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Gustav Levy * 1883
Wilmans Park 4 (Altona, Blankenese)
1943 Auschwitz
Gustav Levy, geb. 26.7.1883 in Hamburg, 1942–43 KZ Fuhlsbüttel, deportiert nach Auschwitz am 12.2.43, ermordet in Auschwitz am 20.2.1943
Gustav Levy war der Sohn von Eduard Levy und Betty Levy, geborene Bresslau. Über die ersten Lebensjahrzehnte des jungen Gustav, der, wie auch sein Vater, den Beruf des Kaufmanns ergriff, gibt es keine verlässlichen Nachrichten, bis auf die – vermutlich um 1910 erfolgte – Eheschließung mit der drei Jahre jüngeren Margarethe Marie Sophie, geborene Weidt. Dem Ehepaar wurde 1913 eine Tochter geboren; von ihr, die später den Namen Clara Horwitz trug, berichtete eine unlängst befragte Zeitzeugin aus dem Umfeld der Familie Levy, sie sei nach Palästina emigriert. Auf der Kultussteuerkarte der jüdischen Gemeinde wurde 1939 ihre Auswanderung nach Amerika verzeichnet, laut Schiffspassagierlisten erreichte sie, zusammen mit ihrem Mann Heinz Horwitz, am 16. April 1939 mit der "Hansa" von Hamburg kommend New York – vielleicht die erste Station ihrer Emigration.
Verschiedene Eintragungen im Hamburger Handelsregister bezeugen eine Firma D. S. Levy & Söhne, Pfeifen und Rauchrequisiten en gros, eine Offene Handelsgesellschaft mit Sitz am Rödingsmarkt 76, also im Zentrum der Stadt. Aus dieser Firma schied Eduard Levy 1919 durch Tod aus; Gustav Levy wurde vier Jahre später als Vorstand der Aktiengesellschaft aufgeführt. Als Zweck des offenbar florierenden Unternehmens (mit einem Grundkapital von 14400 Goldmark im Jahre 1924) wurde angegeben: "Einkauf und Vertrieb von Raucherartikeln sowie der Betrieb aller damit zusammenhängenden Geschäfte".
Etliche Einträge in den Namens-, Firmen- und Straßenverzeichnissen der Adressbücher von Altona und später Groß-Hamburg verweisen seit 1928 immer wieder auf die Adresse Wilmans Park 4 in Blankenese. Ab 1933 lebte dort neben dem Hauseigentümer Gustav Levy auch der Pensionär Carl Weidt, der Vater seiner Frau Margarethe Marie Sophie.
Ende 1935 trat Gustav Levy aus der jüdischen Gemeinde aus, wurde aber später wegen seiner jüdischen Herkunft wahrscheinlich wieder zur Mitgliedschaft gezwungen, auf seiner Kultussteuerkarte findet sich der Zusatz "Dissident". Seine Frau wurde auf dieser Karte unter der Verwaltung der Gestapo als "Arierin/Dissidentin" geführt, das heißt, sie war offenbar zum jüdischen Glauben übergetreten, galt aber "rassisch" als Nichtjüdin.
1940 musste Gustav Levy, der jetzt gezwungenermaßen den zweiten Vornamen Israel trug, vermutlich mit seinen weiteren Familienmitgliedern umziehen in das Haus Isestraße 96 (Stadtteil Harvestehude), das dem NS-Fliegerkorps Berlin gehörte; für kurze Zeit wohnte er danach in einem anderen Haus, dem unweit gelegenen "Judenhaus” Dillstraße 15.
