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Malchen Berlin * 1918
Grindelallee 134 (Eimsbüttel, Rotherbaum)
HIER WOHNTE
MALCHEN BERLIN
JG. 1918
DEPORTIERT 1941
RIGA
1944 STUTTHOF
???
Weitere Stolpersteine in Grindelallee 134:
Betty Bandmann, Gerda Baruch, Bella Hirsch, Leopold Hirsch, Alfred London, Sophie London, Minna Meyer, Rachel Pincus, Röschen Wertheim
Minna Meyer, geb. Berlin * 30.1.1883, deportiert 6.12.1941 nach Riga
Malchen Berlin, * 24.6.1918, deportiert 6.12.1941 nach Riga
Minna Berlin wurde am 30. Januar 1883 in Hamburg geboren. Die Familie betrieb bis 1939 eine Grabsteinfirma in Fuhlsbüttel in der Nähe des Jüdischen Friedhofs sowie ein Kolonialwarengeschäft und ein Lotteriegeschäft in der Grindelallee. Minna Berlin war verheiratet mit Richard Meyer (1882-1941), der zunächst in der Großen Bergstraße in Altona und später in der Grindelallee 134 ein Wollwarengeschäft führte. Die Ehe blieb kinderlos. Nach dem Tode ihres Bruders Siegfried Berlin (verst. 12.9.1922), der im Nachbarhaus Grindelallee 132 einen Goldschmiedebetrieb führte, nahmen Minna und Richard Meyer dessen damals vierjährige Tochter Malchen als Pflegekind auf.
Malchen Berlin wurde am 24. Juni 1918 als Tochter von Siegfried und Dora Berlin, geb. Sacharewitz in Hamburg geboren und erhielt den Vornamen ihrer Großmutter väterlicherseits. Aus einem Briefwechsel der Familie ist bekannt, dass Malchen im Oktober 1939 eine Stelle im jüdischen Gemeinschaftshaus in der Hartungstraße (heute: Hamburger Kammerspiele) angenommen hat, wo sie in der Konditorei arbeitete. In diesen Jahren war Malchen mit einem Mann befreundet, der bereits emigriert war, so dass sie hoffte, mit seiner Hilfe Deutschland verlassen zu können. Und auch ihr Cousin Ernst Berlin, der im Juli 1939 nach Shanghai emigriert war, versuchte bei den zuständigen Behörden eine Einreisegenehmigung für Malchen Berlin und Minna Meyer zu bekommen. Aber alle Bemühungen blieben fruchtlos.
Am 6. Dezember 1941 wurden Malchen Berlin und Minna Meyer nach Riga deportiert. Mit ihnen mussten die engen Verwandten Fanny Berlin, geb. Meyer, Olga Wolf, geb. Berlin sowie deren zweijähriger Sohn Dan die Fahrt in den Tod antreten.
Der Massenexekution am 26. März 1942 in einem Wald bei Riga sind Minna und Malchen, im Gegensatz zu den meisten anderen Deportierten aus Hamburg, jedoch noch nicht zum Opfer gefallen. Sie wurden im Oktober 1944 nach Stutthof bei Danzig weiterdeportiert, wo Minna Meyer am 2. Januar 1945 an den unmenschlichen Lebensbedingungen verstarb. Malchen Berlin fiel vermutlich nur wenige Monate danach der dort grassierenden Typhusepidemie zum Opfer.
Aus der Zeit, während der Malchen Berlin im Konzentrationslager Jungfernhof bei Riga interniert war, ist eine Geschichte überliefert, die Ursula Hosse, eine Cousine von Malchen Berlin, berichtet hat:
Um pünktlich zu seiner Einheit zurückzukehren, ist in der Nähe von Riga Bernhard Fink, ein deutscher Soldat, irrtümlich auf einen Zug gesprungen, mit dem die Deportierten aus Hamburg transportiert wurden. Malchen stand daraufhin sofort auf, um dem Soldaten in Uniform einen Sitzplatz anzubieten. Der lehnte jedoch ab, da er ‚einer so hübschen jungen Dame nicht den Sitzplatz nehmen wollte'. Die beiden haben sich danach angefreundet und Bernhard Fink hat bei einem Heimaturlaub einen Brief von Malchen an ihre Tante in Hasslinghausen mitgenommen, was sicherlich im Falle einer Entdeckung für ihn ein sehr großes Risiko bedeutet hätte. In dem Brief hat Malchen die Situation im KZ Jungfernhof bei Riga beschrieben. Da die Tante jedoch Angst hatte, selbst Schwierigkeiten wegen des Briefes in ihrem Besitz zu bekommen, hat sie ihn anschließend verbrannt.
Dem Bericht zufolge handelte es sich bei dem ersten Treffen um einen Wagon der
III. Klasse, der zur damaligen Zeit jeweils eine Außentür pro Abteil hatte. Es kann daher vermutet werden, dass sich diese Begebenheit bereits auf der Fahrt von Hamburg nach Riga zugetragen hat, da gesichert ist, dass dieser Transport noch mit einem Personenzug durchgeführt wurde, während für spätere Deportationen Viehwagons eingesetzt wurden.
Bernhard Fink, der in einem Waisenhaus aufgewachsen war, verbrachte in den folgenden Jahren seinen Heimaturlaub regelmäßig bei der Familie Hosse in Hasslinghausen / Westf.
Er ist im Oktober 1945 im Alter von 26 Jahren in russischer Kriegsgefangenschaft umgekommen.
© Johann-Hinrich Möller
Quellen:
Telefongespräch vom 10. Februar 2006 mit Frau Ursula Hosse (Cousine von Malchen Berlin)
Brief Ursula Hosse vom 9. August 2006
Briefwechsel Familie Berlin (1939-1941), Bestand Margarethe und Susan Berlin, San Rafael CA, USA
Rabbiner Eduard Duckesz, Familiengeschichte des Rabbi Lase Berlin in Hamburg, Altona 1929
Eigene Recherchen zu den Familien Wolf / Berlin / Meyer im Staatsarchiv Hamburg (522-1 Jüdische Gemeinden, 992 b, Kultussteuerkartei)