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Bereits verlegte Stolpersteine



Gidel Julie Josephs (geborene Goldberg) * 1894

Hudtwalckerstraße 28 (Hudtwalkertwiete 4) (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
GIDEL JULIE JOSEPHS
GEB. GOLDBERG
JG. 1894
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Hudtwalckerstraße 28 (Hudtwalkertwiete 4):
Benjamin Martin Josephs, Hannah Josephs

Julie Josephs, geb. Goldberg, geb. 19.11.1894 in Melsungen, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Hudtwalckerstraße 28 (Hudtwalckertwiete 4) (Winterhude)

Gidel, genannt Julie Goldberg wurde 1894 im nordhessischen Melsungen geboren; schon auf ihrer Geburtsurkunde stand "Gidel gen. Julie". Ihr folgten die Geschwister Paula, später verheiratete Cohn (geb. 20.2.1896 in Melsungen), Frieda, später verheiratete Oppenheimer (geb. 23.11.1897 in Melsungen), Gole, genannt Clara (1899-1900), Albert Abraham (geb. 19.6.1901 in Melsungen), Minna, später verheiratete Friedheim (geb. 5.12.1902 in Melsungen) und Ernst (geb. 26.5.1904 in Melsungen).

Die Eltern, Kaufmann Salomon Jakob Goldberg (geb. 25.7.1856 in Mansbach) und Malchen Goldberg, geb. Stern (geb. 8.2.1867 in Langenschwarz), hatten 1893 in osthessischen Langenschwarz geheiratet, für den Bräutigam war es die zweite Ehe. Salomon Goldberg war als Holz- und Kohlenhändler in Melsungen tätig, das Wohnhaus der Familie lag zuletzt in der Lindenbergstraße 9. 1917 starb der Vater und Ernährer der Familie mit 61 Jahren. Dessen 16 und 13 Jahre alten Söhne waren noch nicht alt genug, um das väterliche Geschäft übernehmen und den Hausstand an seiner Stelle fortführen zu können.

Im Dezember 1920 zog Julie Goldberg von Melsungen nach Hamburg. Auf ihrer Hamburger Meldekartei wurde als Beruf Verkäuferin und als Wohnadresse Feßlerstraße 2 I. Stock bei Franck (Barmbek-Süd) angegeben. Hierhin zog Anfang April 1922 auch ihre Schwester Frieda aus Uslar kommend (rund 90 km nördlich von Melsungen gelegen), die ebenfalls als Verkäuferin arbeitete.

Am 21. April 1922 heiratete Julie Goldberg den Hamburger Kaufmann "Benjamin Meyer genannt Martin Josephs" (geb. 18.1.1886 in Jever) und zog zu ihm in den Hamburger Stadtteil Winterhude in die Alsterdorfer Straße 18. Trauzeugen waren der Kaufmann Julius van Cleef (1877-1941/42) aus der Isestraße 49 und Kaufmann Hermann Franck (1875-1943) aus der Feßlerstraße 2.

In der Alsterdorfer Straße 18 kam am 21. März 1923 auch die gemeinsame Tochter Hannah zur Welt. Julies Schwester Frieda war im November 1922 zu ihnen gezogen und wohnte dort bis zu ihrer Heirat im Juni 1924. Trauzeugen waren bei dieser Heirat Kaufmann Hermann Oppenheimer (60 Jahre, wohnhaft Lappenbergsallee 24) und der 38 Jahre alte Martin Josephs. Mit ihrem Ehemann, dem Bankbeamten Max Siegfried Oppenheimer (geb. 11.4.1892 in Hamburg), und den beiden Kindern Alfred (geb. 1926 in Hamburg) und Eva (geb. 1929 in Hamburg) wohnte Frieda Oppenheimer, geb. Goldberg ganz in der Nähe in der Hudtwalckerstraße 37 I. Stock (u.a. 1930-1941).

Martin Josephs erweiterte um 1931 die Produktpalette seines Geschäfts um Gardinen und Betten und mietete hierfür einen weiteren Laden in der Alsterdorfer Straße 4 in der Nähe des Winterhuder Marktplatzes an. Es ist anzunehmen, dass Julie Josephs im Geschäft mitarbeitete. Möglicherweise hatte sie ja hier 1920 ihre Tätigkeit als Verkäuferin in Hamburg begonnen. Ob sie mit der dort vorhandenen Nähmaschine Änderungswünsche der Kundschaft übernahm, ist uns nicht bekannt.

Die jährlichen Einnahmen der beiden Geschäfte beliefen sich zeitweilig auf 6.000 bis 8.000 Reichsmark, wie das Amt für Wiedergutmachung 1959 errechnete. Entsprechend waren auch die Wohnungen von Familie Josephs in der Alsterdorfer Straße 18/20 II. Stock (u.a. 1922-1924), Alsterdorfer Straße 20 IV. Stock (1927-1929), Hudtwalckerstraße 35 II. Stock (1930-1936) und Hudtwalckertwiete 4 II. Stock (1936-1940) mit soliden Holzmöbeln eingerichtet: das Herrenzimmer mit Bücherschrank, Schreibtisch, Sessel und Rauchtisch mit Marmorplatte, das Wohn- und Speisezimmer mit Buffet-Schrank, Ausziehtisch und 6 Stühlen.

