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Auguste Peine (geborene Kahn) * 1872
Brandstwiete 4 (früher Brandstwiete 12) (Hamburg-Mitte, Hamburg-Altstadt)
HIER WOHNTE
AUGUSTE PEINE
GEB. KAHN
JG. 1872
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
TOT 14.11.1942
Weitere Stolpersteine in Brandstwiete 4 (früher Brandstwiete 12):
Lilly Levy, Bela Levy, Leopold Peine, Erna Peine
Auguste Peine, geb. Kahn, geb. am 12.6.1872 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 14.11.1942
Erna Peine, geb. am 15.9.1902 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga-Jungfernhof
Leopold Peine, geb. am 23.4.1873 in Hamburg, deportiert am 15.7.1942 nach Theresienstadt, dort gestorben am 17.6.1943
Bela Levy, geb. am 23.9.1939 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Lilly Levy, geb. Peine, geb. am 27.7.1901 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Brandstwiete/Ecke Willy-Brandt-Straße (Brandstwiete 12)
Der Monteur Leopold Peine und die Stickerin Auguste Kahn hatten am 18. Mai 1899 geheiratet. Beide stammten aus jüdischen Hamburger Familien. Leopolds Vater Marcus Peine (geb. 5.4.1840, gest. 26.12.1900) besaß eine "Manufaktur- und Wollgarn"-Handlung in der 2. Elbstraße 19 (heute Neanderstraße), wo die Familie auch wohnte. Seine Mutter Adelheid kam aus der Familie Kleve (geb. 25.8.1843, gest.18.1.1908).
Auguste war die Tochter des Kaufmannes Levy/Louis Kahn (geb. 30.3.1835, gest.10.12.1896) und Eva, geb. Landmann (geb.15.4.1845, gest. 8.8.1913).
Als ihr erstes Kind, Tochter Käthe, am 8. Mai 1900 geboren wurde, wohnte das Ehepaar Peine im Durchschnitt 12. Lilly folgte am 27. Juli 1901, Erna kam am 15. September 1902 zur Welt und Manfred am 8. November 1905. 1913 war die Familie in der Bogenallee 3 gemeldet. Von dort zog sie in den Grindelweg 1a. Ende 1936 wohnte sie in der Hamburger Altstadt in der ersten Etage der Brandstwiete 12. Leopold Peine war Elektriker von Beruf und einige Zeit selbstständig tätig. Er arbeitete dann in seiner Branche bei verschiedenen Firmen, bis er durch ein Augenleiden gezwungen war, seine Berufstätigkeit aufzugeben. In der Folge wurde Leopold Peine von seinen Kindern unterstützt.
Sohn Manfred hatte nach Abschluss der Obersekunda-Reife an der Talmud Tora Schule am Grindelhof eine kaufmännische Ausbildung in der Musikalienhandlung von Anton J. Benjamin, Alterwall 44 erhalten. 1928 wechselte er in den Großhandel Goldschmidt & Mindus, Hohe Bleichen 31/32, der u. a. mit Musikinstrumenten handelte. Dort war er als "Reisender" tätig. Mit seiner Ehefrau Felicitas Harriet, geb. Bourscheid, gen. Levy (geb. 2.11.1905 in Düsseldorf) lebte er in der Schlankreye 40. Ende Dezember 1938 emigrierten sie mit ihrem 3-jährigen Sohn Edgar (geb. 8.4.1935) in die USA.
Manfreds drei Schwestern hatten die Israelitische Töchterschule in der Carolinenstraße besucht. Käthe, die Älteste, hatte nach Ende ihrer Schulzeit eine kaufmännische Ausbildung absolviert und war seit 1918 oder 1920 als Verkäuferin im Modehaus der Gebrüder Robinsohn am Neuen Wall tätig. Nachdem die Firma "arisiert" und sie entlassen wurde, fand sie keine anderweitige Erwerbstätigkeit mehr. Am 30. September 1940 heiratete sie den in Neumünster geborenen Selig Semmy Bleiweiss (geb.19.6.1898), den Bruder ihrer ehemaligen Arbeitskollegin Sella Kanter, geb. Bleiweiss, die ebenfalls bei Robinsohn entlassen worden war. Am 19. Januar 1941 kam ihr Sohn Uri zur Welt (s. Familie Bleiweiss).
