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Robert Abshagen * 1911

Wachtelstraße 4 (Hamburg-Nord, Barmbek-Nord)


verhaftet 1942
Untersuchungsgefängnis Hamburg
enthauptet 10.07.1944

Siehe auch:

Robert Carl Albert Abshagen, geb. 12.1.1911, hingerichtet im Untersuchungs­gefängnis Hamburg-Holstenglacis am 10.7.1944

Wachtelstraße 4

Als Sohn des Bäckergesellen Albert Abshagen und seiner Frau Adelheid, geb. Heidenreich, wuchs Robert Abshagen mit seinen drei Schwestern, Louise, Agnes und Elfriede, in einem sozialistischen Elternhaus auf. Nach dem Besuch der Ver­suchs­schule "Telemannstraße" und der Aufbauschule "Hohe Weide" bis zur Untersekunda begann Robert Abshagen eine kaufmännische Lehre. Zudem fuhr er für kurze Zeit zur See, arbeitete als Versicherungs­an­ge­stellter und auf dem Bau.

Im Jahr 1931 trat er der KPD bei, wurde ab 1932 im "Po­li­zei­zersetzungsapparat" und Nach­richtendienst der Partei eingesetzt und war ab 1933 als Funktionär des illegalen RFB ("Rot­front­kämpferbund") tätig. Im Herbst desselben Jahres wurde er deswegen erstmals in "Schutz­haft" genommen.

Ein Jahr später, im September 1934, erfolgte eine erneute Verhaftung, die Anklage lautete auf "Vorbereitung zum Hochverrat". Diesmal wurde Robert Abshagen vom Strafsenat des Ham­burger Oberlandesgerichts zu zwei Jahren und sechs Monaten Zuchthaus verurteilt, die er im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen verbüßte. Anstatt ihn anschließend zu entlassen, wurde er jedoch ins KZ Sachsenhausen überführt, wo er erstmals mit Franz Jacob und Bernhard Bäst­lein zusammentraf.

In Sachsenhausen kümmerte sich Robert Abshagen als Vorarbeiter im Häftlingsrevier um die Kranken und Geschwächten. Während dieser Zeit erlernte er auch einige medizinische Kennt­­nisse und gab sein Wissen an seine Mithäftlinge weiter. Zu Silvester 1937 wurde im Lager sein selbst komponierter Song "Hamburger Jungs" als "Äquatortaufe" aufgeführt. Im April 1939 wurde Robert Abs­hagen aus dem KZ Sachsenhausen entlassen. Trotzdem blieb er mit einigen Mit­häft­lingen in Kon­takt, so zum Beispiel mit Hein Bret­schneider und Hans Chris­tof­fers. Zu­sammen mit diesen beiden war er als Bauarbeiter bei der Wandsbeker Firma Crone tätig. Die drei Männer waren unter dem Namen "A-B-C-Ko­lonne" bekannt und mach­ten durch antinationalsozialistische Propaganda von sich reden.

Im März 1941 heiratete Robert Abs­hagen seine Verlobte Manja (Minna) Hildebrandt und zog mit ihr in die Wachtelstraße. Seit seiner Entlassung aus Sachsenhausen hatte Robert Abs­ha­gen in der elterlichen Wohnung ge­lebt. Manja Abshagen war eigentlich Schauspielerin und bis zur Saison 1933/34 am Deut­schen Schau­spiel­haus tätig gewesen. Doch ihr Ge­sund­heits­zustand, sie litt an Herz- und Kreis­laufschwäche, ließ keine weitere Erwerbstätigkeit mehr zu.

Mit dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941 setzte unter Kommu­nis­ten (nicht nur) in Hamburg im Vergleich zur Phase des Hitler-Stalin-Paktes ein Wandel ein und die illegale Arbeit wurde stark ausgeweitet. Anfang Dezember 1941 fand in der Wohnung von Robert Abshagen eine Zusammenkunft statt, die den Beginn einer neuen Wider­stands­gruppe markierte. Von da an organisierte sich die sogenannte Bästlein-Jacob-Abshagen-Gruppe unter der Führung von Bernhard Bästlein, Franz Jacob, Oskar Reincke und Robert Abs­hagen. Gemeinsam bauten sie ein Netzwerk aus sogenannten Betriebszellen in über 30 Fa­briken und Werften auf. Zudem unterhielten sie zahlreiche Kontakte zu anderen Wider­standsorganisationen in Norddeutschland und nach Berlin. Insbesondere auf den Werften von Blohm & Voss bildete sich eine große Gruppe von rund 100 Kontaktpersonen, die sich im Widerstand engagierten. Eine ihrer wichtigsten Aufgaben lag in der Unterstützung der Zwangsarbeiter und Kriegsgefangenen. Diese wurden oftmals in den Werften oder Betrieben eingesetzt und so konnte der Kontakt zu ihnen hergestellt und gesichert werden. Robert Abs­­hagen übernahm vorerst die Leitung der illegalen Betriebsgruppe in den "Vereinigten Deut­schen Metallwerken" (VDM) Groß Borstel.