Die Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte 1933 führten auch bei Josephs zu massiven Umsatz- und Gewinnrückgängen. Dennoch unterstützten sie mit monatlichen Zahlungen Margarethe Kaiser, geb. Josephs aus Frankenberg.

Die Diktatur der Nationalsozialisten erließ immer neue Vorschriften, die Jüdinnen und Juden aus der Gesellschaft NS-Deutschlands ausschlossen. So durften sie ab dem 12. November 1938 keine Theater, Konzerte und Ausstellungen mehr besuchen. Und ab September 1939 durften sie nur noch in gesonderten Geschäften einkaufen.

Die Schließungsanordnung für jüdische Geschäfte zu Ende Dezember 1938 hatte auch bei Josephs zu einem Notverkauf deutlich unter Wert geführt. Der Verkaufserlös musste – so ordnete die Devisenstelle an – auf ein Konto eingezahlt werden, von dem die Jospehs nur über einen genehmigten monatlichen Betrag verfügen durften.

Zudem mussten sie im Juni 1940 in ein als "Judenhaus" deklariertes Gebäude in der Haynstraße 5 (Eppendorf) umziehen. Dort bewohnten sie ein Zimmer zur Untermiete. Die Tochter erhielt eine Unterkunft in der Beneckestraße 6 (Rotherbaum).

Julie Josephs wurde mit ihrem Ehemann und ihrer nun 18jährigen Tochter am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. In dem Deportationszug befanden sich auch die Schwester Paula Cohn, geb. Goldberg (siehe www.stolpersteine-hamburg.de) mit ihrem Ehemann Julius Cohn (geb. 16.1.1886 in Hamburg); für beide wurden Stolpersteine in der Dillstraße 16 (Rotherbaum) verlegt.

Auch Julies Bruder Albert Abraham Goldberg (deportiert 1.6.1942 von Kassel nach Sobibor und am 23.9.1942 weiter nach Majdanek) und ihre Halbschwester Betty Goldberg (deportiert 12.11.1941 von Frankfurt/Main nach Minsk) wurden ermordet.

Ihre Schwester Frieda Oppenheimer, geb. Goldberg, emigrierte im Juni 1941 mit ihrem Ehemann und den beiden Kindern in die USA nach New York.

Stand: März 2022
© Björn Eggert

Quellen: Staatsarchiv Hamburg (StaH) 213-13 (Landgericht Hamburg, Wiedergutmachung), 25134 (Martin Josephs, darin Auflistung der versteigerten Möbel 1941/42); StaH 314-15 (Oberfinanzpräsident), R 1939/2487 (Sicherungsanordnung gegen Martin Josephs); StaH 332-5 (Standesämter), 9591 u. 263/1922 (Heiratsregister 1922, Martin Josephs u. Gidel/Julie Goldberg); StaH 332-5 (Standesämter), 9600 u. 333/1924 (Heiratsregister 1924, Max Siegfried Oppenheimer u. Frieda Goldberg); StaH 332-5 (Standesämter), 13291 u. 375/1930 (Heiratsregister 1930, Julius Cohn u. Paula Goldberg); StaH 332-8 (Meldewesen), K 6139 (Alte Einwohnermeldekartei 1892-1925), Frieda Goldberg, Julie Goldberg, Paula Goldberg; StaH 351-11 (Amt für Wiedergutmachung), 8676 (Benjamin Meyer genannt Martin Josephs); StaH 522-1 (Jüdische Gemeinden), 992b (Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg), Martin Benjamin Josephs, Hannah Josephs, Paula Cohn geb. Goldberg, Julius Cohn, Max Siegfried Oppenheimer; Standesamt Langenschwarz-Grosenmoor Nr. 7/1893 (Heiratsregister 1893, Salomon Goldberg u. Malchen Stern); Standesamt Melsungen 4582 u. 131/1894 (Geburtsregister 1894, Gidel genannt Julie Goldberg); Standesamt Melsungen 4584 u. 27/1896 (Geburtsregister 1896, Paula Goldberg); Standesamt Melsungen 4585 u. 169/1897 (Geburtsregister 1897, Frieda Goldberg); Standesamt Melsungen 4587 u. 16/1899 (Geburtsregister 1899, Gole genannt Clara Goldberg); Standesamt Melsungen 4665 u. 35/1900 (Sterberegister 1900, Gole genannt Clara Goldberg); Standesamt Melsungen 4682 u. 80/1917 (Sterberegister 1917, Jakob Salomon Goldberg); Hessisches Hauptstaatsarchiv (HHStAW), Bestand 365 (Judenregister aus hessischen Gemeinden), 596 (Melsungen, Verzeichnis der Grabsteine auf dem Jüdischen Friedhof, Nr.1-147), Nr. 45 Jacob Goldberg (19.4.1880), Nr. 66 Jacob Salomon Goldberg, Nr. 67 Amalie Goldberg geb. Stern, Nr. 87 Röschen Goldberg geb. Reinhardt (17.3.1843-20.5.1931), Nr. 101 Minna Goldberg; Bundesarchiv Koblenz, Gedenkbuch, Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945 (Paula Cohn geb. Goldberg, Albert Abraham Goldberg, Betty Goldberg); Adressbuch Hamburg (Hudtwalckerstraße 35) 1930, 1932, 1936; www.stolpersteine-hamburg.de (Martin Josephs, Hannah Josephs, Paula Cohn geb. Goldberg, Hermann Franck).

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