Die jüngeren Schwestern Lilly und Erna hatten beide den Beruf der Friseurin erlernt. Lilly hatte ihre Meisterprüfung abgelegt und 1932 in der Hamburger Altstadt am Pferdemarkt 14 im Dynamohaus einen Friseursalon eröffnet. Ende Dezember 1938 musste sie das Geschäft aufgeben. Im Mai 1939 arbeitete sie bei dem "Damen- Herren- und Theaterfriseur" Siegfried Wolff im Jüdischen Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße 9/11. Siegfried Wolff hatte viele Jahre ein Friseurgeschäft in der Grindelallee 156 betrieben und war wie sie als jüdischer Geschäftsinhaber zur Aufgabe gezwungen worden. (Siegfried Wolff, geb. 30.7.1882 und seine Ehefrau Bertha, geb. Rosenberg, geb.15.5.1885, wurden am 8. November 1942 ins Getto Minsk deportiert.)
Lilly lernte den Schlachter Martin Levy kennen. Martin war am 26. April 1901 in Segeberg (1924 in Bad Segeberg umbenannt) geboren worden. Dort hatte seine Familie seit mehreren Generationen die Geschicke der Jüdischen Gemeinde mitbestimmt. Seine Eltern, die 1887 in Segeberg geheiratet hatten, betrieben dort ein Warenhaus. Abraham/Adolf Levy (geb. 5.7.1854) und Johanna (Hanchen), geb. Wolf (geb. 31.8.1866, gest.1949), mussten ihren Besitz in der Kurhausstraße 7 und 9 auf Druck des in Bad Segeberg bereits früh herrschenden Antisemitismus und der Boykottmaßnahmen aufgeben. Sie waren 1934 mit einigen ihrer zehn Kinder nach Hamburg übergesiedelt, wo Martins Mutter Johanna in der Werderstraße 6 einen Pensionsbetrieb eröffnete. Abraham Levy starb am 10. Mai 1937 in Hamburg.
Martin Levy hatte sich als Vieh- und Pferdehändler mit seiner "ruhigen und sachlichen Art" in Hamburg schnell einen guten Ruf erworben, bis er unter dem Vorwand der "Rassenschande" in Haft geriet. Am 10. Juni 1936 wurde er zu einer einjährigen Gefängnisstrafe verurteilt, die er unter Anrechnung seiner Untersuchungshaft bis zum 21. November 1936 im Polizeigefängnis Fuhlsbüttel verbüßte. Am 23. Juni 1938 gehörte er zu den etwa 200 jüdischen Männern, von insgesamt 700 Männern in Hamburg, die während der "Juni-Aktion" wegen einer früheren Verurteilung ins KZ Sachsenhausen eingeliefert wurden.
Am 17. Dezember 1938 wurde er mit der Häftlingskategorie "Vorbeugehäftling" aus dem Block 16 wieder entlassen, wahrscheinlich mit der Auflage, Deutschland so schnell wie möglich zu verlassen. Lilly und Martin heirateten am 31. März 1939 und nur einige Monate später, am 27. Juni, emigrierte Martin über Triest nach Shanghai.
Lilly war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger, Tochter Bela kam am 23. September 1939 zur Welt. Lilly wohnte mit ihrer Tochter Bela bei ihrer Familie, die seit Mitte des Jahres aus der Brandstwiete in den Schlüterweg 8 in eine 4-Zimmerwohnung umgezogen war.
Auch ihre ledige Schwester Erna durfte ihren Beruf als Friseurin nicht mehr ausüben. Um etwas zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen, arbeitete sie beim Jüdischen Religionsverband als "Reinmachemädchen". Auf ihrer Kultussteuerkarte wurde am 5. Juni 1939 vermerkt, dass Erna eine zur Auswanderung benötigte "Unbedenklichkeitsbescheinigung" erhalten hatte. Ihre Emigration scheiterte vermutlich am Kriegsbeginn. Die Zusatzvermerke "Juni 1939 England/Australien" wurden wieder gestrichen.
Leopold und Auguste Peine zogen Ende September 1939 aus dem Schlüterweg in die Dillstraße 15, wo sie eine geringere Miete von 12 Reichsmark zahlten. Das Haus in der Dillstraße gehörte dann zu den sogenannten Judenhäusern. Von dort wurde ihre jüngste Tochter Erna Peine am 6. Dezember 1941 nach Riga-Jungfernhof deportiert.
Lilly Levy hatte noch versucht, die elterliche Wohnung im Schlüterweg durch Zimmervermietungen zu halten, bis sie mit der nun zweijährigen Bela den Deportationsbefehl für den 18. November 1941 ins Getto Minsk erhielt.
