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Rosa Hillelsohn (geborene Ascher) * 1892
Bei der Johanniskirche 5 (Altona, Altona-Altstadt)
1941 Minsk
ermordet
Weitere Stolpersteine in Bei der Johanniskirche 5:
Wolfgang David Hillelsohn
Rosa Hillelsohn, geb. Ascher, geb. am 7.10.1892, deportiert nach Minsk am 18.11.1941, ermordet
Wolfgang David Hillelsohn, geb. am 3.1.1927, deportiert nach Minsk am 18.11.1941, ermordet
Rosa Hillelsohn wurde am 7. Oktober 1892 als Tochter von Paul und Selma Ascher, geb. Gerson, in Dahlenwarsleben bei Wolmirstedt in Sachsen geboren. Mit Ihrem Ehemann Isaak Ruben Hillelsohn, geboren am 24. April 1887 im ostpreußischen Johannisburg, lebte sie zunächst in Königsberg, wo am 11. Dezember 1914 der Sohn Kurt Joel geboren wurde. Der zweite Sohn Georg Samuel kam am 21. Oktober 1919 in Amsterdam zur Welt.
Isaak Ruben Hillelsohn war Kaufmann im Ex- und Import-Geschäft mit Lebensmitteln, das er möglicherweise auch in Amsterdam betrieb. Um 1922 zog die Familie nach Altona in eine Wohnung im zweiten Stock des Hauses Bei der Johanniskirche 5 in Altona-Nord. Im Viertel um die Johanniskirche, einer gutbürgerlichen Wohngegend, lebten viele Gewerbetreibende und Kaufleute aus dem Mittelstand, aber auch Ärzte und Rechtanwälte aus dem gehobenen Bürgertum. Jüdische Einwanderer aus Osteuropa bildeten eine dritte soziale Gruppe.
Anfang 1923 meldete Isaak Ruben Hillelsohn als Kaufmann den Großhandel mit Getreide- und Futtermitteln über die Firma Rolf Busse in der Langereihe 108 in Hamburg (heute Lange Reihe) als Gewerbe an. Später arbeitete er als kaufmännischer Angestellter im Getreidemaklerbetrieb Klapp und Ganzel in der Fischertwiete in Hamburg. 1926 wurde die Firma Hillelsohn & Co "Maklergeschäfte in Hülsenfrüchten, Saaten und sämtlichen übrigen Landesprodukten" ins Handelsregister eingetragen; Inhaber waren beide Ehepartner. Das Büro befand sich in der Grimmstraße 12, dann in der Eimsbüttelerstraße 36 a in Hamburg, wo Familie Hillelsohn ab Mitte der 1920er Jahre wohnte.
Am 3. Januar 1927 kam der jüngste Sohn Wolfgang David in Altona zur Welt. Rosa Hillelsohn widmete sich als Hausfrau dem Familienleben. Zudem war sie Vorsitzende des Elternbeirates der Israelitischen Gemeindeschule Altona.
Infolge der Wirtschaftskrise seit 1929 liefen Isaak Ruben Hillelsohns Geschäfte schlecht. Seit Januar 1933 verzeichnete er zudem Einbußen dadurch, dass auf Grund des Boykotts jüdischer Unternehmen die nichtjüdische Kundschaft nicht mehr bei ihm kaufte und die jüdische Kundschaft unter Geldmangel litt oder die Auswanderung vorbereitete. 1934 wurde die Firma aus dem Handelsregister gelöscht.
Am 11. September 1936 verstarb Isaak Ruben Hillelsohn und wurde auf dem Friedhof Bahrenfeld am Bornkampsweg bestattet. Ab 1937 ist Familie Hillelsohn im Adressbuch mit Wohnung im ersten Stock des Hauses Wohlersallee 58 (heute Wohlers Allee) verzeichnet.
Die Wohlersallee war ein Zentrum des Altonaer jüdischen Lebens, Wohngebiet der etwa seit der Jahrhundertwende immigrierten "Ostjuden" mit zwei eigenen kleinen "Polensynagogen". Als gemeinsames Projekt der Altonaer und der Hamburger Jüdischen Gemeinde entstand in den 1920er Jahren in der Wohlersallee 58/58 a das "Volksheim" mit Kindergarten und Nachmittagshort für Schulkinder, mit Mütterberatungsstelle, Bademöglichkeiten und Bibliothek.
Nachdem das Kindertagesheim 1936 in die Grüne Straße 5 verlegt worden war, wohnten auf den drei Etagen das Ehepaar Friedemann, die Familien Hillelsohn und Streit.
