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Malka Goldberg * 1869

Rutschbahn 11 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1942 Auschwitz
ermordet

Weitere Stolpersteine in Rutschbahn 11:
Ilse Dotsch, Hanna Heimann, Gerson Jacobsen, Regine Jacobsen, Ludwig Jacobsen, Klara (Clara) Jacobsen, Beer Lambig, Pescha Lambig, Senta Lambig, Samuel Lambig, Leo Lambig, Manuel Staub, Gerson Stoppelman, Augusta Szpigiel

Malka Goldberg, geb. am 25.4.1869 in Trzebinia/Galizien, abgeschoben am 28.10.1938 nach Bentschen (Zbąszyń), ermordet 1942 in Auschwitz

Rutschbahn 11

Malka Goldberg kam am 25. April 1869 in der polnischen Kleinstadt Trzebinia, 35km westlich von Krakau, zur Welt. Über ihre Kindheit und Jugend wissen wir nichts. Sie heiratete den am 20. März 1864 in Rozwolow (Polen) geborenen Jakob Goldberg, der als Händler tätig war. Am 20. April 1891 wurde ihre erste Tochter Pescha (Paula) in Trzebinia geboren, ein Jahr später, am 18. Dezember 1892, das zweite Kind, Ides, in Mieler bei Tarnow.

Im Mai 1893 verließ die Familie die Heimat, wanderte auf der "Dania" von Hamburg nach New York aus und lebte dort acht Jahre im Stadtteil Brooklyn. Das Ehepaar und die Kinder ließen sich einbürgern und wurden Staatsbürger der USA. 1902 verließen sie jedoch New York in Richtung Hannover. Sie waren dort am 6. März 1902 in der Langestraße 4 gemeldet und lebten danach in der Burgstraße 18. Peschas und Ides‘ vier Geschwister Esther (geb. am 30.3.1903), Berta (geb. am 11.11.1904), Moses Pinkas (geb. am 1.10.1907) und Osias (geb. am 27.1.1910) kamen in den folgenden Jahren in Hannover zur Welt. Auch sie besaßen alle die US-amerikanische Staatsbürgerschaft.

Die älteste Tochter Pescha zog am 10. August 1910 nach Dortmund. Die restliche Familie meldete sich am 15. März 1911 nach Herne ab. 1903 beantragte Jacob Goldberg für sich, Malka und die Kinder einen amerikanischen Reisepass, um in den folgenden drei Jahren in die USA zurückkehren zu können. Ob die Familie tatsächlich noch einmal in die USA auswanderte, ist uns nicht bekannt.

Nach dem frühen Tod von Jakob Goldberg am 25. Januar 1916 (möglicherweise im Ersten Weltkrieg) verließ die Familie Herne und siedelte im Dezember 1917 nach Altona über. Dort lebte Malka mit den Kindern zunächst in der Neuburg 27 im 1. Stock. An ihrem neuen Wohnort ernährte sie ihre Familie, indem sie eine Korkenhandlung betrieb. Wahrscheinlich zog auch Pescha von Dortmund zu ihrer Mutter.

Pescha Goldberg heiratete Beer Lambig, der in der Rutschbahn 11 einen hebräischen Bücherladen besaß. Er war am 17. Januar 1907 nach Deutschland gekommen und seither in Hamburg ansässig. Die Hochzeit mit Pescha, seine zweite Ehe, fand 1921 in Hamburg statt. Beer Lambigs erste Ehefrau Cypra Akselrad war kurz vor oder nach Ende des ersten Weltkrieges verstorben. Am Grindel war Beer Lambig auch als Toraschreiber bekannt und seine Familie galt als sehr religiös. Aus seiner ersten Ehe stammten die fünf Kinder Samuel, Leo Lipa, Herta, Issak, und Moritz. Issak und Moritz starben früh durch einen Unfall in Hamburg. Samuel und Leo, beide Söhne aus Beer Lambigs erster Ehe, lebten mit ihm in der Rutschbahn 11. Durch die Geburt der gemeinsamen Tochter Senta am 16. Juni 1921 bekamen Pescha und Beer Lambig noch einmal Familienzuwachs.

MalkasTöchter Esther und Berta zogen 1928 von Altona nach Berlin. Esther verdiente inzwischen ihr Geld als Kontoristin. Berta arbeitete als Stenotypistin, bevor sie am 15. September 1936 in die USA auswanderte. Sie heiratete dort vermutlich und änderte den Nachnamen in Rotschild.

Moses Pinkas, der sein Geld als Seemann und Schneider verdiente, zog 1928 nach Montevideo, Uruguay. Zwei Jahre später kam er noch einmal nach Altona zu seiner Mutter zurück und emigrierte letztendlich am 16. August 1930 nach New York.
Der Jüngste, Osias, arbeitete als Kaufmann und Landarbeiter und zog nach Bärenklau-Velten nördlich von Berlin.

Nachdem ihre vier Kinder ausgezogen waren, verlagerte Malka ihren Wohnsitz am 9. Juni 1931 zunächst in die Rutschbahn 39. Später zog sie in die Rutschbahn 11, welche im Hinterhof die Synagoge "Vereinigte Neue und Alte Klaus" beheimatete. (Ihr klassizistisches Äußeres sowie die Jugendstilornamentik im Innenraum machte sie zu einem sehenswerten Mittelpunkt jüdischen Lebens im Grindelviertel. Sie wurde im Zuge der Novemberpogrome nur teilweise zerstört).

