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Karl-Heinz Hitz * 1925
Graudenzer Weg 19 (Hamburg-Nord, Dulsberg)
HIER WOHNTE
KARL-HEINZ HITZ
JG. 1925
EINGEWIESEN 10.8.1943
’HEILANSTALT’
MAINKOFEN
ERMORDET 23.1.1945
Karl-Heinz Hitz, geb. am 30.7.1925 in Hamburg, zu Tode gekommen am 23.1.1945 in der Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen
Graudenzer Weg 19
Karl-Heinz Hitz war das einzige Kind des Elektrikers Karl Hitz und seiner Ehefrau Auguste. Er war seit seiner besonders schwierigen Geburt geistig und körperlich behindert. Mit fast zehn Jahren kam Karl-Heinz in die damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute: Evangelische Stiftung Alsterdorf).
Seine Eltern waren sehr um Karl-Heinz besorgt. Sie bemühten sich immer wieder um Urlaub für ihn und besuchten ihn oft in Alsterdorf. Am 19. Januar 1942 schrieb Karl-Heinz’ Vater einen Brief an den Leiter der Alsterdorfer Anstalten, Pastor Lensch:
"Sehr geehrter Herr Pastor!
Uns ist bekannt geworden, daß eine Anzahl Kranker aus den Alsterdorfer Anstalten nach auswärts verschickt werden wird. Nun sind wir dauernd in Sorge um unseren Jungen, daß ihn das gleiche Los trifft. Da er unser einzigstes (sic) Kind ist und wir sehr an ihm hängen, wäre es uns überaus schmerzlich, eine solche Trennung zu ertragen. Da wir ihn regelmäßig besuchen und ihn auch nach Hause kommen lassen, wäre es gar nicht auszudenken, wenn dieses nicht mehr sein sollte.
Wenn der Fall noch einmal eintreten sollte, daß Kranke verschickt werden und unglücklicherweise unser Karl-Heinz darunter ist, so möchten wir Sie, Herr Pastor, herzlichst bitten, sich dafür einzusetzen, daß unser Junge hier bleibt, denn anderenfalls würden wir nebst dem Jungen todunglücklich werden."
Die Antwort kann eher als eine Bestätigung der Befürchtungen der Eltern denn als Beruhigung verstanden werden. Pastor Lensch schrieb postwendend am 22. Januar 1942:
"Auf Ihr Schreiben vom 19.1.1942 teilen wir Ihnen mit, daß unseres Wissens weitere Verlegungen aus unserer Anstalt nicht geplant sind und wir Ihnen rechtzeitig Meldung machen würden, wenn wir von solchen Absichten hören. Seien Sie versichert, daß wir tun was in unseren Kräften steht um eine Trennung unserer Kranken von den Eltern abzuwenden. Doch muß man, angesichts der außerordentlichen Raumnot für die Maßnahmen der Behörden, die gezwungen sind, in den überbelegten Anstalten Hamburgs Raum zu schaffen, Verständnis haben."
Die Befürchtung des Vaters war begründet. Anfang 1942 hatte sich herumgesprochen, dass Patientinnen und Patienten aus den damaligen Alsterdorfer Anstalten möglicherweise in andere Anstalten außerhalb Hamburgs verlegt werden sollten. Bereits im Juli und August 1941 waren insgesamt 90 Bewohnerinnen und Bewohner aus Alsterdorf mit Bussen der GeKraT abgeholt und zunächst in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn gebracht worden.
Die "Gemeinnützige Krankentransport GmbH" (GeKraT) hatte die Aufgabe, die Opfer in Zwischen- beziehungsweise Tötungsanstalten zu verlegen.
Wie man heute weiß, wurden fast alle "Alsterdorfer" im November 1941 von Langenhorn aus in die "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" bei Gnesen/Gniezno im besetzten Polen weiterdeportiert und dort getötet.
Die Intervention von Karl-Heinz‘ Vater konnte nicht verhindern, dass der inzwischen Achtzehnjährige eineinhalb Jahre später ohne Wissen der Eltern aus Hamburg abtransportiert wurde. Die Anstalt tat nichts, um die Trennung des Jungen von den Eltern abzuwenden. In der Beurteilung durch den Oberarzt Kreyenberg hieß es: "Es besteht bei ihm ein Schwachsinn erheblichen Grades ohne Sprachvermögen. Wegen seiner körperlichen Behinderung muß er vollständig besorgt werden. Er näßt nachts immer ein, auch muß er gefüttert werden, da eine erhebliche Athetose [besondere Bewegungslähmung] besonders der Hände besteht."
Damit war das klinische Urteil gesprochen. Der gerade 18-jährige Karl-Heinz Hitz wurde am 10. August 1943 nach Mainkofen verlegt. Die "Heil- und Pflegeanstalt Mainkofen" in Niederbayern war zumindest in die Abwicklung der letzten Phase der "Euthanasie"-Aktionen einbezogen. Am 23. Januar 1945 starb Karl-Heinz Hitz dort im Alter von 20 Jahren, angeblich an Lungenentzündung.
© Ingo Wille
Quellen: Evang. Stiftung Alsterdorf, Patientenakten der Alsterdorfer Anstalten, V405 (Karl Heinz Hitz); Michael Wunder/Ingrid Genkel/Harald Jenner, "Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr". Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Hamburg 1987, S. 205f.; Michael Wunder "Ausgesuchte, abgelaufene, sekundäre Demenzen …", in: "Verachtet, Verfolgt, Vernichtet", Projektgruppe für die vergessenen Opfer des NS-Regimes in Hamburg (Hrsg.), Hamburg 1986, S. 88.