Ihre älteste Schwester Käthe wurde mit ihren Sohn Uri, ihrem Ehemann Selig Bleiweiss und ihrer Schwiegermutter Selma Bleiweiss am 11. Juli 1942 aus dem "Judenhaus" Heinrich-Barth-Straße 8 nach Auschwitz deportiert und ermordet.
Leopold und Auguste Peine kamen am 15. Juli 1942 ins "Altersgetto" nach Theresienstadt. Laut dortiger Todesfallanzeige starb Auguste Peine noch im selben Jahr am 14. November 1942 an einer Lungenentzündung in der "Zentralkrankenstube". Leopold Peine überlebte seine Ehefrau bis zum 17. Juni 1943. Dann starb auch er unter den unmenschlichen Lebensbedingungen im Lager an einer Lungen- und Rippenfellentzündung, nach Kräfteverfall.
Martin Levy erlebte trotz schwieriger Lebensumstände das Kriegsende in der Emigration. Noch in Shanghai erfuhr er von der Deportation und Ermordung seiner Frau und seines Kindes. Er ging eine zweite Ehe mit Betty Leysersohn, geb. Israel (geb. 7.2.1899), ein und reiste im Oktober 1947 zu seiner Mutter Johanna in die USA aus.
Johanna Levy hatte das Kriegsende in den Niederlanden, von Partisanen versteckt, überlebt.
Martin Levys älterer Bruder Ludwig Levy (geb.14.1.1889) hatte in München als Innenarchitekt gearbeitet, als er dort 1918 Friederike Gertrude Wertheimer (geb. 22.8.1895 in Mannheim) heiratete. Das Ehepaar emigrierte mit seinem Sohn Erich Peter (geb. 28.7.1922) im September 1938 von Hamburg in die Niederlande. Erich Peter starb am 12. September 1941 im KZ Mauthausen. Seine Eltern wurden am 14. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.
Die Schwestern Ella (geb. 31.12.1896) und Frieda Levy (geb. 7.9.1898) wurden gemeinsam am 11. Juli 1942 aus dem "Judenhaus" in der Kielortallee 22 nach Auschwitz deportiert.
Der jüngste Bruder Ernst Levy (geb. 24.9.1905) wurde mit seiner Frau Rijntje, geb. Markus (geb. 25.5.1913 in Amsterdam) und den Kindern Adolf Maurice (geb. 22.8.1937) und Simon (geb.18.8.1938) ebenfalls aus den Niederlanden deportiert, sie wurden am 16. April 1943 in Sobibor ermordet.
Die Nichte Lieselotte Rosenmann (geb. 20.12.1924 in München) wurde am 4. April 1942 nach Piaski bei Lublin deportiert und ermordet.
Die überlebenden Geschwister wurden mit ihren Familien, wie Martin Levy es am 14. Februar 1947 noch aus Shanghai an einem Freund in Bad Segeberg schrieb, "in alle Winde zerstreut". Martin Levy ist am 2. Januar 1954 in Boston verstorben.
Stand: September 2018
© Susanne Rosendahl
Quellen: 1; 2; 3; 4; 5; 6; StaH 351-11 AfW 1164 (Levy, Johanna); StaH 351-11 AfW 29664 (Peine, Manfred); StaH 351-11 AfW 21743 (Levy, Martin); StaH 314-14 OFP, R 1939/27; StaH 351-11 AfW 21973 (Bleiweiss, Selma); StaH 351-11 AfW 21148 (Bleiweiss, Selig); StaH 314-15, Fvg 5574; StaH 332-5 Standesämter 2924 u 486/1899; StaH 332-5 Standesämter 13274 u 1038/1900; StaH 332-5 Standesämter 13616 u 1798/1901; StaH 332-5 Standesämter 8144 u 251/1937; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 3; StaH 522-1 Jüdische Gemeinde Nr. 992 e 2 Band 4; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht 07395/36; Nationalarchiv in Prag/Theresienstädter Initiative, Jüdische Matriken, Todesfallanzeigen Theresienstadt (Auguste Peine, Leopold Peine); Gleiss: Leben, S. 47, S. 128f., S. 192; Archiv Gedenkstätte und Museum Sachsenhausen, Auskunft von Monika Liebscher, E-Mail vom 6.10.2016; www.ancestry.de (Heiratsregister von Ludwig Levy und Friederike Gertrude Wertheimer, Zugriff 10.5.2017); https://www.joodsmonument.nl/nl/page/206831/ernst-david-levy (Zugriff 10.5.2017); https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=3061607 (Zugriff 10.5.2017).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".