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Klara Sierau (geborene Jentzen) * 1899
Am Barls 260 (Altona, Lurup)
HIER WOHNTE
KLARA SIERAU
GEB. JENTZEN
JG. 1899
EINGEWIESEN 1942
HEILANSTALT LANGENHORN
"VERLEGT" 23.6.1944
HEILANSTALT RICKLING
ERMORDET 29.7.1944
Klara Sierau, geb. Jentzen, geb. 11.12.1899, eingewiesen 1942 in die Heilanstalt Langenhorn, "verlegt" am 23.6.1944 nach Rickling, dort zu Tode gekommen am 29.7.1944
Am Barls 260, Osdorf
Klara Olga Agnes wurde als Kind des Dienstmädchens Johanna Sophie Friedrike Jentzen am 11. Dezember 1899 in Bützow geboren. Der Vater blieb unbekannt. Klara wurde am 26. Dezember 1899 in Bützow getauft. Ihre Mutter starb am 2. Februar 1900 in Baumgarten. Da war Klara gerade mal 7 Wochen alt.
Sie kam in die Obhut des Arbeiterehepaares Marie und Fritz Bruhn. Doch auch Klaras Pflegemutter Marie starb am 30. Januar 1904 in Bützow. Ob der Witwer Fritz Bruhn und die Vollwaise Klara Jentzen weiter in Bützow lebten, wissen wir nicht. Zumindest in den Volkszählungsunterlagen von Mecklenburg wurden sie nicht mehr erwähnt. Klara gab später in der Pflege- und Heilanstalt Langenhorn an, in etwa 10 verschiedenen Pflegestellen untergebracht gewesen zu sein, die uns ebenfalls nicht bekannt sind.
Erstmals tauchte Klara in amtlichen Unterlagen mit der Einweisung ins Landarmenhaus von Güstrow 1913 und 1914 wieder auf. Ihre Konfirmation erfolgte dort 1915. Wir wissen jedoch nicht, wie lange sie dort verblieb. Sicher ist nur, dass sie das Landarmenhaus vor 1919 wieder verlassen hat und fortan für ihren Lebensunterhalt selber sorgte.
Ab 19. Januar 1920 wohnte sie dann in Kiel in der Ohlendorffallee 8 bei Möller, wo sie offensichtlich als Hausmädchen arbeitete. Ab 4. Februar 1921 lebte sie dann bei Familie Sierau in der Steinstraße 86 in Altona. Sie hatte Ernst Theodor Heinrich Sierau kennen und lieben gelernt und war dann zu ihm in seine Wohnung gezogen.
Am 24. Januar 1922 heiratete sie in Altona den "Revolverdreher" Ernst Theodor Heinrich Sierau. Revolverdreher, eine Berufsbezeichnung für ausgebildete Metallarbeiter, die nichts mit einer Schusswaffe zu tun hatte, verrichteten ihre Arbeit an Drehmaschinen und stellten Werkstücke aus Stahl, Nichteisenmetallen oder Kunststoff her. Ernst Theodor Heinrich Sierau war am 12. April 1896 in Altona in der Steinstraße 76 geboren worden. Seine Eltern hießen Friedrich Heinrich Sierau und Catharina Bertha Maria, geb. Kasch.
Das junge Ehepaar Sierau wohnte anfangs in der Steinstraße 76 und dann Nr.56, bevor es in die Langenfelder Straße zog. Am 11. Juli 1923 machte Klara zur Erhaltung ihrer Gesundheit in dem Luftkurort Villingen eine Kur.
1924 bis 1929 wohnte das Ehepaar in der Königsstraße 19. 1930 wechselte es in die Rolandstraße 36 in den 3. Stock. (Wohl rein zufällig wohnte genau unter ihnen die Witwe Catharine Margarethe Jentzen. Ein verwandtschaftliches Verhältnis mit Klara Sierau, geb. Jentzen war jedoch nicht festzustellen.)
