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Alfred Moser
© Jarrestadt-Archiv

Alfred Moser * 1887

Novalisweg 1 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
ALFRED MOSER
JG. 1887
VERHAFTET
1943 KZ FUHLSBÜTTEL
DEPORTIERT 1943
AUSCHWITZ
ERMORDET 23.7.1943

Alfred Moser, geb. 15.4.1887 in Aachen, deportiert am 8.5.1943 nach Auschwitz, dort ermordet am 23.7.1943

Alfred Moser wurde in Aachen geboren und erlernte dort nach dem Abitur den Beruf des Kaufmanns. Seine Eltern waren Isidor Moser und Agnes, geb. Steinfeld. Familie Moser war jüdischen Glaubens, doch Alfred Moser bezeichnete sich als nicht religiös.

Er arbeitete in Aachen als Generalvertreter der Tuchgroßhandlung Heymann & Hoffmann. Seine evangelische Ehefrau Margarethe Juliane Sandhoff wurde am 23.3.1908 in Hamburg geboren. Sie war Schneiderin von Beruf. Ihre Eltern Hedwig, geb. Grosanick, und Georg Sandhoff betrieben ein Kohlengeschäft.

Alfred und Margarethe Moser lernten sich 1928 kennen und heirateten am 7. Februar 1929. Ihre Familien hatten wegen des großen Altersunterschiedes am Anfang Vorbehalte.

Sohn Klaus wurde am 4.7.1929 in Hamburg geboren. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme wurde er zusammen mit seinem Vater in der Hamburger Jerusalem-Gemeinde evangelisch getauft.

1933 arbeitete Alfred Moser kurzzeitig für die Firma Loeffler in Prag. Ab 1934 wurde er in seiner Berufsausübung behindert. So erfolgte die Kündigung seiner Tätigkeit als Vertreter 1934 aus "rassischen" Gründen. Doch konnte er bei der Marmeladenfabrik Steinike & Weinlig in Harburg eine neue, schlechter bezahlte Stellung finden. Dies führte unter anderem dazu, dass die bisherige Wohnung am Heidberg aufgegeben werden musste. Die Familie zog zunächst in die Stammannstraße und schließlich 1935 in eine noch günstigere Wohnung im Novalisweg 1. Bereits ab 1934 war sie auf eine finanzielle Unterstützung durch Margarethe Mosers Vater angewiesen.

Alfred Moser hielt sich auch in der Öffentlichkeit nicht mit seiner Kritik an den Nationalsozialisten zurück. 1934 wurde er erstmals von der Gestapo verhaftet. Es folgten weitere kurzzeitige Festnahmen. Seine Frau konnte teilweise die beruflichen Aufgaben ihres Mannes übernehmen und seine Kunden weiterbetreuen. Auch nahm sie Vorladungen ihres Mannes zur Gestapo wahr oder sorgte für ihre Umgehung durch die Vorlage von ärztlichen Attesten. 1935 wurde Alfred Moser von Steinike & Weinlig gekündigt. Er fand eine neue Anstellung bei der Lebensmittel-Großhandlung Otto H. Meyer, Kolonialwaren.

1936 wurde Alfred Moser mit einem schweren Nervenzusammenbruch in das Krankenhaus Barmbek eingeliefert. Seine Frau übernahm für vier Monate seine Tätigkeit. Auch als es später immer mehr Probleme gab, wenn Alfred Moser als "Jude" Kunden besuchen musste, konnte seine Ehefrau ihn vertreten. Doch 1938 war dies nicht mehr möglich, und die Familie hatte kein Einkommen mehr. Also arbeitete Margarethe Moser von 1938 bis 1943 zu Hause als Schneiderin, um die Familie zu ernähren.

Alfred Moser suchte ab 1938/39 den Kontakt zur Jüdischen Gemeinde und ging wöchentlich in das Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße. Für ihn wurde es immer wichtiger, Informationen zu erhalten und bei der zunehmenden Ausgrenzung offene Gespräche führen zu können. Seine Frau begleitete ihn nicht, da es Vorbehalte wegen ihrer "privilegierten Mischehe" gab. Doch erzählte er ihr jede Neuigkeit. Auf seiner Kultussteuerkartei ist vermerkt, dass Alfred Moser am 25. Juni 1940 aus der Jüdischen Gemeinde ausgeschieden ist, Grund: "Glaubenslos, evangelische Ehefrau und Kind".

