresienstadt. Von den 50 deportierten Menschen wurden 47 ermordet. Vornehmlich waren dies Juden, die nicht in Mischehen lebten.

Einen Tag nach seiner Deportation, am 27.3.1943, wurde die Ehe zu Hulda durch das Landesgericht Hamburg geschieden.

Josef Cohn starb am 18. Januar 1944 in Theresienstadt, vier Tage bevor seine Schwester Emma Weiland dort ankam. Max war schon im Jahr 1942 nach Theresienstadt deportiert worden und starb im Vernichtungslager Treblinka. Emma kehrte im Juni 1945 nach Hamburg zurück und starb, geschwächt von der Lagerhaft, im November 1945. Sie hinterließ viele Nachkommen. Josefs Bruder Rudolf Cohn starb im Jahr 1949.

Josef Cohns Onkel, Marcus Ruben Cohn war ebenfalls Händler. Sein Sohn Leopold (siehe Biografie desselben) – Josefs Cousin – gründete einen erfolgreichen Großhandel mit Getreide und Futtermitteln, gelangte zu beachtlichem wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Erfolg und wurde Vorstandsmitglied der Getreidebörse. Im November 1938 wurde seine Firma zwangsliquidiert. Er und seine Frau Gertrud wurden am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert, wo sie ermordet wurden. Die Hamburger Handelskammer erinnert mit einem Stolperstein am Adolphsplatz 1 an ihn (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Seine Nachkommen leben heute in New York.


Stand: August 2023
© Katrin Holtsteger

Quellen: StaH, Amt f. Wiedergutmachung, 351-14_1050; 351-11_2481; Jüdische Gemeinden, 522-1/ Hochdeutschen Israelitengemeinde in Altona:; Verzeichnis der israelitischen Einwohner in Altona mit Index (1860); https://www.ancestry.de/ div.; https://collections.arolsen-archives.org/archive/4966714/?p=1&s=cohn,%20josef&doc_id=4966714; http://www.dasjuedischehamburg.de; https://www.hk24.de/share/flipping-book/4188630/index.html#page/12; https://www.holocaust.cz/de/opferdatenbank/opfer/8217-josef-cohn/; https://www.israeliten-luebeck.de/de/juden-von-fackenburg/; https://juedische-geschichte-online.net/thema/familie-und-alltag; http://www.jüdischer-friedhof-altona.de/datenbank.html.

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