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Elsa Bettelheim, geb. Frank
© Yad Vashem

Elsa Bettelheim (geborene Frank) * 1884

Marienthaler Straße 126 (Hamburg-Mitte, Hamm)

1941 Riga
ermordet

Weitere Stolpersteine in Marienthaler Straße 126:
Paul Bettelheim, Max Lefébre, Adolf Lorenz, Erika Lorenz, Franziska Lorenz

Elsa Bettelheim, geb. Frank, geb. am 25.1.1884, deportiert am 6.12.1941 nach Riga
Paul Bettelheim, geb. 7.5.1889, deportiert am 28.10.1943 nach Auschwitz

Marienthaler Straße 124 (Marienthaler Straße 126)

Elsa Paulina Bettelheim, geb. Frank, wurde am 25.1.1884 in Manchester/England geboren. Ihre Eltern waren Max und Eva Frank, geb. Schoenfeld, geb. 28.2.1859 in Sandersleben; die Familie war jüdisch. Die Mutter Eva Frank lebte zumindest seit 1914 in Leipzig. Wann Elsa Bettelheim nach Deutschland bzw. nach Hamburg kam, ist uns nicht bekannt.

Paul Bettelheim wurde am 7.5.1889 in Wien geboren. Er besaß die österreichische Staatsangehörigkeit. Seine Eltern waren Julius Bettelheim und Ernestine Bettelheim, geb. Schick. Paul Bettelheim hatte einen jüngeren Bruder, Martin, geb.13.2.1894 in Wien. Auch diese Familie war jüdisch. Sie zog zu Anfang des Jahrhunderts nach Hamburg. Hier war der Vater Julius Bettelheim als Annoncenexpedient für die Firma Heinrich Eisler Annoncen-Expedition GmbH in der Rothenbaumchaussee 5 tätig. Er starb 1926 und übertrug seine Kunden auf einen seiner Söhne, vermutlich Paul Bettelheim. Seine Witwe Ernestine zog 1930 nach Wien. Martin Bettelheim heiratete Bertha Falk, geb. 1.2.1895; sie emigrierten mit ihren drei Kindern am 27. Dezember 1935 nach Paris.

Paul und Elsa Bettelheim heirateten am 29. Juli 1914 in Hamburg-Uhlenhorst. Durch die Eheschließung erwarb Elsa die österreichische Staatsangehörigkeit ihres Mannes. Sie traten zunächst nicht in die Deutsch-Israelitische Gemeinde ein.

In der Heiratsurkunde steht für Paul Bettelheim als Berufsangabe Zeitungsverleger. Er hatte erstmals 1909 ein Gewerbe als Kaufmann – ein Agenturgeschäft – angemeldet. Seit 1910 war er wie sein Vater für die Firma Heinrich Eisler als Agent im Annoncengeschäft tätig. Paul Bettelheim nahm als Soldat der österreichischen Armee am 1. Weltkrieg teil. Nach dem Krieg kehrte er noch 1918 nach Hamburg zurück. Die Familie war wohl situiert und lebte in einer großen Wohnung in der Marienthaler Straße.

Der Sohn der Eheleute Paul und Elsa Bettelheim, Walter Max Bettelheim, geb. 29.1.1921 in Hamburg-Hamm, besuchte die Schule Burgstraße 35. Elsa Bettelheim engagierte sich als Mutter im Schulbetrieb, sie erteilte beispielsweise auf ehrenamtlicher Basis Englischunterricht. Walter Bettelheim musste die Schule 1935, also mit gerade 14 Jahren, wegen des zunehmenden Antisemitismus verlassen. Er konnte deshalb auch nicht in den sog. Oberbau der Schule übertreten, um dort das Einjährige zu machen. Stattdessen begann er eine kaufmännische Lehre in der jüdischen Firma Blau & Schindler und blieb dort, bis der Inhaber der Firma 1938 auswanderte.

