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Bereits verlegte Stolpersteine


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Louis Frensdorff * 1894

Haynstraße 11 (Hamburg-Nord, Eppendorf)


HIER WOHNTE
LOUIS FRENSDORFF
JG. 1894
DEPORTIERT 1941
LODZ
ERMORDET 5.4.1942

Weitere Stolpersteine in Haynstraße 11:
Lilly Frensdorff, Erich Siegfried Frensdorff, Alfred Leven, Inge Leven, Tana Leven

Alfred Leven, geb. 18.9.1902 in Düren, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 3.5.1942 nach Chelmno weiterdeportiert
Inge Leven, geb. Frensdorff, geb. 15.2.1921 in Hamburg, am 25.10.1941 nach Lodz deportiert, am 3.5.1942 nach Chelmno weiterdeportiert

Haynstraße 11

Nachdem der Dürener Kinderarzt Dr. Lorenz Peter Johannsen in den Ruhestand gegangen war, begann er, sich intensiv mit dem Leben eines Berufskollegen zu befassen. In seinem Buch "Kinderarzt Karl Leven, Lebensspuren – Todesspur" erzählte er die Geschichte der Familie Leven aus seinem Heimatort.
Alfred Leven war der Bruder von Karl, so dass dank des Buches und der Unterlagen der Geschichtswerkstatt Düren etwas über Alfreds Leben in Erfahrung zu bringen war.

Alfreds Vater Hermann Leven war 1852 in Düren geboren worden. Er lernte zunächst den Beruf des Metzgers, arbeitete später aber als Gütermakler. 1908 war er als Mitglied im Vor­stand der Kreissynagogengemeinde Düren verzeichnet. Er verstarb 1929 in Düren und wurde auf dem dortigen Jüdischen Friedhof beigesetzt. Seine Frau Sara Auguste, geb. Heymann aus Gürzenich, war 17 Jahre jünger und von Beruf Immobilienmaklerin. Die beiden hatten 1894 in Gürzenich geheiratet. Der oben erwähnte Karl (Jahrgang 1895) war das älteste ihrer Kinder.

Die Töchter Johanna und Bertha folgten 1896 und 1899, drei Jahre später Alfred. Bis auf Alfreds Schwester Johanna fielen alle dem Holocaust zum Opfer: Die Mutter, Sara Auguste Leven, wurde im Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert und drei Monate später in Treblinka ermordet. Der Kinderarzt Dr. Karl Leven wurde im Juni 1942 mit seiner Frau Else und den vier Kindern aus dem Getto Aachen nach Sobibor deportiert. Für seine Familie sowie die Mutter liegen Stolpersteine in Düren vor dem Haus Hohenzollernstraße 13, das Sara Auguste, Karl und Alfred gemeinsam gehört hatte.

Johanna und ihrem Ehemann Richard Lachs gelang mit den Kindern Ruth und Werner im Juni 1939 die Flucht nach England, wo sie 1944 im Alter von 48 Jahren starb. Die andere Schwester, Bertha, war mit dem Kaufmann Max Moses verheiratet. Die beiden hatten eine Tochter Johanna, Jahrgang 1935, mit der sie in den Niederlanden Schutz gesucht hatten – vergeblich. Von Venlo aus wurden sie 1942 nach Auschwitz deportiert, wo Bertha und Johanna am 17. September 1942 umkamen. Max Moses starb am 31. Dezember 1942 im Außenlager Blech­ham­mer, Kreis Cosel/Oberschlesien.

Alfred besuchte bis zum Abschluss 1918/19 die Realschule des Realgymnasiums Düren. Bald darauf begann er, als Handelsvertreter "in Herrenkonfektion” zu arbeiten. Sein Neffe Werner erinnerte sich voller Zuneigung an ihn: "Ich habe wenige, aber angenehme Erinnerungen an ihn. Onkel Alfred war der Junggesellenonkel, und wir liebten ihn sehr. Als Handelsvertreter hatte er ein Auto, das einzige in der Familie. Was für eine Attraktion für uns Kinder, wenn er uns damit bei seinen Besuchen in Köln von der Schule abholte! Während der Ferien durfte ich ihn oft auf seinen Fahrten begleiten und bekam so Orte zu sehen, in die ich sonst nie gekommen wäre.” Der Familienzusammenhalt war eng und liebevoll.
"Außer uns, die wir das Glück hatten, Deutschland vor dem Krieg zu verlassen, überlebte niemand von der Familie – eine Tragödie, die wir immer noch fühlen", so Werner Lachs heute.

Alfred soll auch als Immobilienmakler tätig gewesen sein, vielleicht in Zusammenarbeit mit seiner Mutter. Wann und wo er die 18 Jahre jüngere Inge Frensdorff aus Hamburg kennenlernte, ist nicht bekannt. Die beiden heirateten am 19. September 1939. Ein Jahr später, am 25. September 1940, kam in Düren-Birkendorf ihre Tochter Tana zur Welt. Wahrscheinlich ungefähr zu dieser Zeit wurde Alfred wie alle arbeitsfähigen jüdischen Männer und Frauen zur Zwangsarbeit verpflichtet. Er musste im Straßenbau arbeiten und schwere Erdarbeiten verrichten. Ein ehemaliger Nachbar erinnerte sich, dass Alfred ihm "seine von der ungewohnten Arbeit gezeichneten, schwieligen Hände [zeigte]. Die Finger schmerzten und waren so verkrümmt, dass er sie nicht mehr strecken konnte." Vielleicht dachten Alfred und Inge, dass es ihnen in der Großstadt Hamburg besser gehen würde. Jedenfalls zogen sie um und wohnten seit dem 12. April 1941 bei Inges Eltern Lilly und Louis Frensdorff in der Haynstraße 11 im 3. Stock.