Im Februar 1940 sperrte die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten Gustav Levys Konten. Sein Vermögen unterlag nun der "Sicherung". Er gab an, 520 Reichsmark monatlich für sich und seine Frau zu benötigen, 150 für die Miete, 250 für den Lebensunterhalt und 120 für Steuern, Krankenkasse und Versicherung. Auch über das Betriebsvermögen seiner Firma "Pfeifen Großhandel D. S. Levy und Söhne" durfte er nur noch mit behördlicher Genehmigung verfügen. Gustav Levy argumentierte vergeblich, die auf Depot befindliche Summe von 5000 Reichsmark dringend für Wareneinkäufe und laufende Verbindlichkeiten zu benötigen. Ihm wurde entgegnet, da er keine Geschäftsräume und keine Angestellten habe, müssten die flüssigen Gelder auf seinem Girokonto in Höhe von 2500 RM reichen. Im März wurde ihm dann auch die Freigabe von 2500 RM aus dem Depot für Einkäufe auf der Leipziger Messe verwehrt. Im November schließlich forderte ihn die Behörde für Handel, Schifffahrt und Gewerbe auf, den Betrieb bis Ende des Jahres abzuwickeln und im Handelsregister löschen zu lassen. Diese Frist wurde verlängert auf Ende März 1941. Gustav Levy gab an, alleine auswandern zu wollen und versuchte noch, sein Geschäft auf seine "arische" Ehefrau übertragen zu lassen. Man zwang ihn jedoch, seine Firma auf einen "arischen" Besitzer zu übertragen. Am 25. Juli 1941 findet sich dann im Handelsregister der Stadt Hamburg der Vermerk, die Firma Levy sei erloschen.
Am 17. November 1942 wurde Gustav Levy von der Gestapo/Judenreferat ins Polizeigefängnis Fuhlsbüttel eingewiesen, der Grund ist unbekannt. Zwei Monate später, am 25. Januar 1943 beantragte Gustav Levy beim Oberfinanzpräsidenten die Freigabe von 4000 RM aus seinem Sicherungskonto an Margarethe Sophie Marie Levy. Als Verwendungszweck gab er an: "Sicherstellung des Unterhalts der arischen Ehefrau anlässlich der bevorstehenden Ehescheidung". 2000 RM wurden genehmigt. Wahrscheinlich hatte die Gestapo Druck auf die in einer "Mischehe" lebenden Levys ausgeübt oder die Eheleute mit falschen Versprechungen geködert für den Fall, dass sie der Scheidung zustimmten. Das Landgericht hob die Ehe am 29. Januar 1943 auf. Am 10. Februar bat Gustav Levy noch mal um 500 RM von seinem Konto. Er musste seiner geschiedenen Frau die Kosten für den Rechtsanwalt erstatten.
Juden aus aufgelösten Mischehen wurden jedoch umgehend deportiert. Nur zwei Wochen nach der Scheidung, am 12. Februar 1943, wurde Gustav Levy zusammen mit 23 anderen Hamburger Juden zunächst in das Berliner Sammellager Große Hamburger Straße gebracht und dort einem Transport nach Auschwitz angeschlossen; sein Name findet sich auf der Transportliste Nr. 29 des Reichssicherheitshauptamtes vom 19. Februar 1943.
Von den 997 Männern, Frauen und Kindern, die am 20. Februar 1943 im Lager angekommen waren, wurden 775 Menschen, darunter auch Gustav Levy, sofort in den Gaskammern des Vernichtungslagers ermordet.
Gustav Levys Frau nahm sich das Leben durch den Sturz aus einem Fenster im vierten Stockwerk des "Judenhauses" Dillstraße 15.
© Barbara und Friedemann Hellwig
Quellen: 1; 2 R 1939/2606; 4; StaH, 331-1 II Polizeibehörde II, Ablieferung 15, Band 1 (Abrechnungslisten über Schutzhaftkosten des KZ Fuhlsbüttel); Bajohr, "Arisierung", S. 364; Auskunft des Staatlichen Museums Auschwitz-Birkenau, 2.3.2004; Handelsregister der Stadt Hamburg; Schiffspassagierliste New York, www.ancestry.de, Zugriff 15.8.2007.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".