Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Carl Arthur Jaffé * 1915

Klopstockterrasse 4 (Altona, Ottensen)

1941 Lodz
ermordet 01.03.1942

Weitere Stolpersteine in Klopstockterrasse 4:
Paula Jaffé, Paul Friedrich Jaffé

Carl Arthur Jaffé, geb. am 26.11.1915, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, verstorben am 1.3.1942
Paul Friedrich Jaffé, geb. am 21.11.1911, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, deportiert am 10.5.1942 nach Chelmno, dort ermordet
Paula Jaffé, geb. Marcus, geb. am 24.7.1884, deportiert am 25.10.1941 nach Lodz, dort verstorben

Klopstockterrasse 4

Auf der Deportationsliste von Hamburg nach "Litzmannstadt" am 25. Oktober 1941 finden sich unter den Transportnummern 324 bis 326 die Familienmitglieder Carl Arthur, Paul Friedrich (oder Friedrich Paul) und Paula Jaffé. Bis zu ihrer Deportation hatte die Mutter zusammen mit den beiden Söhnen in Ottensen in der Klopstockterrasse 4 gelebt.

Das Ehepaar Paul und Paula Jaffé, geb. Marcus, wohnte zunächst in der Arnoldstraße 17 in Ottensen. Paula Jaffé, geboren am 24. Juli 1884 als Tochter von Paul und Helene Marcus, war sechs Jahre jünger als ihr Mann, Sohn des Kaufmanns Ludwig Salomo Jaffé, der als Ingenieur bei einer Parkett- und Möbelfabrik in der nahe gelegenen Donnerstraße 10 tätig war. Das Ehepaar hatte drei Söhne, die alle in Altona geboren wurden: Am 17. Juli 1910 kam Kurt zur Welt, am 21. November 1911 Friedrich Paul und am 26. November 1915 Carl Arthur. Ab 1913 lebte die Familie in die Flottbeker Chaussee 40 (heute Elbchaussee). 1925 bezogen die Jaffés ein eigenes Haus in der Klopstockterrasse 4 in der beliebten gutbürgerlichen Wohngegend am Elbhang in Altona-Ottensen. Jaffés lebten religiös und feierten die jüdischen Feste. So wurde im Hof des Hauses eine Laubhütte errichtet, in der die jüdische Familie das traditionelle siebentägige Laubhüttenfest, hebräisch Sukkot, feierte. Die Hütte mit dem laubgedeckten Dach stand als Symbol für die provisorischen Behausungen während der vierzigjährigen Wanderschaft in der Wüste nach der Befreiung des jüdischen Volkes aus ägyptischer Gefangenschaft.

Sohn Paul Friedrich absolvierte von 1932 bis 1935 eine Lehre als Handlungsgehilfe bei Emil Mengers in Hamburg im Loogestieg 21. Carl machte eine Lehre als "Kontorist" bzw. Buchhalter bei Frankfurter & Liebermann, einer Import-Export-Firma in der Lenhartzstraße in Hamburg.

1933 verzeichnete das Adressbuch Altona für Paul Jaffé den Berufseintrag "Möbelvertretungen". Am 14. Februar 1938 verstarb er an den Folgen einer Lungenentzündung.

Inzwischen war es für Menschen jüdischer Herkunft kaum noch möglich, ihren Berufen nachzugehen oder Arbeit zu finden. Der Druck auszuwandern verstärkte sich. Dem Sohn Kurt Jaffé gelang es, nach Australien zu emigrieren. Paul Jaffés Schwester Vera Spickernagel, verwitwete Falk, wanderte über England in die USA aus, wohin auch Paul Jaffés Bruder Georg emigrierte.

Möglicherweise trug sich auch Paula Jaffé einen Monat nach dem Novemberpogrom, das eine weitere Emigrationswelle auslöste, mit Auswanderungsplänen. "Die Witwe Paula Jaffé … steht in Verdacht, ins Ausland zu gehen", teilte das Finanzamt Hamburg-Altona am 16. Dezember 1938 der Gestapo Hamburg-Altona mit. Paula Jaffé war wohlhabend. In ihrem Besitz befanden sich das Haus Klopstockterrasse 4 und zu je drei Achteln Grundstücke in der Eggersallee 9 und im Hohenzollernring 10. Außerdem besaß sie Wertpapiere im Depot bei der Warburg-Bank und ein Sparkonto bei der Altonaer Sparkasse, Zweigstelle Große Rainstraße.