Inge Leven war also nach mehreren Jahren in ihr Elternhaus zurückgekehrt. Seit 1936 war sie als "Hausangestellte" bei verschiedenen Familien tätig gewesen, wie ihrer Kultussteuerkartei zu entnehmen ist. Bei den verschiedenen Wohnadressen, die angegeben sind, steht immer der Zusatz "bei …". In der Dorotheenstraße "bei Rosenfeld", in der Ackermannstraße "bei Heinemann" usw. Sie hat also offenbar bei ihren Arbeitgebern gewohnt. Da sie 1936 erst 15 Jahre alt war, ist anzunehmen, dass sie keine höhere Schulbildung genossen hatte. Anscheinend hatte Inge versucht, Deutschland zu verlassen, denn im Juli 1939 wurde ihr eine für die Auswanderung benötigte "Unbedenklichkeitsbescheinigung” erteilt. In der Rubrik "ausgeschieden" auf der Kultussteuerkartei steht als Grund für den Austritt "Australien". Später wurde dieser Eintrag durchgestrichen. Wann Inge nach Düren zog und wie lange sie dort gelebt hat, wissen wir nicht.

Inges Mutter Lilly, geb. 29. Mai 1894 in Hamburg, war eine geborene Ballin. Für ihren Vater Louis, geb. 8. September 1894 in Jesberg, wurden als Berufsbezeichnungen Geschäftsführer, Kaufmann und Händler angegeben. Im Jahr 1936 hieß es: "Kein steuerpflichtiges Einkommen – Wandergewerbe!" Auf der Deportationsliste firmierte er als "Reisender". Inge musste also wohl auch "in Stellung" gehen, um die Haushaltskasse zu entlasten. Ihr Bruder Erich Siegfried war 1924 geboren worden. Er war wahrscheinlich Schüler der Volksschule am Voss­berg und besuchte später die Talmud Tora Schule.

Am 25. Oktober 1941 wurden alle Mitglieder der Familie mit dem ersten Hamburger Trans­port ins Getto "Litzmannstadt" deportiert, laut Deportationsliste sollen sich Inge und Alfred "freiwillig" gemeldet haben. Bis zum 5. April 1942 lebte die Familie dort zusammen unter der Adresse Neustadt 31, Wohnung 5. Erich arbeitete als Hilfstischler bzw. Tischler in Aus­bildung. Für seinen Vater ist als "Beschäftigung im Getto – Geschäftsmann" angegeben, für seine Mutter "Hausfrau". Alfred Leven arbeitete in einer Fabrik, Inge als Säuglingspflegerin. Vielleicht konnte sie Tana so bei sich haben.

Louis Frensdorff verstarb am 5. April 1942. Alfred und Inge Leven mit Tana, Lilly und Erich Frensdorff mussten sich am Abend des 3. Mai 1942 für den ersten Transport von "Litzmannstadt" ins Vernichtungslager Kulmhof/Chelmno einfinden. Keiner von ihnen hat überlebt.

Die Stolpersteine von Inge und Alfred Leven machen auf erschreckende Weise deutlich, wieviele weitere Morde sich hinter diesen beiden Namen verbergen. Erst während der Recherche zu dem Ehepaar fand ich heraus, dass sie eine kleine Tochter namens Tana gehabt hatten, und dass auch Inges Herkunftsfamilie nach "Litzmannstadt"/Lodz deportiert worden war. Daraufhin sind im Mai 2010 auch für Tana Leven, für Inges Eltern Lilly und Louis Frensdorff sowie für ihren Bruder Erich Siegfried Stolpersteine verlegt worden. Zu erforschen bleiben noch die Schicksale von Inges Großeltern mütterlicherseits, ihrer Tanten und Onkel sowie deren Kinder. Ihre Großeltern väterlicherseits, Julius und Rebecca Frensdorff, geb. Katz, sind nach Theresienstadt deportiert und dann in Treblinka umgebracht worden.

© Sabine Brunotte

Quellen: 1; 4; 8; StaH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e2 Band 3; StaH 332 – 8 Meldewesen A 51 (Alfred Leven, Inge Leven); Spuren jüdischen Lebens in Düren, www.geschichtswerkstatt-dueren.de, Zugriff 23.10.2007; Lorenz Peter Johannsen, Kinderarzt Karl Leven, Lebensspuren – Todesspur, Teetz 2005; E-Mail Werner Lachs vom 22.5.2009; wikipedia.org /wiki /KZ_ Blechhammer, Zu­griff 28.5.2010; www.joodsmonument.nl, Zugriff 28.5.2010; Dokumentation zur Gedenkstunde anläßlich der Enthüllung einer Gedenktafel am 25. April 1994 in der Heinrich-Hertz-Schule, Broschüre Heinrich-Hertz-Schule 1996; Randt, Die Talmud Tora Schule, 2005; Auskunft Fritz Neubauer, Universität Bielefeld, E-Mail vom 21.6.2010.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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