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Hedwig Blum (geborene Abeles) * 1871
Onckenstraße 16 (Altona, Groß Flottbek)
HIER WOHNTE
HEDWIG BLUM
GEB. ABELES
JG. 1871
GEDEMÜTIGT / ENTRECHTET
FLUCHT IN DEN TOD
9.12.1941
Hedwig Blum, geb. Abeles, geb. 15.5.1871 in Prag, Flucht in den Tod, 9.12.1941
Onckenstraße 16 (früher Fritz-Reuter-Straße 16)
Am 9. Dezember 1941 teilte der Student Heinz-Hugo Schmidt der Polizei mit, dass er seine Tante erhängt im Schlafzimmer vorgefunden habe. Sie hatte sich im Alter von 70 Jahren das Leben genommen.
Hedwig Abeles war am 15. Mai 1871 in Prag als eines von drei Kindern des jüdischen Ehepaares Simon Abeles und Hedwig Abeles geb. Stößeles geboren worden. Über ihre Kindheit, Jugend, Ausbildung und die ihrer Geschwister wissen wir nichts. Es ist lediglich bekannt, dass ihr Bruder Robert, geb. 15. Juni 1874 in Prag, am 15. September 1898 in Berlin Lucia Theodora Cornelia Avellis geheiratet hatte (er verstarb 1931).
Hedwig heiratete am 24.September 1893 in Neapel Gabriel Georg Blum.
Hedwigs Ehemann Gabriel Georg Blum war am 1. April 1857 als Kind des jüdischen Ehepaares Salomon Blum und Pally Porges in Hamburg geboren worden. Sein Vater hatte als Kaufmann gearbeitet, doch womit er handelte, wissen wir nicht. Gabriels Eltern hatten noch fünf weitere Kinder bekommen, die ebenfalls in Hamburg geboren wurden: Auguste, geb. 8. Juni 1856, Henriette,geb. 16. Mai 1859, Barthold, geb. 9. September 1860, Rosalie,geb. 6. Oktober 1864 und Henry, geb. 11. März 1867. Die Mutter war am 9. Dezember 1895 und der Vater am 24. Dezember 1915 verstorben, sie wurden beide auf dem jüdischen Friedhof Ohlsdorf Ilandkoppel beigesetzt.
Hedwigs Eltern verstarben am 27. Februar 1888 und am 13. Oktober 1891 in Prag.
Georg war am 14. Juli 1892 von Neapel nach Hamburg in die Feldstraße 54 gezogen. Am 31. Oktober 1892 kehrte er dann nach Neapel zurück, wo er dann seine spätere Ehefrau Hedwig kennen und lieben lernte. Georg Gabriel Blum arbeitete als Hausmakler. Das Ehepaar hatte zwei Kinder: Olga Philippine (geb. 24. Juni 1894) und Herbert Paul (geb. 24. März 1896), die beide noch in Neapel geboren wurden.
Am 19. August 1910 wohnte die Familie in der Rothenbaumchaussee 27, im September meldete sie sich wieder nach Italien ab, am 19. Juli 1915 ließ sie sich wieder in Hamburg nieder, diesmal im Eppendorfer Baum 39, und verzog am 14. August 1915 nach Zürich.
Im Oktober 1920 kehrte die Familie nach Hamburg zurück und nahm ihren Wohnsitz in der Dürerstraße 8 im 2. Stock, bis sie am 18. Januar 1921 in die Ulmenstraße 7 wechselte. Das Ehepaar entschloss sich, ein Haus in der Fritz-Reuter-Straße 16 zu bauen und reichte bei der Stadt am 21. Mai 1921 einen entsprechenden Bauantrag ein, für den sie 5000 Mark Gebühren entrichten musste. Die Familie konnte das Haus noch im selben Jahr beziehen. Ihre Adresse lautete nun Fritz-Reuter-Straße 16 (heute Onckenstraße 16) in Groß Flottbek.
Gabriel Georg Blum starb am 2. Juni 1939 in seinem Haus an Arteriosklerose.
