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Andrzej Szablewski * 1913

Poppenbüttler Hauptstraße 44 (Wandsbek, Poppenbüttel)


HIER ARBEITETE
ANDRZEJ SZABLEWSKI
JG. 1913
POLEN
ZWANGSARBEIT
1940 GUT HOHENBUCHEN
VERHAFTET 1941
HINGERICHTET 13.3.1942

Andrzej Szablewski, geb. 3.1.1913 Stary-Radziejow (Polen), hingerichtet am 13.3.1942 in Hamburg

Am 13. März 1942 ließ die Hamburger Gestapo Andrzej Szablewski wegen der unterstellten Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau auf dem Gelände des Gutes Hohenbuchen in Poppenbüttel im Beisein von 200 polnischen Zwangsarbeitern hinrichten. Die Frau wurde drei Jahre in das Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück geschickt. Die vom Reichsführer-SS Heinrich Himmler angeordnete "Sonderbehandlung" war die erste gegen einen Zwangsarbeiter in Hamburg.

Andrzej Szablewski wuchs in einer Großfamilie mit vier Schwestern und vier Brüdern auf.
Er war 27 Jahre alt, als er gewaltsam mit seinem Bruder und seinem Bekannten Jan Kardasz nach Hamburg zur Zwangsarbeit verschleppt wurde. Seit dem 17. April 1940 teilte er sich eine Unterkunft mit seinem Bruder und dem Polen Boleslaw Zawidzki auf dem Gut Hohenbuchen. Anfang 1940 hatte er die erst 16 Jahre alte Irena Malicka geheiratet, die er gerne nach Hamburg geholt hätte. Sein Bruder Kasimierz schrieb häufig Briefe an sie; Andrzej selbst war Analphabet.

Der Gutverwalter Walter Grimm trug den polnischen Zwangsarbeitern meistens schwere und schmutzige Tätigkeiten auf. Boleslaw Zawidzki gab nach dem Krieg in einem Prozess der britischen Besatzungsmacht gegen die Verantwortlichen der Hinrichtung Szablewskis an, dass Walter Grimm in seiner Funktion als NSDAP-Ortsbauernführer sehr gute Beziehungen zur Gestapo unterhielt. Er habe ihnen verboten, Kleidungsstücke zu waschen und ihnen häufig mit der Gestapo gedroht.

Andrzej Szablewski war einer von 39.000 ausländischen Arbeitern, die im Frühjahr 1942 in Hamburg Zwangsarbeit leisten mussten. Anders als bei vielen Leidensgenossen war die Versorgung mit Lebensmitteln für diese Zwangsarbeiter auf dem Lande ausreichend, zumal Andrzej Szablewski von seinen Eltern mehrmals Lebensmittelpakete erhielt.

Auf dem Gut arbeitete die zwanzigjährige Hildegard Lütten als Erntehelferin. Sie war verheiratet und hatte einen kleinen Sohn. Als sie Grimm zurückwies, der ein Verhältnis mit ihr anfangen wollte, rächte er sich. Es gelang ihm, Szablewski und der jungen Frau eine Liebesbeziehung anzudichten, und beide wurden verhaftet. Im Verhör ließ sich Frau Lütten verleiten, dieses erfundene Verhältnis zuzugeben, weil man ihr in Aussicht stellte, dann zu ihrem Kind zurückkehren zu dürfen. Stattdessen blieb sie zunächst im Gefängnis Fuhlsbüttel und später in KZ Ravensbrück in "Schutzhaft".

Andrzej Szablewski wurde in Fuhlsbüttel inhaftiert und ohne Urteil am 13. März 1942 an seiner ehemaligen Arbeitsstätte an einem Baum erhängt.

1942 erhielt seine Mutter ein Schreiben aus Hamburg, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass ihr Sohn wegen einer Liebesbeziehung zu einer deutschen Frau erhängt worden sei. Das Standesamt in Wellingsbüttel bescheinigte den Tod auf schriftliche Anzeige der Geheimen Staatspolizei erst am 22. April 1942. Er sei, so das Dokument, am 13. März 1942 um 13.15 Uhr in Polizeihaft verstorben.

Nach Kriegsende erreichte der Bruder Kasinin Szablewski, dass der Fall untersucht wurde. Die Briten verurteilten drei an der Hinrichtung Beteiligte zum Tode. Walter Grimm und der Gestapomitarbeiter Karl Mumm wurden am 8. Oktober 1946 in Hameln hingerichtet.

An Andrzej Szablewski erinnern heute eine Gedenktafel am Alsterwanderweg auf Höhe der Gutes Hohenbuchen und ein Stolperstein vor dem Kindertagesheim Hohenbuchen.

Andrzej Szablewskis Witwe erfuhr ebenso wie die übrigen Angehörigen erst im März 2003, dass ihr damaliger Mann kein Liebesverhältnis zu einer deutschen Frau hatte und dass ein Grabstein auf dem Ohlsdorfer Friedhof an ihren früheren Mann erinnert.

Hildegard Lütten überlebte die mehrjährige Haft in Ravensbrück.


Stand: Mai 2019
© Andreas Seeger

Quelle: Andreas Seeger, Der Tod eines Zwangsarbeiters. Mit einem Nachwort von Gerhard Fuchs, Bremen 2003, 2. Auflage 2017.

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