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Bereits verlegte Stolpersteine



Karl Peters * 1919

Geibelstraße 61 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
KARL PETERS
JG. 1919
VERHAFTET 1939
STRAF- UND JUGENDGEFÄNGNIS
NEUMÜNSTER
FLUCHT IN DEN TOD
6.6.1940

Karl Peters, geb. 15.9.1919 in Hamburg, inhaftiert 1939, Suizid am 6.6.1940 im Straf- und Jugendgefängnis Neumünster

"... habe ich heute morgen, als ich das Fenster reinigte, auf dem Gefängnishof einen Partner wiedererkannt. Wenn ich recht erinnere, habe ich zweimal mit ihm zusammen geschlafen ... Kennengelernt habe ich ihn in ‚Monte Carlo’, mitgenommen habe ich ihn von Nordmann. Ob ich ihn nun aufgefordert habe oder er mich um Unterkunft gebeten hat, weiß ich nach so langer Zeit nicht mehr ..." Mit diesen Worten verriet der Mithäftling Alfred Zander am 30. Januar 1939 seinen ehemaligen Sexualpartner Karl Peters. Er setzte damit einen Prozess in Gang, an dessen Ende der Beschuldigte keinen Ausweg als die Flucht in den Tod mehr wusste.

Karl Peters wurde als Sohn des gleichnamigen Schuhmachers und seiner Frau Anni, geb. Keltig, geboren. Er verlor seinen Vater kurz nach seiner Geburt. Die Volksschule musste er krankheitsbedingt in der vorletzten Klasse abbrechen. Zunächst fand er Arbeit als Bursche bei seinem Stiefvater, anschließend schlug er sich als Fabrikarbeiter und Bote durch. Von Mai 1936 bis Juni 1937 lebte er auf Veranlassung des Jugendamtes als Fürsorgezögling im Erziehungsheim Wulfsdorf (bei Ahrensburg). Anschließend fuhr er bis 1938 als Kochsmaat bei der Hamburger Slomanlinie zur See. Als Arbeitsloser stahl er ein Fahrrad und wurde deshalb mit sechs Monaten Gefängnis bestraft. Anschließend folgte eine Verurteilung zu einer achtmonatigen Haftstrafe wegen Taschendiebstahls. In der Untersuchungshaftanstalt wurde er dann von seinem Mithäftling Alfred Zander als Homosexueller denunziert. Karl Peters im Polizeiverhör am 8. Februar 1939: "Einmal auf der schiefen Bahn, sackte ich immer tiefer ab und landete schließlich als Strichjunge. Ich hab allerdings keine sehr rege Tätigkeit entfaltet, sondern nur 4 unbekannte Partner gehabt, an denen ich ca. 20 bis 25,– RM verdient habe."

Am 26. September 1939 verurteilte die Jugendschutzkammer des Landgerichts Hamburg Karl Peters wegen Vergehens in zwei Fällen nach § 175 RStGB und Verbrechens nach § 175 a, Ziffer 4 RStGB ("gewerbsmäßige Unzucht") zu zwei Jahren Gefängnis. Aus dem Urteil: "Von April bis Juni 1939 hat der Angeklagte ... als gewerbsmäßiger Strichjunge gehandelt. Er hat die Straftaten begangen, um Essen und Unterkunft zu erhalten. In fast allen Fällen hat er Geld und auch Bekleidungsstücke bekommen. Er hat also gehandelt, um sich aus seiner homosexuellen Betätigung eine Einnahmequelle zu verschaffen. Hinsichtlich der Strafzumessung konnte kein Zweifel bestehen, daß den Angeklagten eine längere Freiheitsstrafe treffen musste. ..."

Karl Peters wurde noch am Tag der Urteilsverkündung zur Strafverbüßung in das Straf- und Jugendgefängnis Neumünster eingeliefert. Am 6. Juni 1940 erhängte er sich in seiner Zelle. Da der letzte Wohnsitz von Karl Peters in der Geibelstraße 61 war, soll dort ein Stolperstein an sein Schicksal erinnern.

Alfred Zander, der Karl Peters belastet hatte, war wegen Vergehens nach § 175 und Verbrechen nach § 175a ca. ein halbes Jahr im Untersuchungsgefängnis Holstenglacis inhaftiert. Während der NS-Zeit verbüßte er eine 18-monatige Haftstrafe und war zeitweise im Emslandlager Papenburg interniert. In der Bundesrepublik wurde er wegen homosexueller Handlungen zweimal verurteilt.

© Bernhard Rosenkranz

Quellen: StaH, 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafakten, 10161/39; StaHH, 242-1II Gefängnisverwaltung, II Ablieferungen13, 16 und 1998/1.

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