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Alfred Alward * 1885
Bahrenfelder Straße 128 (Altona, Ottensen)
1941 KZ Neuengamme
HIER WOHNTE
ALFRED ALWARD
JG. 1885
MEHRMALS VERHAFTET
1942 NEUENGAMME
ERMORDET 15.12.1942
Alfred Ernst Wilhelm Bernhard Alward, geb. am 25.7.1885 in Schwerin, gestorben am 15.12.1942 im KZ Neuengamme
Bahrenfelder Straße 128
Alfred Alward kam 1885 im mecklenburgischen Schwerin als Sohn des Maurers Friedrich Alward und dessen Ehefrau Sophie, geb. Weidlich, zur Welt. Evangelisch-lutherisch getauft, trat er später aus der Kirche aus. Seine Eltern zogen mit ihm kurz nach seiner Geburt nach Hamburg, wo 1890 sein Bruder Bernhard geboren wurde. Die Mutter verstarb 1900 in jungen Jahren, in zweiter Ehe heiratete der Vater ihre Schwester. Über den beruflichen Werdegang Alfred Alwards liegen keine Überlieferungen vor. 1921 firmierte er als Kaufmann, später arbeitete er als Heilkundiger, Werft- und Fabrikarbeiter. Am 25. September 1917 heiratete er die aus dem niederbayrischen Kaikenried stammende Theres Holzfurtner, mit der er in St. Georg bei seinen Eltern lebte. Aus dieser Ehe stammte die 1921 geborene Tochter Liese-Lotte. Nachdem die Ehe 1924 geschieden worden war, verzog Alward nach Altona. 1931 wies sein polizeiliches Führungszeugnis einundzwanzig Gefängnis- und Zuchthausstrafen wegen Diebstahls, Betrugs, Hehlerei und Lotterievergehens auf. Dazu kam 1928 eine Verurteilung zu einer zweiwöchigen Gefängnisstrafe durch das Amtsgericht Hamburg wegen "tätlicher Beleidigung" nach § 185: Alfred Alward war der Anbahnung homosexueller Handlungen mit einem Mann in einer öffentlichen Bedürfnisanstalt überführt worden. Gegenüber der Polizei gab er an, "erblich homosexuell veranlagt" zu sein. Auch in der Folgezeit bis 1941 wurde der wegen homosexueller Handlungen bei der Polizei "einschlägig" bekannte Mann in dieser Hinsicht mehrfach verdächtigt, jedoch konnten strafbare Handlungen nie nachgewiesen werden. Eine Untersuchungshaft vom 26. April bis 3. Juni 1939 stand ebenfalls unter dem Verdacht der "widernatürlichen Unzucht", jedoch wurde er ohne Verfahren entlassen. Das änderte sich am 15. September 1941, als der Strichjunge Paul Kühnapfel (geb. 1915) ihn bei der Kripo in einer Lichtbildkartei als Partner identifizierte. Kühnapfel war in Hamburg einer der Strichjungen mit dem größten "Kundenkreis" und gab an, Alfred Alward 1936 und 1940 in der Nähe der Bedürfnisanstalt am Millerntor angesprochen zu haben. Jedes Mal übernachtete er bei ihm in seiner jeweiligen Unterkunft in Altona, erhielt Essen und Trinken sowie "ein paar Groschen". Aufgrund dieser Aussage wurde der Beschuldigte zehn Tage später zum 24. Kriminalkommissariat vorgeladen, bestritt jedoch in den Verhören vehement den Kontakt mit dem Strichjungen. Daraufhin wurde er zunächst in den Arrestposten im Polizeipräsidium an der Stadthausbrücke und vom 26. September bis zum 9. Oktober 1941 im KZ Fuhlsbüttel als "Schutzhäftling" inhaftiert. Trotz dieser erschwerten Haftbedingungen blieb er bei seiner Aussage. Das Gericht glaubte ihm nicht und sah in Alfred Alward einen Menschen, der nur "schwer zu belehren oder gar zu bessern" sei. Obwohl seine Vorstrafen länger als zehn Jahre zurücklagen, dienten sie dem Gericht als Begründung, weshalb dem Angeklagten "nur eine empfindliche Strafe überhaupt einen Eindruck machen" könne. Amtsgerichtrat John Otto Bayer verurteilte ihn am 15. November 1941 nach § 175 StGB zu einer neunmonatigen Gefängnisstrafe und ließ die Untersuchungshaft unberücksichtigt, "da er diese Haft durch sein unsinniges Bestreiten selbst verschuldet" habe. Nach dem Ende seiner regulären Haftzeit am 24. August 1942 im Männergefängnis Fuhlsbüttel gelangte Alfred Alward nicht in Freiheit, sondern wurde zur "Kriminalpolizeileitstelle in Hamburg" überstellt. Von dort wurde er zwischen dem 18. und 24. September 1942 in das KZ Neuengamme eingewiesen. Das ergibt sich aus seiner Häftlingsnummer 10156, die er mit dem Winkel für Berufsverbrecher "BV" tragen musste. Die dortige Haft überlebte er nicht lange, bereits am 15. Dezember 1942 starb er im Alter von 57 Jahren im Konzentrationslager offiziell an "Cardialer Insuffizienz" (Herzschwäche).
1957 stellte seine Tochter beim Amt für Wiedergutmachung einen Antrag "zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung" nach dem Bundesentschädigungsgesetz. Weil ein Erbschein fehlte, blieb der Antrag bis 1961 unbearbeitet. Im Februar 1962 wurde er dann, weil die Antragstellerin in der Zwischenzeit nach New York verzogen und der Haftgrund ihres Vaters ermittelt worden war, als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt. Alfred Alward sei "aus kriminellen Gründen in das KZ Neuengamme eingeliefert worden. ... Der Tod ist somit auch nicht verfolgungsbedingt."
Nur wenige überlebende Homosexuelle erhielten durch "Härtefonds" seit den 1980er Jahren Entschädigungen für erlittene NS-Verfolgungen.
Stand September 2015
© Bernhard Rosenkranz (†) und Ulf Bollmann
Quellen: StaH, 213-11, Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen – 5595/42; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, 10189 a und Ablieferungen 13; StaH 331-1 II Polizeibehörde II, Ablieferung 15, Band 1; StaH 332-5 Standesämter, 9565 (Eintrag Nr. 330) und 10728 (Eintrag Nr. 1904); StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 44094; Mit Dank an Alyn Beßmann, KZ-Gedenkstätte Neuengamme, für Auskünfte im September 2014; Lorenz: "... sonst gehst du verschütt", S. 1; Rosenkranz/Bollmann/Lorenz, Homosexuellen-Verfolgung, S. 197.