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Hanni Gumprecht * 1927

Wilstorfer Straße 43 (Harburg, Harburg)


HIER WOHNTE
HANNI GUMPRECHT
JG. 1927
DEPORTIERT 1941
RIGA
ERMORDET
STUTTHOF

Weitere Stolpersteine in Wilstorfer Straße 43:
Elfriede Gumprecht

Elfriede Gumprecht, geb. Süßkind, geb. am 26.12.1888 in Hamburg, deportiert nach Riga am 6.12.1941, Tod im KZ Stutthof am 2.1.1945
Hanni Gumprecht, geb. am 25.3.1927 in Goslar, deportiert nach Riga am 6.12.1941, verlegt ins KZ Stutthof, Todesdatum unbekannt

Stadtteil Harburg-Altstadt, Wilstorfer Straße 43

Elfriede Süßkind war das älteste Kind des jüdischen Ehepaares Isaak (geb. 2.11.1860) und Hulda Süßkind, geb Schlachcic, (geb. 31.8.1865) aus St. Georg. Ihre Geschwister Gertrud (geb. 15.4.1890) und Walter (geb. 21.11.1894) waren zwei bzw. sechs Jahre jünger als sie.

Elfriede heiratete am 22. Oktober 1909 den kaufmännischen Vertreter John Gumprecht (geb. 9.7.1880). Das Glück der Eheleute währte jedoch nicht lange. John Gumprecht nahm als Landsturmmann am Ersten Weltkrieg teil und wurde in der Schlacht von Priesterwald in Lothringen so schwer verwundet, dass er kurz danach an seinem 35. Geburtstag, dem 9. Juli 1915, im Feldlazarett Noveant starb.

Die Witwe konnte das Geschäft, das ihr Mann geführt hatte, nicht halten und fand danach eine Anstellung als Bürokraft bei der Hamburger Polizeibehörde. Im August 1924 verlegte sie ihren Wohnsitz nach Harburg und schloss sich der dortigen Jüdischen Gemeinde an. Am 25. März 1927 schenkte sie einer Tochter das Leben. Ihr Geburtsort war Goslar, ihr Name Hanni Gumprecht. Über ihren Vater Walter Epstein ist weiter nichts bekannt. Das Mädchen wuchs bei der Mutter in Harburg auf.

Am 1. August 1929 eröffnete Elfriede Gumprecht in der Wilstorfer Straße 39 in Harburg ein Lampengeschäft, mit dem sie offenbar eine Marktlücke aufgetan hatte. Der Umsatz übertraf bald alle Erwartungen und erlaubte es ihr, nur wenige Monate später in der Wilstorfer Straße 43 eine elegante 6-Zimmer-Wohnung, um die sich eine Haushälterin kümmerte, zu beziehen.

An dieser positiven Bilanz änderte sich nach 1933 offenbar zunächst wenig. Trotz vieler antijüdischer Maßnahmen und Kampagnen, die auch in Harburg das öffentliche Leben vergifteten, konnte Elfriede Gumprecht dem zuständigen Finanzamt in den ersten Jahren noch steigende Gewerbeerträge melden.

Als jüdische Einzelhändler im Frühjahr 1938 durch viele Bestimmungen und Verordnungen aber immer stärker aus dem Wirtschaftsleben verdrängt wurden, musste auch Elfriede Gumprecht ihr Geschäft in der Wilstorfer Straße aufgeben und weit unter Wert an einen "arischen" Interessenten verkaufen. Die Geschäftsaufgabe hatte tiefgreifende Veränderungen ihres Lebensstils zur Folge.