Mitte des Jahres 1942 kam es zu einer größeren Flugblatt-Aktion der "Bästlein-Jacob-Abs­ha­gen-Gruppe". Nach einer Vorlage von Robert Abshagen schrieb Franz Jacob das "Merkblatt für Bauarbeiter". Es richtete sich vor allem an Hamburger Bauarbeiter, die im Frühjahr 1942 zur Dienstleistung bei Bauvorhaben der "Organisation Todt" (OT) in Norwegen und der Sow­jetunion zwangsverpflichtet worden waren. In diesem Flugblatt hieß es unter anderem "Hit­lers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg!".

Im Herbst 1942 gelang es der Staatspolizeistelle Hamburg die Widerstandsorganisation um Bernhard Bästlein, Franz Jacob und Robert Abshagen von "oben" nach "unten" aufzurollen. Einer der Gründe dafür war ein Gestapo-Spitzel, der sich in die Gruppe eingeschlichen hatte. In diesem Zusammenhang wurde Robert Abshagen am 19. Oktober 1942 erneut von der Ge­stapo inhaftiert und ins Gefängnis Fuhlsbüttel eingewiesen. Dort wurde er bei der Ver­nehmung von den Beamten schwer gefoltert, wie sein Freund Roger Fridman berichtete: "Ich denke besonders an Robert Abshagen, dessen Gesicht ich nach seinem Verhör auf der Ge­sta­po nicht mehr wieder erkennen konnte." (Ansprache auf einer Veranstaltung des Kura­toriums Ehrenhain am 19. September 1962 in Hamburg.) Zuerst wurde Robert Abshagen zu Weih­nachten aus der Einzelhaft auf den Saal II und später im März 1943 in das Unter­suchungsgefängnis Hamburg-Holstenglacis verlegt.

Bei den alliierten Bombardierungen Hamburgs im Juli 1943 wurde auch die Wohnung der Abs­hagens völlig zerstört. Manja musste daraufhin zu Robert Abshagens Eltern ziehen. Einen Monat später wurde Robert Abshagen zusammen mit Bernhard Bästlein nach Berlin-Plöt­zen­see überführt, um dort in einem Prozess gegen Martin Weise als Zeuge auszusagen. Kurze Zeit später, im November, beschuldigte die Anklage des Oberreichsanwalts des Volks­gerichtshofs Robert Abshagen, Bernhardt Bästlein, Oskar Reincke, Gustav Bruhn und Walter Bohne der "Vorbereitung zum Hochverrat" und der "Feindbegünstigung". Am 6. März 1944 begannen vor dem Hamburger Oberlandesgericht die ersten der sogenannten Hamburger Kom­mu­nis­tenprozesse, in denen auch die Anklage gegen Robert Abshagen verhandelt wurde.

Zur Hauptverhandlung wurde Robert Abshagen aus Berlin nach Hamburg zurückgeholt. Der Volksgerichtsrat Löhmann sprach am 2. Mai 1944 gegen Oskar Reincke und Robert Abs­hagen das Urteil, es lautete auf Todesstrafe durch Enthauptung. Zwei Monate später, am 10.Juli, wurde das Urteil gegen Robert Abshagen im Untersuchungsgefängnis Hamburg voll­streckt. Zu diesem Zeitpunkt waren die Mitangeklagten Gustav Bruhn und Walter Bohne bereits tot und Bernhard Bästlein aus der Haft geflohen und mit Franz Jacob im Berliner Widerstand aktiv. Noch bis kurz vor seinem Tod hielt Robert Abshagen zu seiner Frau Manja Kontakt und wurde in Berlin finanziell mit 20 RM monatlich von ihr unterstützt.

Nach seiner Hinrichtung wurden die sterblichen Überreste von Robert Abshagen an die Anatomie der Universität Kiel übergeben und dort in einem Massengrab zwischen Berufs- und Schwerverbrechern verscharrt. Im Sommer 1947 wurde seine Leiche in dem Massengrab auf dem Friedhof der Gemeinde Kronshagen gefunden und in Kiel eingeäschert. Am 14. Sep­tember 1947 wurde seine Urne während einer Gedenkkundgebung im Ehrenhain Ham­bur­ger Widerstandskämpfer auf dem Friedhof Ohlsdorf beigesetzt. Zudem wurde in der DDR ein Grenzregiment nach ihm benannt.

© Carmen Smiatacz

Quellen: StaHH 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 12.01.11 Abshagen, Robert; VVN, A2 Abshagen, Manja; Bästlein: "Hitlers Niederlage ist nicht unsere Niederlage, sondern unser Sieg!", S. 55ff., S. 65f.; Hochmuth: Nie­­mand und nichts wird vergessen, S. 18ff.; Hochmuth: Illegale KPD und Bewegung "Freies Deutschland", S. 25, S. 45f., S. 72, S. 112, S. 156, S. 164f., S. 188; Puls: Die Bästlein-Jacob-Abshagen Gruppe, S.179ff.; Sparr: Stolpersteine in Hamburg-Winterhude, S. 46f.; Suhlig: Der unbekannte Widerstand, S.38f., S.160f., S. 177; Weber/Herbst: Deutsche Kommunisten, S. 51f.

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