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Ruth Fiebelmann (geborene Adler) * 1913

Hasselbrookstraße 154 (Wandsbek, Eilbek)


HIER WOHNTE
RUTH FIEBELMANN
GEB. ADLER
JG. 1913
DEPORTIERT 1941
ERMORDET IN
MINSK

Weitere Stolpersteine in Hasselbrookstraße 154:
Siegmund Fiebelmann, Dan Fiebelmann, Clara Schenk, Siegmund Schenk

Siegmund Fiebelmann, geb. am 4.1.1902 in Meppen, 1941/1942 Strafgefangenenlager Neusustrum V und Zuchthaus Fuhlsbüttel, deportiert am 10.12.1942 nach Auschwitz, ermordet am 11.1.1943
Ruth Fiebelmann, geb. Adler, geb. am 1.10.1913 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk
Dan Fiebelmann, geb. am 3.3.1939 in Hamburg, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Hasselbrookstraße 154

Siegmund Fiebelmann war das älteste von mindestens drei Kindern des Schlachters und Viehhändlers Max Fiebelmann und seiner Ehefrau Bertha, geborene Goldschmidt. Beide Eltern waren jüdischen Glaubens. Sie lebten in Meppen. Siegmunds Bruder Isidor wurde am 16. März 1906, seine Schwester Elsa am 19. Februar 1911 geboren, beide in Meppen.

Ab dem sechsten Lebensjahr besuchte Siegmund Fiebelmann acht Jahre die Volksschule. In der Schulzeit erlitt er beim Fußballspielen eine Verletzung am linken Bein, die ihn zeitlebens behindern sollte. Nach Abschluss der Schule war er an verschiedenen Arbeitsstellen tätig, etwa ein Jahr als Hilfskraft in der Eisenhütte in Meppen, dann für eineinhalb Jahre als Hilfsarbeiter auf dem Schießplatz Meppen der Firma Krupp, einem der noch heute größten militärischen Übungs- und Erprobungsstandorte in Deutschland, danach in der Landwirtschaft, einige Jahre im Geschäft seines Vaters, dann wieder bei im Einzelnen nicht bekannten Arbeitsstellen als Hilfsarbeiter.

Während des Pogroms am 9. November 1938 wurde Siegmund verhaftet und fünf Monate, bis zum 12. April, im KZ Buchenwald in "Schutzhaft" gehalten. Schon bald danach muss er nach Hamburg gekommen sein. Im Frühjahr 1940 wohnte er zur Untermiete bei dem Pianisten Richard Wittkowsky und seiner Ehefrau Emmy in der Rentzelstraße 12. Seit seiner Entlassung aus Buchenwald verdiente Siegmund Fiebelmann seinen Lebensunterhalt als Tiefbauarbeiter, vermutlich in Pflichtarbeit.

Zu seinem Wechsel nach Hamburg mag beigetragen haben, dass bereits seine Schwester Elsa und sein Bruder Isidor in Hamburg lebten. Elsa Fiebelmann, die als "Kinderfräulein" arbeitete, wohnte seit 1935 im Grindelviertel. Isidor Fiebelmann, Schlachter wie sein Vater, war verheiratet mit Elfriede Hawranck, geboren 3. März 1905 in Segeberg, wohnte mit seiner Familie am Neuen Steinweg 27/28. Das Ehepaar hatte eine Tochter, Waltraud, geboren 1930 in Hamburg und den Sohn Leonhard, geboren 1936 ebenfalls in Hamburg.

Siegmund Fiebelmann und seine nichtjüdische Vermieterin Emmy Wittkowsky kamen sich im Frühjahr 1940 näher als er ihr beim Aufhängen der Wäsche half. Obwohl nach wenigen sexuellen Kontakten wieder beendet, blieb die Beziehung nicht folgenlos, wie sich einige Monate später heraus stellen sollte.

Zunächst aber heirateten Siegmund Fiebelmann und Ruth Adler, geboren am 1. Oktober 1913 in Hamburg und jüdischen Glaubens, am 25. Oktober 1940. Ruths Sohn, Dan Adler, später Dan Fiebelmann, war zu dieser Zeit 18 Monate alt. Wir wissen nicht, ob Siegmund der Vater des Jungen war. Die gemeinsame Anschrift der kleinen Familie lautete Hasselbrookstraße 154 bei Schenk (siehe dort).

Unklar ist, wie die bereits beendete kurze Beziehung zu Emmy Wittkowsky der Polizei bekannt wurde. Siegmund Fiebelmann wurde jedenfalls am 8. Mai 1941 morgens um 4 Uhr vorläufig wegen "Rassenschande" festgenommen, zunächst im Polizeigefängnis Hütten in "Polizei-Schutzhaft" inhaftiert und vier Tage später, am 12. Mai 1941, in das Untersuchungsgefängnis Hamburg-Stadt überführt.