Damit geriet sie ins Visier der Behörde des Oberfinanzpräsidenten, die sich das Vermögen wohlhabender Juden und Jüdinnen zugunsten des Deutschen Reiches anzueignen suchte. Der Grund für den Verdacht der "Auslandsflucht" bestand darin, dass die Witwe Paula Jaffé gemeinsam mit ihrer Mutter, der Witwe Helene Marcus, geb. Frank, und ihrer Schwester Edith Marcus, beide wohnhaft in der Eggersallee 9, am 7. Dezember 1938 das unbebaute Grundstück Hohenzollernring 10 verkauft hatten. Paula Jaffé wurde zur Devisenstelle vorgeladen und erklärte dort im Januar 1939, dass die Grundstücke Hohenzollernring und Eggersallee verkauft werden sollten und sie sich mit dem Gedanken trage, auch das unbelastete Grundstück Klopstockterrasse 4 zu verkaufen.

Mit Datum vom 12. Dezember 1938 erließ die Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten eine "Sicherungsanordnung": Über ihr Grundstück Klopstockterrasse, ihr Wertpapierdepot, ihr Sparkassenkonto sowie über den Verkaufserlös aus den Grundstücken Hohenzollernring und Eggersallee durfte Paula Jaffé nur noch mit Genehmigung der Devisenstelle verfügen.

Im Januar 1939 veräußerten sie, ihre Mutter und ihre Schwester auch das Grundstück Eggers-allee 9. Im Mai desselben Jahres verkaufte Paula Jaffé das Grundstück Klopstockterrasse 4 an die Hansestadt Hamburg für 10.500 Reichsmark (RM) und trat gleichzeitig in ein Mietverhältnis ein. Sie wohnte nun im ersten Stock des Hauses. Der Verkaufserlös musste auf das gesperrte Konto bei der Altonaer Sparkasse von 1799 überwiesen werden.

Im Juli 1939 beantragte Paula Jaffé bei der Devisenstelle, ihr und ihren beiden Söhnen von ihrem Guthaben bei der Altonaer Sparkasse nach Eingang der Kaufsumme für das Haus Klopstockterrasse 500 RM monatlich zum Lebensunterhalt zu bewilligen. Die Summe wurde genehmigt. Zwei Monate später musste sie erneut ihre Vermögensverhältnisse offenlegen und Bedarf anmelden, die monatliche Freigrenze wurde neu bemessen. Sie gab Ausgaben für eine Hausangestellte und 100 RM monatliche Zuwendungen für ihre in Not geratene 82-jährige Mutter und ihre Schwester an. Bewilligt wurden ihr jedoch nur noch 300 RM im Monat zum Lebensunterhalt.

Am 25. Oktober 1941 wurde Paula Jaffé gemeinsam mit ihren erwachsenen Söhnen Carl Arthur und Paul Friedrich ins Getto Lodz im deutsch besetzten Polen deportiert. Ihr Vermögen wurde zu Gunsten des Deutschen Reichs eingezogen.

Im Getto wurde die Familie Jaffé in der Richterstraße 11, Wohnung 3, einquartiert. Die Gettobewohner hausten in Holzhütten ohne Wasser- und Abwasserleitungen. Sie litten unter Hunger, Kälte und Infektionskrankheiten. Die meisten Bewohner mussten in Textilproduktionsstätten vor allem für die Wehrmacht arbeiten. Von den 1034 Hamburgern und Hamburgerinnen aus dem Transport vom 25. Oktober 1941 überlebten weniger als zwanzig Menschen.

Paula Jaffé kam in Lodz ums Leben, ihr Todesdatum ist unbekannt. Carl Jaffé starb am 1. März 1942 im Getto. Paul Friedrich Jaffé wurde am 10. Mai 1942 nach Chelmno weiterdeportiert. In diesem 70 km von Lodz entfernten ersten Vernichtungslager wurden die Häftlinge des Gettos am Ende einer Rampe in dafür umgerüsteten Lastwagen mit Gas erstickt. Auch Paul Friedrich Jaffé wurde in Chelmno ermordet.

Stand September 2015

© Birgit Gewehr

Quellen: 1; 2 (R 1939/20, Paula Jaffé); 4; 5; 8; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden, 992 e 1 Band 1 (Deportationsliste Litzmannstadt, 25.10.1941); StaH 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 3290 (Spickernagel, Vera); Auskunft von Johann-Hinrich Möller und der Stolperstein Initiative Hamburg; AB Altona.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang