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Friedrich Dicke mit Tochter Helga, Mai 1937
© Privatbesitz

Friedrich Dicke * 1890

Haderslebener Straße 11 (Hamburg-Nord, Dulsberg)


HIER WOHNTE
FRIEDRICH DICKE
JG. 1890
VERHAFTET
’VORBEREITUNG ZUM
HOCHVERRAT’
KZ FUHLSBÜTTEL
ERMORDET 28.5.1937

Friedrich Dicke, geb.16.8.1890 in Wuppertal/Barmen, umgekommen im Konzentrationslager Fuhlsbüttel am 28.5.1937

Haderslebener Straße 11

Friedrich Dicke senior und seine Frau zogen mit ihrer Familie, darunter ihr Sohn Friedrich, nicht lange nach dessen Geburt in den 1890er Jahren von Wuppertal nach Hamburg, wo ihr Sohn von 1897 bis 1905 die Volksschule besuchte. Von 1905 bis 1908 absolvierte er eine Zimmererlehre und war danach eine Zeitlang Wandergeselle in Holstein und im Rheinland, bevor er sich endgültig wieder in Hamburg als Zimmerer niederließ. Von 1911 bis 1913 leistete er seinen Wehrdienst bei der militärischen topographischen Aufnahmeabteilung der Reichswehr ab und wurde nach seiner Entlassung im Vermessungsamt der Baubehörde eingestellt. Bei Kriegsbeginn im August 1914 wurde Friedrich Dicke sofort zum Kriegsdienst eingezogen und an die Westfront geschickt. Bereits im September desselben Jahres geriet er nach einer schweren Verwundung in französische Kriegsgefangenschaft. Er hatte eine Rückenmarksverletzung davongetragen, in deren Folge er anderthalb Jahre gelähmt war. Erst im Februar 1920 wurde er aus der Kriegsgefangenschaft nach Hamburg entlassen und konnte an seine alte Arbeitsstelle im Vermessungsamt zurückkehren, war nun jedoch wegen der Minderung seiner vollen Erwerbsfähigkeit infolge der Kriegsverletzung nicht mehr als Zimmermann, sondern als Vermessungsgehilfe tätig. In den 1930er Jahren übertrug man ihm die Leitung der Instandsetzungswerkstatt der Behörde mit fünf Mitarbeitern.

1922 heiratete er Elfriede Wirtz (geb. 1895), die ebenfalls aus Barmen stammte. Mit ihr hatte er die Kinder Friedrich (geb. 1923), Karl-Heinz (geb. 1925) und Helga (geb. 1936). Die Familie wohnte spätestens seit Beginn der 1930er Jahre in einer Zwei-Zimmer-Wohnung in der Haderslebener Straße 11 in Dulsberg. Politisch engagierte sich Friedrich Dicke schon seit 1910 in der SPD. Anfang der 1930er Jahre trat er in die "Eiserne Front" ein, ein Bündnis, das 1931 zur Verteidigung der Weimarer Republik von seiner Partei, dem republikanischen Wehrverband "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold", den sozialdemokratisch geführten Gewerkschaften und Arbeitersportvereinen gegründet worden war. Es ist nicht bekannt, ob er nach 1933 aktiv im politischen Widerstand gewirkt hat, lange nach dem Krieg sagten seine Söhne jedoch aus, sie könnten sich erinnern, dass ein Mal ein Kassierer einer Organisation zu ihnen nach Hause gekommen sei, der Hitler als "Verbrecher" bezeichnet habe, woraufhin die Eltern Dicke verängstigt reagierten und den Kassierer von den Kindern fernhielten. Die Aktion, die die Gestapo in der Nacht des 26. Mai 1937 durchführte, richtete sich denn auch nicht speziell gegen Friedrich Dicke, sondern war auf die Zerschlagung einer Gruppe des Reichsbanners und der Schutzformationen, die anscheinend in Dulsberg aktiv waren, gerichtet. Neben ihm wurden, nach Angaben der Dicke-Söhne, "fünf oder sechs" Genossen allein in der kleinen Haderslebener Straße und weitere in angrenzenden Straßen in Dulsberg verhaftet.

Für Friedrich Dicke sollte diese Verhaftung tödliche Folgen haben: Nur zwei Tage später erhielt seine Frau die amtliche Benachrichtigung, dass ihr Mann im Kola-Fu gestorben sei. In dem Schreiben soll außerdem gestanden haben, er sei wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" und "illegaler politischer Betätigung" verhaftet worden. Anschließend gingen sein ältester Sohn Friedrich und sein jüngerer Bruder zu einem privaten praktischen Arzt am Erdkampsweg, um den Totenschein für ihn abzuholen. Auf diesem soll vermerkt gewesen sein: "Tod ist eingetreten durch Strangulation". Ob es sich wirklich um einen Suizid gehandelt hat oder – wie in nicht wenigen Fällen im Kola-Fu – in Wahrheit ein Justizmord vorlag, ließ sich nach 1945 nicht mehr feststellen. Nach Kriegsende bestätigte ein mitgefangener SPD-Genosse, er habe damals im Gefängnis gehört, dass sich Friedrich Dicke erhängt hatte.

© Benedikt Behrens

Quellen: StaH 351-11, AfW, 16978; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft OLG – Verwaltung, Abl. 2, 451a E 1, 1b; Interview Hans Jürgen Plaumann mit Friedrich und Karl-Heinz Dicke v. 23.7.1992, in: Archiv Geschichtsgruppe Dulsberg; VVN-Archiv; VAN (Hrsg.), Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter 1933–1945, Hamburg 1968; Diercks, Herbert, Gedenkbuch Kola-Fu, Hamburg 1987, S. 17; Plaumann, Hans Jürgen, Nacherkundungen zu "Spurensuche des Nationalsozialismus und des Widerstandes am Dulsberg", Hamburg 1998, S. 70.

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