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Walter Löwenthal
© Dieter Guderian

Walter Löwenthal * 1898

Schäferkampsallee 41 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


HIER WOHNTE
WALTER LÖWENTHAL
JG. 1898
1941 KZ FUHLSBÜTTEL
DEPORTIERT
AUSCHWITZ
ERMORDET 18.2.1943

Weitere Stolpersteine in Schäferkampsallee 41:
Helene Löwenthal, Anna Zucker, Gusti Zucker

Walter Löwenthal *10.02.1898, ermordet in Auschwitz 18.02.1943

Walter Bernhard Löwenthal wurde am 10. Februar 1898 als jüngster Sohn von Eduard und Helene Löwenthal geboren. Er besuchte von 1905 bis 1913 die Talmud Tora Realschule in der Straße Kohlhöfen. Eine Kaufmannslehre absolvierte er von 1913 bis 1916 bei der Fa. Louis Fontheim Nachf., Altenwall 64. Danach war er als kaufmännischer Angestellter bei der Fa. M.J. Emden am Rödingsmarkt tätig. In den Jahren 1917 bis 1919 leistete er Militärdienst als Kanonier beim F.A.R. 45 in Bahrenfeld. Nach der Demobilmachung war er von 1919 bis 1922 wieder als kaufmännischer Angestellter in seiner Lehrfirma beschäftigt. Ab 1922 entschied er sich, als selbständiger Kaufmann tätig zu werden, zunächst als Exportvertreter, später als Schaufensterdekorateur. Er lebte in den letzten Jahren bei der Mutter.

Walter Löwenthals Lebenslauf wurde überschattet durch seine Homosexualität. Erstmalig wurde er am 15. November 1933 wegen "widernatürlicher Unzucht" zu einer sechsmonatigen Gefängnisstrafe verurteilt, erhielt aber infolge einer Amnestie Straferlass. Er wurde erneut am 19. April 1938 wegen Verstoßes gegen § 175 StGB zu einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Die Strafe hat er im Gefängnis Fuhlsbüttel und im Strafgefängnis Glasmoor abgesessen. Als er am 30. September 1939 aus dem Gefängnis entlassen wurde, war der Zweite Weltkrieg ausgebrochen. An eine Flucht war nicht mehr zu denken.

Sein Gnadengesuch an die Staatsanwaltschaft bei dem Amtsgericht in Hamburg vom 11.4.1939 wurde am 9. Mai 1939 abgelehnt. Er hatte darin angegeben, dass er bereits alle Vorbereitungen getroffen habe, um Deutschland zu verlassen. In der Stellungnahme des Vorstandes des Strafgefängnisses Glasmoor bei Glashütte vom 16.4.1939 wird Ablehnung des Gesuchs empfohlen und hinzugefügt: "Auswandern kann er immer noch." Am 26.7.1939 reichte Walters Mutter Helene Löwenthal ein weiteres Gnadengesuch ein. Darin führte sie u.a. aus: "Mein ältester Sohn [Anm.: John] ist im Kriege gefallen. Mein zweiter Sohn [Anm.: Kurt Iwan] befindet sich im Ausland und mein Sohn Walter verläßt ebenfalls sofort nach seiner Entlassung Deutschland. Da ich am 31. August meinen 75jährigen Geburtstag begehe und ich an diesem Tage meinen Sohn gern noch einmal bei mir haben möchte, bitte ich..." Das Gesuch wurde vom Oberstaatsanwalt beim Landgericht in Hamburg am 9.5.1939 abgelehnt.

Aus der Akte beim Staatsarchiv Hamburg: "Staatsanwaltschaft Landgericht - Strafsachen- 4174/38, Walter Löwenthal, Vergehen gegen § 175 StGB, 1938-1939" sind weitere biographische Daten zu entnehmen:

1905 – 1913 Besuch der Talmud Tora Realschule in der Straße Kohlhöfen,
1913 – 1916 Kaufmannslehre bei der Fa. Louis Fontheim Nachf., Altenwall 64,
1916 – 1917 kaufmännischer Angestellter bei der Fa. M.J. Emden, Rödingsmarkt,
1917 – 1919 Militärdienst (Truppenteil F.A.R. 45 in Bahrenfeld, Kanonier),
1919 – 1922 Angestellter bei der Lehrfirma,
ab 1922 selbständiger Kaufmann, zunächst als Exportvertreter, später als
Schaufensterdekorateur.