Vor allem die "Ostjuden" dienten den Nationalsozialisten als Feindbild. Aufgrund dessen lässt sich vermuten, dass auch die verwitwete Malka zunehmend antisemitischer Propaganda ausgesetzt war. Auch der Buchladen von Malkas Schwiegersohn war litt unter den antijüdischen Bestimmungen. Das Jahr 1938 erwies sich nicht nur als Schicksalsjahr für die Synagoge im Hinterhof der Rutschbahn 11, sondern auch das Leben von Malka Goldberg und ihrer Familie war betroffen: Am 28. Oktober 1938 musste sie ihre Wohnung im Vorderhaus der Hausnummer 11 verlassen und wurde im Rahmen der sogenannten Polenaktion an die polnische Grenze bei Bentschen (Zbąszyń) abgeschoben. Auch Pescha, ihr Schwiegersohn Beer Lambig sowie die Kinder Samuel, Senta und Leo waren dabei. Mit der sogenannten Polenaktion reagierte das NS-Regime auf ein polnisches Gesetz vom 31. März 1938, welches vorsah, allen Polen, die länger als fünf Jahre im Ausland gelebt hatten, die polnische Staatsangehörigkeit zu entziehen. Durch dieses Gesetz sollte ein Rückstrom jüdischer Emigranten verhindert werden. In Hamburg betraf diese Aktion ca. 1.000 Personen.

Die Abgeschobenen konnten teils in Polen einreisen, teils wurden sie im Niemandsland an der Grenze interniert. Die Lebensbedingungen waren zumeist menschenunwürdig und katastrophal. Wer von den Betroffenen nicht heimlich Geld mitgebracht hatte, musste in Ställen bzw. einem verfallenen Militärgebäude kampieren. Die kleine jüdische Gemeinde, die bis dato in Bentschen (Zbąszyń) ansässig war, verfügte nicht über die Mittel, um den Ankömmlingen Hilfe zu leisten. Dennoch half sie so gut es ging mit Lebensmitteln, Medizin und Kleidung. Nach vier Tagen erreichte dann externe Hilfe das Lager: Das American Jewish Joint Distribution Committee (JDC), welches in Warschau ein Büro unterhielt, versuchte die Situation der abgeschobenen Juden zu entschärfen. Auch Malka Goldberg wurde vom JDC unterstützt. Zudem organisierte das JDC Möglichkeiten eines rudimentären kulturellen und religiösen Lebens. So kam beispielsweise die Gemeinschaft im Schützenhaus zusammen, um mit feierlichen Liedern und Bräuchen Chanukkah zu feiern oder der JDC bot Konzerte an.

Malka Goldberg gehörte zu denen, die unter diesen schwierigen Lebensbedingungen bis zur Schließung des Lagers im Sommer 1939 ausharren mussten. Sie lebte dort unter der Adresse der ul. Wigury 13. Nach dem Aufenthalt in Bentschen (Zbąszyń) verliert sich die Spur von Malka Goldberg. Es ist unklar, ob sie noch einmal mit ihrer Tochter Pescha nach Deutschland zurückkehren konnte oder ob sie nach Polen einreisten und dort nach dem Einmarsch der deutschen Truppen ghettoisiert und ermordet wurden.
Das Gedenkbuch des Bundesarchivs verzeichnet ihren Tod 1942 im Konzentrationslager Auschwitz.

Die Emigration in die USA bewahrte Moses Pinkas und Berta vor dem Holocaust.

Über das Schicksal von Esther und Osias, die nach Berlin gezogen waren, ist uns nichts bekannt.

Stand: November 2014

© Nikolas Odinius

Quellen: StaHH, 522-1 Jüdische Gemeinden, 992b, Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg, Kultussteuerkarte Malka Goldberg, Berta Goldberg, Esther Goldberg, Moses Pinkas Goldberg, Beer Lambig; StaHH 351-11 900, Wiedergutmachungsakte Beer Lambig; StaHH Melderegister Altona Film Nr. A34 K4434; Adressbuch Altona http://agora.sub.uni-hamburg.de (Zugriff 27.6.2014); Stadtarchiv Hannover Geburtsurkunde Esther Goldberg Nr. 6693_1616 aus 1903; JDC http://74.127.32.5/multimedia/Documents%5CNames%20Databank%5CZbaszyn%5CZbaszyn_AR33-44_00879_00804.pdf (Zugriff 30.7.2014); www.rutschbahn.org (Zugriff, 29.7.2014); Reisepassantrag Jacob Goldberg vom 20.10.1903 www.ancestry.com/JacobGoldberg (Zugriff 12.8.2014); Bonny M. Harris, ‘From German Jews to Polish Refugees: Germany’s Polenaktion and the Zbaszyn Deportations of October 1938’, Jewish History Quarterly, 2009/2, S. 175–205; Meyer, Beate ‘Ausweisung polnischer Juden (1938)’. In Wolfgang Benz (Hrsg.) Handbuch des Antisemitismus: Judenfeindschaft in Geschichte und Gegenwart. Berlin 2010, S. 29–32.; Yehuda Bauer, American Jewry and the Holocaust: The American Jewish Joint Distribution Committee, 1939–1945. Detroit 1981; Ursula Wamser/Wilfried Weinke, Ehemals in Hamburg zu Hause: Jüdisches Leben am Grindel. Hamburg 1991.

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