Das Landgericht Hamburg verurteilte Siegmund Fiebelmann am 8. Juli 1941 wegen "Rassenschande" zu zwei Jahren Zuchthaus und zwei Jahren Ehrverlust. Er wurde am 18. Juli 1941 zunächst in die Haftanstalt Lingen/Ems überführt und am 24. Juli 1941 zur weiteren Strafverbüßung in das Emslandlager "Neusustrum V" überstellt. Im Emsland und der Grafschaft Bentheim bestanden insgesamt 15 Gefangenenlager zunächst für politische Häftlinge, dann auch für Strafgefangene. Das KZ Neusustrum, 1933/34 für politische "Schutzhäftlinge" eingerichtet, diente danach als Strafgefangenenlager der Reichsjustizverwaltung. Nach der Neusustrumer Haftkarteikarte sollte die Haftzeit nicht mit der Verbüßung von zwei Jahren enden, sondern erst bei Kriegsende. Dann sollte Siegmund Fiebelmann der Polizei – 23. K. – zugeführt werden. Dem lag eine Vorschrift zu Grunde, nach der die in die Zeit des Krieges fallende Vollzugszeit bei Juden nicht in die Strafzeit eingerechnet werden durfte, sondern nach dem Kriege zusätzlich hätte abgeleistet werden müssen.

Ruth Fiebelmanns Angehörigen scheint es in Hamburg nicht gut gegangen zu sein. Im September 1941 fragte seine Frau in Neusustrum an, "ob ich den Mantel meines Mannes Siegmund Israel Fiebelmann, Lager 5, Baracke 2, Nr. 85 zurück erhalten könnte. Es handelt sich um einen Wintermantel der meinem Vater, Markus Israel Adler, Neuer Steinweg 78, gehört. Derselbe benötigt den Mantel dringend zum Winter." Mit Zustimmung Siegmund Fiebelmanns wurde der Mantel am 22. September 1941 auf Ruth Fiebelmanns Kosten abgesandt.

Ein Antrag des Rechtsanwalts (jetzt als "Konsulent" bezeichnet) Walter Schüler vom 4. November 1941 im Auftrag von Ruth Fiebelmann, "für den Fall der Evacuation der Juden aus Hamburg dem Fiebelmann Bewährungsfrist zu gewähren", wurde ohne Angabe von Gründen abgelehnt. Der neun Tage nach der ersten Deportation des Jahres 1941 gestellte Antrag zeigt, dass die jüdische Bevölkerung über das ihr drohende Schicksal informiert war.

Siegmund Fiebelmann hat seine Ehefrau nicht mehr wieder gesehen. Ruth und ihr Sohn Dan wurden wie ihre Zimmervermieter Clara und Siegmund Schenk am 18. November 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Siegmund Fiebelmanns Haftzeit in Neusustrum endete am 18. Mai 1942. Er kam zurück nach Hamburg, und zwar in das Zuchthaus Fuhlsbüttel. Die Aufnahmeuntersuchung ergab, dass der 174 cm große Mann auf 51 kg abgemagert war. Weder "moorfähig" noch "aussenarbeitsfähig" noch "kommandofähig", wurde er zum Tütenkleben eingeteilt.

Isidor Fiebelmann durfte seinen Bruder am 3. Juni 1942 im Zuchthaus – vermutlich ein letztes Mal – besuchen. Ein Besuchsantrag vom 24. November 1942 blieb unbearbeitet.

Vor Ablauf seiner zweijährigen Haftzeit wurde Siegmund Fiebelmann am 10. Dezember 1942 nach Auschwitz deportiert, denn inzwischen ordnete ein Erlass an, Gefängnisse, Zuchthäuser und Konzentrationslager im "Altreich" "judenfrei" zu machen und die betreffenden Insassen ins Vernichtungslager Auschwitz zu verlegen. Einen Monat später, am 11. Januar 1943, kam er dort ums Leben.

Auch Isidor Fiebelmann überlebte den Holocaust nicht. Er wurde ebenfalls nach Auschwitz verschleppt und gelangte später nach Buchenwald. Am 9. März 1945 starb er im Lager Ohrdruf, einem Außenlager des KZ Buchenwald, das in den Wintermonaten 1944/1945 als selbstständiges Konzentrationslager geführt wurde und etwa 13 Kilometer südlich von Gotha lag. Die Häftlinge mussten umfangreiche unterirdische Tunnel- und Bunkeranlagen errichten.

Elsa Fiebelmann, die jüngste der drei Fiebelmann-Geschwister, war in den 1930er Jahren nach Hamburg gekommen, weil sie in ihrem Heimatort Meppen wiederholt Belästigungen durch Nationalsozialisten ausgesetzt war. Zuletzt wohnte sie in der Johnsallee 21. Um sich auf ein Leben in Palästina vorzubereiten, verließ sie Hamburg im April 1939 und ging auf das vom Hechaluz betriebene Lehrgut Ellguth bei Steinau in Oberschlesien. Im August 1939 floh sie aus Deutschland. Später lebte sie in New York.

Stand Februar 2014
© Ingo Wille

Quellen: 1; 4; 5; 8; 9; AB; StaH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafsachen 4986/41; 242-1 II Gefängnisverwaltung II 3842; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 36393 (Elsa Fiebelmann), http://de.wikipedia.org/wiki/KZ_Neusustrum (Zugriff am 26.2.2014); http://de.wikipedia.org/wiki/Zwangsarbeitslager_Ohrdruf (Zugriff am 26.2.2014).
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link Recherche und Quellen.

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