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Röschen Behr * 1903
Grindelhof 35 (Eimsbüttel, Rotherbaum)
HIER WOHNTE
RÖSCHEN BEHR
JG. 1903
DEPORTIERT 1942
ERMORDET IN
AUSCHWITZ
Weitere Stolpersteine in Grindelhof 35:
Engeline Behr
Engeline Behr, geb. Rosenstamm, geb. am 22.6.1866 in Norden, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz, ermordet
Röschen Behr, geb. am 3.9.1903 in Norden, deportiert am 11.7.1942 nach Auschwitz, ermordet
Grindelhof 35
Engeline Behr wurde als dritte Tochter von Moses und Rebekka, genannt Rieckchen, Rosenstamm geboren. Moses Rosenstamm war Inhaber eines Geschäfts, betätigte sich jedoch auch als Lotterieeinnehmer und Gastwirt. Engeline heiratete in Norden den aus Hamburg stammenden Martin Behr. Beide bekamen fünf Kinder: den erstgeborenen Sohn Ludwig Meinhard (geboren 17. Dezember 1899), die Zwillinge Röschen und Frieda (geboren 3. September 1903) und den dritten Sohn Hermann (geboren 22. Mai 1906). Der zweitgeborene Sohn Manfred Hermann (geboren 4. März 1901) starb noch im ersten Lebensjahr.
Nach dem Tod von Engelines Mutter im Jahr 1907 zog die Familie nach Hamburg. Das Hamburger Adressbuch für 1913 vermerkte Martin Behr als Handelsagent, wohnhaft in der Grindelallee 24. In den folgenden Jahren arbeitete er in den Bereichen Bank- und Fondskommission. Gemäß den Kultussteuerzahlungen an die Jüdische Gemeinde hatte die Familie bis 1926 durch Martins Arbeit ein regelmäßiges Einkommen. 1919 war sie in eine Wohnung in der Sedanstraße 22 gezogen. Einen tiefen Einschnitt für die Behrs bedeutete der Tod des Familienvaters im Jahr 1926, weil damit praktisch sämtliche Einnahmen der Familie wegbrachen. Sohn Ludwig hatte zwar eine kaufmännische Ausbildung absolviert, doch in jener Zeit keine feste Anstellung, wahrscheinlich aufgrund der allgemein schlechten Wirtschaftslage. Er schlug sich als selbstständiger Vertreter und Handelsagent durch und trug somit zumindest etwas zum Familieneinkommen bei. Sohn Hermann arbeitete als Maler und Tochter Röschen als Verkäuferin. Aus einer Akte des Wohlfahrtsamtes für die Tochter Frieda geht hervor, dass 1931 lediglich Ludwig die Familie durch seine Arbeit unterstützte, alle anderen waren selbst auf die karge Arbeitslosenunterstützung des Amtes angewiesen. Frieda arbeitete ab Oktober 1933 zeitweise beim Winterhilfswerk des deutschen Volkes als Aushilfe und ab Oktober 1936 als Hausangestellte für einen Dr. Lindenberg, wohnhaft in der Bundesstraße 80.
Die Repressions- und Boykottmaßnahmen der Nationalsozialisten wurden auch für Engeline Behr und ihre Kinder zu einer zunehmenden Belastung. Zwar gelang es Ludwig Behr Ende 1935 eine Anstellung bei der Metallhandlung Joseph Lazarus in Altona zu bekommen, doch musste er weiterhin nebenbei als Handelsvertreter arbeiten. Zuvor hatte er die aus Felsberg bei Kassel stammende Hausangestellte Susi Hoffmann geheiratet und war mit ihr in eine Wohnung in die Werderstraße 80 gezogen. Am 1. Juli 1936 wurde die gemeinsame Tochter Mary geboren. Im Juni 1937 verlor er seine Anstellung und entschloss sich zur Flucht. Die Familie wanderte im Oktober über die Niederlande und England in die USA aus und ließ sich in New York nieder.
Engelines jüngster Sohn Hermann fand ab 1937 zeitweise Arbeit im Schuhgeschäft Evo-Schuh von Rudolf Oberschützky an den Großen Bleichen 22. Von seinem geringen Lohn unterstützte er auch seine Mutter. Trotz der Bemühungen aller Familienmitglieder konnte die Wohnung in der Sedanstraße 22 nicht mehr gehalten werden und die Familie musste Mitte 1937 in eine Wohnung im Erdgeschoss des Hauses Grindelhof 35 ziehen. Bereits kurz darauf heiratete Tochter Frieda einen Arthur Meyer und zog mit ihm in die Fruchtallee 80 nach Eimsbüttel.
Auch in den folgenden Monaten änderte sich wenig an der Lage der Familie Behr. So fasste Hermann den Entschluss, seinem Bruder Ludwig in die USA zu folgen. Er wanderte am 29. März 1939 mit dem Ziel New York aus. Tochter Röschen und Mutter Engeline waren abermals gezwungen, umzuziehen. Beide wohnten kurzzeitig bei Frieda und ihrem Mann, bevor sie in "Judenhäuser" einquartiert wurden. Engeline lebte bis zu ihrer Deportation im "Judenhaus" Bornstraße 22, Röschen in der Johnsallee 68.
Beide wurden am 11. Juli 1942 von Hamburg aus ins Vernichtungslager Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Röschens Zwillingsschwester Frieda war bereits im November 1941 zusammen mit ihrem Mann ins Getto Minsk deportiert worden. Ihr genaues Todesdatum ist unbekannt.
Engelines Söhne Ludwig und Hermann lebten beide bis zu ihrem Tod in New York. Ludwig arbeitete als Krankenpfleger und starb am 24. Dezember 1949. Hermann starb am 5. September 1955.
Stand: Juli 2017
© Thomas Rost
Quellen: 1; 4; 5; StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung 1092, 22308 u. 37179; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge 1553; StaH 522-1 Jüdische Gemeinden 992e2 Band 3 Liste 1; Hamburger Adressbücher 1913–1942; E-Mail von Frau Almut Holler (Ökumenische Arbeitsgruppe Synagogenweg Norden) vom 2.7.2014.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".