Aus finanziellen Gründen musste sie ihre große Privatwohnung in der Wilstorfer Straße bald gegen eine wesentlich kleinere in der Parkallee 6 in Hamburg eintauschen und dabei einen großen Teil ihrer Möbel und ihres Hausstands zu ungünstigen Bedingungen veräußern. Ihren Lebensunterhalt bestritt sie in den folgenden Monaten von den Ersparnissen, über die sie auf Grund einer Anordnung der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten jedoch nicht frei verfügen konnte – abgesehen von einem festgesetzten Freibetrag zur Abdeckung der allernotwendigsten Ausgaben. Jeder Antrag auf zusätzliche Zahlungsleistungen musste ausführlich begründet und gesondert eingereicht werden, wie z. B. die schriftliche Bitte Elfriede Gumprechts um Freigabe eines Betrags von 31,20 RM zeigt: Im Februar 1940 war sie bei einer Außentemperatur von –40 Grad Cel­sius für drei Tage in ein Hotel ausgewichen, weil sie es mit ihrer Tochter in der ungeheizten Privatwohnung nicht mehr aushalten konnte. Mit ihren Ersparnissen unterstützte die alleinerziehende Mutter auch noch ihre Eltern. Monatlich ließ sie ihnen über die Wohlfahrtsstelle der "Reichsvereinigung der Juden in Deutschland" einen Betrag von 45 RM zukommen. Die Sorge um das weitere Schicksal dieser beiden alten Menschen und die strengen Auflagen der Oberfinanzbehörde könnten Elfriede Gumprecht davon abgehalten haben, Anfang 1939 dem Beispiel ihrer Geschwister zu folgen und Deutschland zu verlassen.

Nach dem gesetzlichen Ausschluss jüdischer Schülerinnen und Schüler von allen öffentlichen Schulen wechselte Hanni Gumprecht von der Harburger Oberschule für Mädchen am Soldatenfriedhof an die Israelitische Töchterschule in Hamburg.

Ab September 1941 musste sie ebenso wie ihre Mutter in der Öffentlichkeit den "Gelben Stern" tragen. Drei Monate später erhielten beide von der Hamburger Gestapo den Befehl, sich pünktlich an der vorgeschriebenen Sammelstelle in der Moorweidenstraße für die "Evakuierung" am 6. Dezember 1941 nach Riga einzufinden.

Der Hamburger Transport mit Elfriede und Hanni Gumprecht endete nach einer dreitägigen Fahrt an dem außerhalb des eigentlichen Zielortes gelegenen Güterbahnhof Skirotava, da die "Säuberung" des Rigaer Gettos, d. h. die Erschießung all seiner einheimischen Bewohnerinnen und Bewohner, bei der Ankunft des Zuges noch nicht ganz abgeschlossen war und die vorgesehenen Unterkünfte nicht frei waren. Aus diesem Grunde wurden die 753 Hamburger Jüdinnen und Juden in das 1,5 km entfernte Lager Jungfernhof getrieben, wo vor ihnen bereits über 3000 Deportierte aus Nürnberg, Stuttgart und Wien eingetroffen waren. Den furchtbaren Lebensbedingungen, denen sie an diesem Ort ausgesetzt waren, fielen bereits in den folgenden Wochen mehr als 800 Menschen zum Opfer. Ihre Zahl erhöhte sich in der Folgezeit fortlaufend. Elfriede und Hanni Gumprecht entgingen den zahlreichen Erschießungsaktionen der anschließenden Jahre, weil sie offenbar stets für noch arbeitsfähig gehalten wurden. Nach der Räumung des Gettos und der Konzentrationslager im Raum Riga im Sommer 1944, als die Rote Armee Lettland erreichte, wurden die beiden Frauen mit einer großen Gruppe anderer Leidensgefährtinnen per Schiff nach Gotenhafen (heute: Gdynia) und von dort in das KZ Stutthof gebracht, das auf solch einen Zustrom in keiner Weise vorbereitet war.

In diesem Konzentrationslager bei Danzig endete das kurze Leben Hanni Gumprechts. Das genaue Datum und die näheren Umstände ihres Todes sind ungeklärt. Ihre Mutter verstarb am 2. Januar 1945.

© Klaus Möller

Quellen: 1; 2 (R 1939/423); 4; 5; 6; 8; StaH, 351-11, AfW, Abl. 2008/1, 261288, neu: 10877, Adressbuch Harburg 1935; Angrick/Klein, "Endlösung", S. 185ff.; Brämer, Carlebach, S. 177ff.; Gillis-Carlebach, Einzi­ges, S. 322ff.; Ephraim-Carlebach-Sitftung (Hrsg.), Carlebachs, S. 78ff.; Katz, Erinnerungen.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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