Paul Bettelheim emigrierte 1933 nach Frankreich. In den Akten der Jüdischen Gemeinde ist demgegenüber angegeben, dass er am 5. Juli 1933 nach London emigriert sei. Wie diese Fehlinformation zustande kam oder welchem Zweck sie diente, wissen wir nicht. Paul Bettelheim bemühte sich in Frankreich vergeblich, wirtschaftlich Fuß zu fassen. Er konnte deshalb auch seinen Plan nicht verwirklichen, seine Frau und den 12-jährigen Sohn alsbald nachkommen zu lassen.

Nach der Abreise ihres Mannes musste Elsa Bettelheim allein für ihren Unterhalt und den ihres Kindes sorgen. Die große Wohnung hatte sie aufgegeben. Am 1. Januar 1934 trat sie in die Deutsch-Israelitische Gemeinde ein. Elsa Bettelheim soll als Englischlehrerin gearbeitet haben, vermutlich erteilte sie Privatunterricht. Sie zog mit ihrer Mutter, Eva Frank, geb. 28.2. 1859, in die Hallerstraße 52 und dann in die Parkallee 11. Dort starb die Mutter am 16. April 1936. Nach der Erinnerung ihres Sohnes bewohnte Elsa Bettelheim zuletzt nur noch eine Einzimmerwohnung. Die Unterlagen des Staatsarchivs weisen aus, dass Elsa Bettelheim vom 26. April 1937 bis 6. Mai 1941 zur Untermiete wohnte und als Hausangestellte arbeitete.

Der Sohn Walter wurde mit Beginn seiner Lehrzeit 1935 als Mitglied der Jüdischen Gemeinde geführt. Er wohnte unter diversen Anschriften zur Untermiete.

1938 oder 1939 gelang es Paul Bettelheim, seinen Sohn nach Frankreich nachkommen zu lassen. Die Jüdische Gemeinde hat auch für Walter Bettelheim fälschlich vermerkt, dass er nach England ausgewandert sei.

Elsa Bettelheim erhielt kein Visum für Frankreich. Sie blieb allein und unter schwierigsten Verhältnissen in Hamburg zurück. Am 6. Dezember 1941 wurde sie aus der Grindelallee 23 nach Riga deportiert. Dort verliert sich ihre Lebensspur.

Paul Bettelheim und sein Sohn Walter waren während des Krieges in Frankreich als Ausländer interniert. Nach dem deutsch-französischen Waffenstillstand im Juni 1940 wurde Paul Bettelheim freigelassen, aber sein Sohn Walter kam bis zum 29. Oktober 1940 in das französische Lager St. Cyprien, dann bis zum 6. April 1941 in das Lager Gurs, danach für zwei weitere Monate in das Lager Camps de Milles. Es gelang Paul Bettelheim, seinen Sohn im Juni oder Juli 1941 freizubekommen. Anschließend lebten sie gemeinsam in Nizza.

Bei den großen Razzien gegen die Juden wurde Walter Bettelheim am 25. August 1942 festgenommen, ein französischer Polizist verhalf ihm jedoch zur Flucht. Freunde versteckten ihn zwei Jahre lang in ihrer Wohnung bis zur Befreiung im August 1944. Da war er 23 Jahre alt.

Sein Vater Paul Bettelheim wurde im Oktober 1943 in Nizza von den Deutschen festgenommen. Er befand sich fünf Tage lang im Sammellager Drancy und wurde von dort am 28. Oktober 1943, gleichzeitig mit seiner Schwägerin Bertha Bettelheim, nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Sein letzter bekannter Wohnsitz war Nice, 13, rue de Nicollis.

Der Sohn Walter Bettelheim ist in Frankreich geblieben, nahm nach dem Krieg die französische Staatsangehörigkeit an und änderte seinen Namen in Walter Max Israel Bettelin, heiratete 1945 und wurde 1949 Vater einer Tochter.

© Hildegard Thevs mit Bettina Nathan

Quellen: 1; 4; 5; 6; 8; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, 391 Mitgliederliste 1935; 992 e 2 Deportationslisten Bd. 1; AfW 290121; HA 1933 und 1938.

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