Die Verwandten von Alfred Moser waren bald emigriert, und Margarethe Mosers Vater war zum Nationalsozialisten geworden. Doch dies hinderte seine Tochter nicht, heimlich in seiner Wohnung Gepäck von jüdischen Emigranten zur Umgehung der Zollkontrolle zu verstecken. Dabei erhielt sie Unterstützung von ihrer Schwester. Ihre Mutter Hedwig Sandhoff starb 1936. In der Zeit des Novemberpogromes 1938 versteckte Familie Moser über Nacht einige Juden in ihrer Wohnung, die Angst hatten verhaftet zu werden.

Ab Ostern 1940 besuchte Sohn Klaus das Johanneum.

Familie Moser erlebte Denunziationen und Schikanen durch mehrere Nachbarn und den Ortsgruppenleiter.

Am 27. Februar 1943 wurde Alfred Moser zusammen mit 16 anderen Juden vom Leiter des jüdischen Arbeitseinsatzes (= Zwangsarbeit), Willibald Schallert, auf eine Liste zu deportierender "Arbeitsverweigerer" gesetzt. Die angeblichen Vergehen der einzelnen denunzierten Juden lassen sich nicht mehr rekonstruieren, doch die Verhaftungsaktion insgesamt hing mit der Berliner "Fabrik-Aktion" zusammen, in der die jüdischen Zwangsarbeiter festgesetzt und deportiert, die in "privilegierten" Mischehen hingegen registriert und wieder freigelassen werden sollten. Außerhalb Berlins konstruierten die Verantwortlichen Vorwürfe gegen solche eigentlich geschützten Juden und transportierten sie als "Schutzhäftlinge" nach Auschwitz, wie Alfred Moser. Er blieb vom 2. März 1943 an erst einmal im Gestapogefängnis Hamburg-Fuhlsbüttel in Haft. In dieser Zeit konnte ihn seine Frau zwei Mal besuchen. Bei einem dieser Besuche erfuhr Margarethe Moser, dass ein Mithäftling ihres Mannes einen Fluchtversuch unternehmen und sie eventuell aufsuchen würde. Es handelte sich um Rudolf Hamburger, der zusammen mit Alfred Moser verhaftet und in einem Außenarbeitskommando eingesetzt worden war. Ihm gelang die Flucht, doch musste er erfahren, dass ihn alle Verwandten abwiesen. Eine Bekannte gab ihm Zivilkleidung, und so war er in der Lage, Margarethe Moser aufzusuchen. Diese versteckte ihn eine Woche lang. Ihr Sohn Klaus verständigte die Ehefrau von Rudolf Hamburger, die ein anderes Versteck organisierte.

Am 8. Mai 1943 wurde Alfred Moser in das Vernichtungslager Auschwitz deportiert. Seine Frau erhielt im Dezember 1943 die Nachricht vom Tod ihres Mannes.

Ihr Sohn Klaus musste aus "rassischen Gründen" 1944/45 die höhere Schule verlassen, konnte aber nach Kriegsende an das Johanneum zurückkehren und 1950 die Schule mit dem Abitur abschließen.

Die Wohnung von Familie Moser wurde im Juli 1943 ausgebombt. Rudolf Hamburger, der nochmals Unterschlupf bei den Mosers erhalten hatte, konnte sich in dem Chaos nach den Bombenangriffen falsche Papiere besorgen, dadurch Hamburg verlassen und überlebte die Verfolgung.

© Maike Bruchmann

Quellen: 1; 8; AfW 150487; Forschungsstelle für Zeitgeschichte, 35363, KL Fuhlsbüttel, Zu- und Abgangslisten; Beate Meyer, "Jüdische Mischlinge" Rassenpolitik und Verfolgungserfahrung 1933–1945, Hamburg 2000, S. 33–36, 50, 58, 62.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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