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Bereits verlegte Stolpersteine



Julius Bähr * 1874

Rappstraße 16 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Riga

Weitere Stolpersteine in Rappstraße 16:
Max Fleischhauer, Sohn von Hermann und Lydia Hoffmann, Hermann Hoffmann, Lydia Hoffmann, Esther Levy, Ottilie Robertsohn, Ida Rosenberg

Bähr Julius, geb. 5.2.1874, deportiert am 6.12.1941 nach Riga

Der Gemüsehändler lebte bereits vor der NS-Zeit im Grindelgebiet. Er wohnte mit seiner Ehefrau Bertha und den sechs Kindern Theodor, Edgar, Max, Walter, Paula und Lilly in der Dillstraße und der Rutschbahn, bevor sie in eine 3-Zimmer-Wohnung in der Rappstraße 16 zogen. Im Keller der Mietshäuser Dill- und Rappstraße betrieb Julius B. jeweils einen kleinen Gemüseladen, und er hatte bis 1936 vor dem Haus Grindelallee 72 einen Gemüsestand angemeldet. Sein Einkommen reichte oft nicht aus, die Familie zu ernähren, zumal er aus gesundheitlichen Gründen während der kalten Jahreszeit den Straßenverkauf einstellen mußte.

So erhielt Bertha B. schon 1914 zeitweise Wohlfahrtsunterstützung, als Julius B. während des Ersten Weltkrieges eingezogen war, und später immer wieder, wenn das Einkommen zu knapp war, die vielköpfige Familie zu ernähren. Die zuständigen Fürsorger (Pfleger) hoben bei jedem Besuch die tadellose Ordnung im Haushalt hervor und befürworteten meist die Anträge: Da die Familie die Speisegesetze einhielt, bewilligte das Amt die Behandlung im Israelitischen Krankenhaus, oder es übernahm die Kosten für einen halbjährigen Kurs, den Sohn Theodor an der landwirtschaftlichen Siedlerschule der Israelitischen Gemeinde in Blankenese absolvieren wollte. Er könne dann, so hoffte der Beamte, "im Ausland Arbeit finden und sich selber helfen". Nach diesem Kurs ging Theodor nach Paris, wo sein Bruder lebte, kehrte aber zurück, nachdem seine Mutter 1934 gestorben war.

1935/36 arbeitete Paula im Damenkonfektionshaus Robinson, Lilly als Verkäuferin bei Karstadt und dann in der Fa. L. Wegner, Edgar als Kontorist bei einem Hausmakler, Max als Verkäufer im Kaufhaus Hoheluft und Walter bei einer unbekannten Firma als Bote. Doch diese finanziell abgesicherte Zeit endete im November 1938. Max, während des Novemberpogroms verhaftet, saß bis zum 11. Januar 1939 im Konzentrationslager Sachsenhausen ein. Danach mußte er sich arbeitslos melden.

Auch Paula verlor Anfang 1939 nach 13jähriger Tätigkeit ihre Stelle bei Robinsohn, nachdem das Unternehmen "arisiert" worden war. Von ihrer Abfindung von RM 250 lebte die Familie zunächst, denn diese wurde auf die Unterstützung angerechnet.

Die Söhne Walter und Theodor waren bereits nach Rhodesien bzw. Argentinien emigriert. Jetzt beschleunigten die anderen ihre Ausreise: Tochter Paula wanderte mit der Unterstützung des Hilfsvereins der Juden in Deutschland nach London aus, wo sie den dortigen Mangelberuf der Krankenschwester erlernen wollte (1953 arbeitete sie dort wieder als Verkäuferin).

Ihr Bruder Edgar ging nach Argentinien, Lilly nach Südafrika. Zurück blieb der Vater, er wurde aus der Rappstr. 16 deportiert. Das Hamburger Adreßbuch wies "J. Israel Bähr" noch 1942 dort aus, als er längst in Riga ermordet worden war. Später erklärte das Amtsgericht ihn auf den 9. Mai 1945 für tot.

© Beate Meyer

Quellen: StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992b, Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg; Adreßbücher 1938, 1942; Wolfgang Scheffler/Diana Schulle (Hrsg.), Buch der Erinnerung. Die ins Baltikum deportierten deutschen, österreichischen und tschechoslowakischen Juden, Bd. II, München 2003; Amt f. Wiedergutmachung 0502 74; Hamburger jüdische Opfer des Nationalsozialismus. Gedenkbuch, Hamburg 1995.

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