Überraschend starb Ernst Sierau am 4. März 1930 in seiner Wohnung. Er wurde von der Polizei tot aufgefunden. In der Todesanzeige war die Rede von einem plötzlichen Unfalltod. Nähere Umstände kennen wir jedoch nicht.
Klara blieb noch bis 1932 in der Wohnung. Sie erhielt durch ihren verstorbenen Mann eine gute Rente. Es folgte ein Umzug in die Gärtnerstraße 93 und dann in eine weitere Wohnung Am Barls 260, die sie bis zu ihrer Einlieferung in eine Nervenklinik in Hamburg am 20. April 1942 bewohnte. Dort lebten auch ihr jetziger Freund und Lebenspartner Werner Bruno Albert Klitz, geb. 24. Mai 1906 in Putbus (Rügen), seine Schwester und deren Ehemann.
Klara arbeitete auf einem Militärübungsplatz in Blankenese in der Manteuffelstraße als Putzfrau, bis sie in die Pflege- und Heilanstalt Langenhorn eingewiesen wurde. In der Klinik wurde Klara am 5. April 1942 mit dem "Impfstoff" Malaria behandelt. Die so genannte Malariatherapie war früher bei Patienten angewendet worden, um Paralyse zu heilen, was aber zu dieser Zeit als überholt gegolten hatte (in den Konzentrationslagern experimentierten nationalsozialistische Ärzte ebenfalls mit den Erregern, um Malaria-Gegenmittel herzustellen) Wir wissen nicht, warum die Ärzte Klara Sierau damit "behandelten". Jedenfalls wurde in den folgenden Wochen ihr Zustand genau dokumentiert. Am 8. April 1942 wurde sie an einen uns unbekannten Ort "verlegt". Auch wann sie nach Langenhorn zurückkam, ist uns nicht bekannt. Entlassen wurde sie aus der Pflege- und Heilanstalt Langenhorn am 27. Juni 1942.
Knapp zwei Jahre später, am 9. März 1944, wurde sie wegen eines Unfalls in das Krankenhaus Altona eingeliefert, sie war gegen eine Straßenbahn gelaufen. Die Diagnose lautete "Schädel-Hirn-Trauma". Eine Fraktur des Schädels auf dem Röntgenbild war nicht eindeutig festzustellen, aber nicht auszuschließen. Die Ärzte vermuteten eine Fraktur an der Hypophyse auf dem Türkensattel, eine Vertiefung an der Schädelbasis.
Es folgte eine erneute Aufnahme in der Pflege- und Heilanstalt Langenhorn am 29. März 1944. Von dort wurde sie am 29. Juni 1944 in die "Pflege- und Heilanstalt" nach Ricklingen in Holstein verlegt, wo sich ihr Zustand in den nächsten Tagen rapide verschlechterte. Ihre Sprache wurde unverständlich und ihr körperliches und seelisches Befinden schwankte stark. Es wechselte von sehr unruhigem zu apathischem Verhalten. Der Puls und die Atmung setzten zwischenzeitlich immer wieder aus. Schließlich starb Klara Sierau am 29. Juli 1944 um 17.30 Uhr in Ricklingen. In den Todespapieren stand "Paralytischer Anfall".
Ihre sterblichen Überreste wurden zum Hauptfriedhof Altona überführt, wo ihr Sarg am 12. August 1944 morgens um 10.00 in einem Reihengrab beigesetzt wurde.
Stand: Dezember 2018
© Bärbel Klein
Quellen: 352-8/7 Ablieferung 1995/1 Nr. 33140; 332-5_1180/1896; 332-5_58/1922; 332-5_357/1930; 741-4_K 4461; 741-4_K 2483; 741-4_K 2485; 741-4_K4913;741-4_K 7313; 741-4_K 4554; Akte Heil- und Pflegeanstalt Rickling; Ancestry Konfirmation Einsicht am 15.11.2018; Landarmenhaus Güstrow; Volkszählung Bützow; Hauptfriedhof Altona Unterlagen Sierau und Lau.