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Flora und Max Blumenthal, ein Sohn sitzt auf seinem Bein, während des Ersten Weltkriegs
Flora und Max Blumenthal mit einem der Söhne, während des Ersten Weltkriegs
© Privat

Flora Blumenthal (geborene Lewy) * 1884

Goldbekufer 42 (Hamburg-Nord, Winterhude)

1942 Theresienstadt
1944 Auschwitz ermordet

Weitere Stolpersteine in Goldbekufer 42:
Marcus Max Blumenthal, Richard Katz, Gella Alice Katz

Flora Sara Blumenthal, geb. Lewy, geb. 25.1.1884 in Altona, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 15.5.1944 nach Auschwitz
Marcus Max Blumenthal, geb.18.7.1873 in Kabel/Westfalen, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 15.5.1944 nach Auschwitz

Goldbekufer 42

Max Blumenthal kam in Kabel an der Ruhr (heute ein Stadtteil von Hagen) als Sohn von Samuel Blumenthal (9.12.1843–9.12.1931) und seiner Frau Lisette (gelegentlich irrtümlich: Rosa), geb. Strauss (25.4.1943–30.1.1934), zur Welt. Samuel Blumenthal hatte in Kabel ein Kaufhaus für Kolonialwaren und Textilien eröffnet. Sein Sohn Max übernahm das Geschäft. Er genoss als Kaufmann und Mäzen ortsansässiger Vereine ein hohes Ansehen in der Stadt. 1926 soll Adolf Hitler, der sich für kurze Zeit in Hagen aufhielt, bei Max Blumenthal eine Hose "auf Kredit" gekauft haben.

Etwa 1907 heiratete Max Blumenthal die elf Jahre jüngere Flora Lewy. Sie war die Tochter von Isidor Lewy und seiner Frau Bertha aus Altona, Große Elbstraße. Aus der Ehe von Max und Flora gingen vier Söhne hervor, darunter ein Zwillingspaar. Die Familie lebte zunächst in Kabel. In den 1930er Jahren wanderten drei der Söhne in die USA aus, der vierte ging nach Calgary in Kanada. Als einer der Söhne die Eltern einlud, zu ihm in die USA zu kommen, verkaufte Max Blumenthal sein Geschäft und fuhr mit seiner Frau ca. Anfang 1938 über Hamburg nach Amerika. Aber Flora Blumenthal fühlte sich dort nicht wohl und bewog ihren Mann, gemeinsam mit ihr nach Deutschland zurückzukehren. Offenbar erfolgte ihre Rückkehr innerhalb weniger Monate, denn sowohl im Hamburger Telefon- wie auch im Adressbuch von 1938 ist Max Blumenthal mit der Adresse "Goldbeckufer 42" eingetragen.

Flora Blumenthals jüngere Schwester Emilie, geb. am 1.5.1888, war mit dem Prokuristen Walter Blumenthal verheiratet, geb. am 5.11.1885 in Herdecke bei Hagen. Walter war der Cousin von Marcus Max Blumenthal und der älteste Sohn von Moritz Blumenthal, dem Bruder von Max‘ Vater Samuel. Emilie und Walter Blumenthal, wie ihre Töchter Elisabeth und Marianne Jakobine, lebten bis zu ihrer Auswanderung Mitte 1938 nach Großbritannien in der Lenhartzstraße 9 in Eppendorf. Die Schwestern Flora und Emilie hatten gemeinsam das Mietshaus am Langenkamp 7a (dem heutigen Poelchaukamp), geerbt, in dem 14 Mietparteien wohnten.

Von der umfassenden finanziellen Ausplünderung der Juden blieb auch die Familie Blumenthal nicht verschont: Als Emilie Blumenthal nach ihrer Auswanderung im August 1938 ihren Schwager Max mit der Grundstücksverwaltung beauftragte, widerrief die Oberfinanzdirektion ihre Genehmigung dafür nach wenigen Monaten. Inzwischen hatte Max Blumenthal den Anteil seiner Schwägerin jedoch verkauft, was er dem Oberfinanzpräsidium am 3. Januar 1939 mitteilte. Prompt verlangte dieses zu wissen "aufgrund welcher Genehmigung das Grundstück … veräußert wurde". Den Verkauf hatte Max Blumenthal zwei Wochen nach dem Novemberpogrom getätigt. In einem komplizierten Antragsverfahren gelang es ihm nun mit Hilfe von Rechtsanwälten, zumindest den Verkaufserlös für seine Schwägerin auf einem "Auswanderersperrkonto" zu sichern.

Flora Blumenthal beantragte im Mai 1939 ihren Anteil am Haus verkaufen zu dürfen, was ihr Ende Juli genehmigt wurde. Der Kaufpreis musste ebenfalls auf ein Sperrkonto eingezahlt werden, ihr wurde jedoch mitgeteilt, dass sie darüber frei verfügen könne. Die Zollfahndungsstelle hatte dazu dem Oberfinanzpräsidium am 27. Mai 1939 geschrieben, dass man von einer "Sicherungsanordnung" abgesehen habe, "da weiteres Vermögen nicht vorhanden" sei.

Über die Lebensbedingungen der folgenden Jahre haben wir nur wenige Anhaltspunkte. Das Ehepaar musste offensichtlich in ein "Judenhaus" in Altona, Sonninstraße 12, ziehen, bis es den Deportationsbefehl erhielt, was als "Abwanderung" auf Max Blumenthals Mitgliedskarte der Jüdischen Gemeinde vermerkt wurde.

Am 19. Juli 1942 wurden die Eheleute Blumenthal als zwei von 926 Hamburger Jüdinnen und Juden in das Getto Theresienstadt deportiert. Von dort wurden sie am 15. Mai 1944 ins Vernichtungslager Auschwitz transportiert, wo sich ihre Spuren verlieren. Es ist anzunehmen, dass die Eheleute Blumenthal sofort nach ihrer Ankunft ermordet wurden.

Stand März 2016

© Christine Meier, Ulrike Sparr

Quellen: 1; 2; 5; 8; StaHH 314-15 Oberfinanzpräsident, F 174; Festschrift "750 Jahre Boele", Hagen 2002; schriftliche Mitteilungen von Frau Jane Barry, 10.12.2015.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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