Hedwig Blum hatte lange gezögert auszuwandern, wahrscheinlich wollte sie ihren kränkelnden Ehemann nicht verlassen. Doch am 20. Mai 1940 stellte sie einen Antrag auf Auswanderung nach Costa Rica beim Oberfinanzpräsidenten. Wie alle Auswanderer musste sie die Gegenstände und Kleidungsstücke, die sie mitnehmen wollte, detailliert aufführen. Eine Einreisegenehmigung von Costa Rica hatte sie bereits organisiert und ihre Passage bei der italienischen Schifffahrtsgesellschaft "Italia" ab Genua war bezahlt. Das Schiff sollte am 10. Juni 1940 in See stechen. Die Unbedenklichkeitsbescheinigung stellte das Finanzamt ihr mit Datum vom 20. April 1940 aus, sie galt bis 30. Juni 1940. Vermutlich traf sie aber so spät ein, dass der Reisepass nicht mehr rechtzeitig ausgestellt werden konnte. Das Schiff legte ohne Hedwig ab.
Sie blieb vereinsamt in Hamburg zurück. Ein nichtjüdisches Hausmädchen leistete ihr von Zeit zu Zeit noch Gesellschaft und erledigte die Hausarbeiten und Einkäufe für sie. Doch dann schritt die Gestapo ein: Das Hausmädchen wurde vorgeladen und die Gestapo verbot die weitere Arbeit bei Hedwig Blum.
Hedwig Blum besaß immer noch ihr Haus. Damit es nicht "arisiert" wurde, überschrieb sie es ihrem nichtjüdischen Schwiegersohn Hans Mehr. Sie selbst musste nun allerdings dort ausziehen und lebte fortan als Untermieterin in der Barthold-Niebuhr-Straße 16 bei der Familie Löwengaard.
Das Leben wurde für Hedwig Blum immer schwerer erträglich, sie wurde zunehmend depressiver. Am 9. Dezember 1941, die vierte Großdeportation aus Hamburg war gerade abgegangen, beging sie Selbstmord. Wie bereits erwähnt, fand ihr Neffe sie, erhängt mit einer Gardinenkordel an der Türangel im Schlafzimmer.
Hedwig Blum wurde am 15. November 1941 in ihrem Familiengrab in Groß Flottbek (auf einem nichtjüdischen Friedhof) neben ihrem Mann beigesetzt.
Hedwig Blums Tochter Olga Philippine hatte am 8. Juli 1916 in Konstanz den am 5. Oktober 1889 in Hamburg geborenen Hans Mehr geheiratet. Olga Mehr bewohnte das Haus in der Fitz-Reuter-Straße 16 bis zu ihrem Tod am 22. Oktober 1974. Sie wurde auf dem Friedhof in Groß Flottbek, neben ihren am 13. Dezember 1958 verstorbenen Mann, beigesetzt.
Hedwigs Sohn Herbert Paul Blum war am 27. August 1938 nach Guatemala ausgewandert.
Gabriel Georg Blums Schwester Rosalie beging am 4. August 1940 in Hamburg Selbstmord.
Sein Bruder Henry Blum und Henriette Leuschner wurden am 15. Juli 1942 von Hamburg nach Theresienstadt und am 21. September 1942 weiter nach Treblinka deportiert und dort ermordet. Biografien für Rosalie, Henry Blum und Henriette Leuschner stehen unter www.stolpersteine-hamburg.de.
Gabriel Georg Blums Schwester Auguste starb am 2. Juli 1943 an Krebs, sein Bruder Barthold war wahrscheinlich rechtzeitig in ein uns unbekanntes Land emigriert, er starb am 28. Februar 1950 "im Ausland".
Stand: November 2018
© Bärbel Klein
Quellen: StaH, 1; 213-13_15106; 332-4_1242; 331-5_3 Akte_112; 314-15_FVg 2093;332-5_2224; 214-1_148; 332-5_407;351-11_54001; 332-5_1348; 332-5_890; 332-5_407; 332-5_340; 332-5_388; 332-5_336; 332-5_1214; 332-5_56; 741-4_K2494; 522-1_696b 1816-1829; 332-5_1224,332-5_9051,741-4_K2580; 741-4_K4252; 741-4_K2580;741-4_K2392; 741-4_K4252; 741-4_K5257; 741-4_K4393; evang. Kirchenbücher eingesehen 11.11.2018; Heiratsurkunde Berlin 336 eingesehen 11.11.2018; Report on address, 7105 [14940681]ITS Digital Archive, Bad Arolsen; Korrespondenzakte, 6.3.3.2, 7105 [90939322] ITS Digital Archive, Bad Arolsen; Bauakte eingesehen beim Amtsgericht 14.11.2018.