Die Personalbeschreibung des Gefängnisses Fuhlsbüttel von 1938 weist aus, dass Walter 1,63 m groß war. Sein Wuchs wird mit schlank, das Gesicht oval, die Haare dunkelblond, die Augen braun, angegeben. Den Aussagen bei den vorangegangenen polizeilichen Vernehmungen ist zu entnehmen, dass Walter seit seinem 13. Lebensjahr wusste, dass er homosexuell war und bis auf eine Freundschaft, die wegen Auswanderung seines Partners endete, immer nur noch gelegentliche und stets wechselnde Beziehungen pflegte. Dies ist vermutlich stark dadurch beeinflusst worden, dass er wegen des § 175 StGB immer mit Strafverfolgung gerechnet hat.

Was Walter nach seiner Haftentlassung am 30.9.1939 gemacht hat, ist nicht dokumentiert. In Deutschland hatten sich die Verhältnisse für die Juden seit dem Kriegsbeginn am 1. September 1939 weiter so zugespitzt, dass an eine Ausreise schwerlich zu denken war. Vermutlich dürften Walter auch die nötigen Mittel dazu gefehlt haben. Auch als Soldat kam er unter den herrschenden Verhältnissen nicht in Frage. Im Vernehmungsprotokoll vom 17.3.1938 wird er als "Wehrpflichtiger des Beurlaubtenstandes" bezeichnet. Eine normale Berufsausübung war ihm unter der nationalsozialistischen Herrschaft faktisch verwehrt. Auch seine Mutter konnte ihn nicht unterstützen. Sie war inzwischen selber auf die "Wohlfahrt", also nach heutigem Begriffe auf Sozialhilfe, angewiesen. Vielleicht war es bei Walter ebenso. So muss offen bleiben, wie er sein Leben fristete, bis 1941 wieder eine Strafverfolgung einsetzte.

Auf Anfrage hat der Internationale Suchdienst in Bad Arolsen am 6. März 2008 anhand der dort vorhandenen Dokumente mitgeteilt, dass Walter Löwenthal am 26. Juni 1941 durch die Staatliche Kriminalpolizei in das Polizeigefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel eingeliefert wurde. Am 3. Juli 1941 wurde der "Schutzhaftgefangene im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel" dem Untersuchungsgefängnis vorgeführt. Durch gerichtlichen Entscheid des Landgerichts Hamburg vom 12. Dezember 1941 ist Walter am 12. Februar 1942 in das Strafgefängnis Wolfenbüttel eingeliefert worden. Er wurde in dem dortigen Gefangenenbuch unter der Nummer 904 eingetragen. Dort ist auch festgehalten, dass als Strafverfolgungsbehörde die Staatsanwaltschaft Hamburg die Sache unter dem Aktenzeichen 2 Js 1933/41 geführt hat. Im Gefangenenbuch ist unter der Rubrik "Art und soweit möglich Dauer bzw. Höchstdauer der zu vollstreckenden Strafe" 2 Jahre 6 Monate Gefängnis vermerkt. In der Rubrik "Anzurechnende Untersuchungshaft" ist "170/18/32" vermerkt.

Zehn Monate später wurde Walter am 19. Dezember 1942 in das Konzentrationslager Auschwitz "verlegt". Dort ist er am 18. Februar 1943 um 8.00 Uhr verstorben. Der Standesbeamte in Auschwitz hat in der Sterbeurkunde als Todesursache "Rippenfelleiterung" vermerkt. Dies sei "Eingetragen auf schriftliche Anzeige des Arztes Doktor der Medizin Rohde in Auschwitz vom 18. Februar 1943".

© Dieter Guderian (†)

Walter Bernhard Löwenthal war der Onkel von Dieter Guderian

Quellen: Dieter Guderian, Die Löwenthals – Eine jüdische Familie aus Mecklenburg, Cardamina 2005.
Dieter Guderian, Die Hamburger Originale Tetje und Fietje – Lebensgeschichte der Gebrüder Wolf und ihrer Familie Isaac, Cardamina 2006.
Auskunft des IST – Internationaler Suchdienst in Bad Arolsen, Bearbeitungszeichen T/D – 225 652, vom 6. März 2008.

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