Kurt Hillelsohn hatte die jüdische Volksschule, später die Höhere Schule bis zum Abschluss der Einjährigen Freiwilligen Reife besucht. Ab Frühjahr 1930 absolvierte er eine Lehre bei der Firma "A.G. für Waren- und Produktenhandel" in Hamburg und blieb dort bis Ende 1932 als Handlungsgehilfe beschäftigt. Anschließend war er als Angestellter bei der "Deutschen Produkten A.G." in Berlin tätig, bis die Firma Anfang November 1933 liquidiert wurde und er seine Stellung verlor. Zurück in Hamburg arbeitete er bei der Cohaco, der Continentalen Handelscompagnie Koch & Co, Import. Nach dem Tod des Vaters übernahm er dessen Geschäft: Vertretungen für Lebensmittelgroßhandlungen im Ex- und Import. Zuletzt wohnte er bei seiner Mutter in der Wohlersallee. Im November 1938 wanderte Kurt Hillelsohn mit seiner Braut Rosa Gerson und deren Tochter Elfriede in die USA aus. In seinem Umzugsgut verzeichnete er unter anderem einen silbernen achtarmigen Leuchter, den er und seine Braut zur Verlobung geschenkt bekommen hatten.
Georg Samuel Hillelsohn arbeitete als kaufmännischer Angestellter im Großhandel für Feld- und Industriebahnen und wohnte ebenfalls in der Wohlersallee 58 bei seiner Mutter. Er folgte seinem Bruder Kurt, der nun in New York lebte, und emigrierte im Januar 1939 in die USA.
Auch Rosa Hillelsohn wollte offenbar zusammen mit ihrem jüngsten Sohn Wolfgang David auswandern. Am 30. Mai 1941 meldete die Überwachungsabteilung der Devisenstelle beim Oberfinanzpräsidenten Hannover der Devisenstelle Hamburg, dass Helene Winter ihrer Kusine Rosa Hillelsohn in der Wohlersallee 58 bis zu deren Auswanderung in etwa einem Jahr eine monatliche Unterstützung von 75 Reichsmark (RM) zahle. Daraufhin überprüfte die Devisenstelle die Vermögensverhältnisse. Rosa Hillelsohn gab an, dass bei ihr zwei jugendliche Pensionäre wohnten, die ein Kostgeld von je 50 RM zahlten, sowie eine weitere, nur zu beköstigende Person, von der sie 30 RM im Monat erhielt. Insgesamt seien in ihrem Haushalt fünf Personen zu unterhalten. Sie selbst bekomme ab und zu Unterstützung von den Söhnen und Verwandten. Die Auswanderung ließ sich nicht realisieren.
Am 18. November 1941 wurde Rosa Hillelsohn zusammen mit ihrem vierzehnjährigen Sohn Wolfgang David aus dem "Judenhaus" Wohlersallee 58 abtransportiert; in der Hausmeldekartei wurde in der Rubrik "Verzogen nach" verzeichnet: "18.11.41 Polen evakuiert".
Tatsächlich war das Deportationsziel Minsk im deutsch besetzten Weißrussland. Von den 407 Menschen, die an diesem Tag ins Minsker Getto verbracht wurden, überlebten nur vier. Die Neuankömmlinge aus dem Deutschen Reich arbeiteten in Werkstätten, Lazaretts oder bei Außenkommandos. Während der Massaker am 8. Mai 1943 bzw. bei der Auflösung des Gettos am 14. September 1943 wurden fast alle, die Hunger, Kälte und Infektionskrankheiten in den letzten eineinhalb Jahren überlebt hatten, erschossen bzw. in Gaswagen ermordet. Auch Rosa und Wolfgang David Hillelsohn kehrten nie zurück.
1942 musste die "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" das Haus Wohlersallee 58 der Stadt Hamburg überlassen. 1996 eröffnete in dem Haus erneut eine Kindertagesstätte.
Stand September 2015
© Birgit Gewehr
Quellen: 1; 2 (F 1057, Hillelsohn, Georg Samuel; F 1057 Hillelsohn, Georg Samuel; R 1941/112 Hillelsohn, Rosa; FVg 3464, Hillelsohn, Kurt; R 1941/112 Hillelsohn, Rosa); 4; 5; 8; AB Altona und Hamburg; StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 39691 (Hillelsohn, Kurt); StaH 332-8 Meldewesen A51/1 (Straßenkartei der Hauskartei, Wohlersallee 58); Datenbank des American Jewish Joint Distribution Committee, www.jewishgen.org, Zugriff 8.11.13; Gillis-Carlebach, Israelitische Gemeindeschule Altona, S. 124; Michelsen, Gedenkraum Wohlersallee.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".