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Emma Blitz * 1871
Dillstraße 21 (Eimsbüttel, Rotherbaum)
HIER WOHNTE
EMMA BLITZ
JG. 1871
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 9.11.1942
Weitere Stolpersteine in Dillstraße 21:
Bertha Berges, Charlotte Berges, Marianna Berges, Herbert Cohen, Abraham Freimann, Karl Gänser, Julius Gottschalk, Minna Gottschalk, Hermann Samuel Gottschalk, Ernst August Gottschalk, Karola Gottschalk, Erwin Levinson, Flora Levinson, Hugo Levinson, Bert(h)a Seligmann
Emma Blitz, geb. am 8.7.1871 in Leer/ Ostfriesland, deportiert am 15.7.1942 in das Getto Theresienstadt, dort am 9.11.1942 ermordet
Dillstraße 21
Die unverheiratete Emma Blitz war aufgewachsen mit zwei älteren Schwestern Ida (1864–1941 Minsk s. www.stolpersteine-hamburg.de) und Annette (1868–1936) und zwei Brüdern Adolf Eduard (1874, gefallen im Ersten Weltkrieg) und Wilhelm (1876–1940, s. www.stolpersteine-hamburg.de) in Leer/Ostfriesland. Vier weitere Geschwister waren bereits im Babyalter gestorben. Ihr Vater hieß Eduard Blitz, geb. 1840 in Wittmund. Er hatte sich zu einem unbekannten Zeitpunkt in Leer niedergelassen. Dort engagierte er sich sehr in der jüdischen Gemeinde. Viele Jahre arbeitete er als Lehrer an der dortigen Schule. Dann wandte er sich dem Geschäftsleben zu und gründete die lokale Konsumgenossenschaft. Sein Hauptgeschäft bestand darin, massenhaft hochwertige Kleidung zu niedrigen Preisen anzubieten, dies war erfolgreich. Zur Mutter Therese Thekla, geb. Eller, fanden sich keine Hinweise.
Die Familie beschloss um 1886 Leer zu verlassen und siedelte sich in Hamburg an. Zunächst lebte sie in der Neustadt, wo der Vater ein Bankgeschäft betrieb. Einige Jahre später fand sich eine neue Wohnung im Grindelviertel, in der Heinrich-Barth-Straße.
Emma Blitz erlernte keinen Beruf, sondern führte den Haushalt der Eltern bis zu deren Tod 1893 bzw. 1914. Die Eltern fanden ihre letzte Ruhe auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel. Durch ihren Tod erbte Emma ein kleines Vermögen, von dem sie fortan lebte. Wenige Jahre später (1917) erbte sie aus dem Nachlass des Ehepaares Eller, vermutlich Verwandte aus der mütterlichen Familie, Kriegsanleihen. Daraus ergab sich für Emma Blitz eine jährliche Rendite von RM 300.
Irgendwann war das Vermögen aufgebraucht. Möglicherweise zog sie deshalb ca. 1930 mit ihrer geschiedenen Schwester Annette Jelinewski in einer Vierzimmer-Wohnung in der Bornstraße 8 zusammen. Aufgrund finanzieller Probleme vermieteten sie zwei Zimmer an ein Ehepaar, das die Miete jedoch unregelmäßig zahlte, wenn überhaupt. Emma Blitz beantragte notgedrungen Wohlfahrtsunterstützung und blieb die nächsten Jahre auf diese geringe finanzielle Unterstützungen angewiesen. Ihre Schwester Annette konnte wenig helfen, da auch sie nur eine geringe Rente bezog. Die Wohlfahrtsbehörde befragte auch Familienangehörige, ob sie in der Lage seien, finanzielle Unterstützung zu geben. Zudem forderte die Behörde, dass Emma Blitz von den geerbten Kriegsanleihen ihren Unterhalt bestreiten solle. Daraufhin stellte Emmas Bruder, der Rechtsanwalt Wilhelm Blitz, klar, dass dies nicht möglich sei. Dies geschah zu einer Zeit als sich Juden in der Stadt nicht mehr sicher fühlen konnten. Das zeigte sich verstärkt auch im Grindelviertel.
Inzwischen litt Emma Blitz unter gesundheitlichen Beeinträchtigungen, sodass sie häufiger ihren Hausarzt Schlünz in der Grindelallee aufsuchte. Zu Beginn des Jahres 1936 wurde Emma Blitz vertrauensärztlich begutachtet. Daraus folgte eine Einweisung in das Israelitische Krankenhaus, wo sie sich im Laufe der folgenden Monaten häufiger behandeln ließ. Das Krankenhaus attestierte u.a. bedrohliche Blutzersetzung, allgemeine Körperschwäche, Bewegungsbehinderung der Schultergelenke sowie die Diagnosen Infektarthritis, Herzinsuffizienz verbunden mit starken Schmerzen bis zur Hilflosigkeit. Von ihrer Krankenkasse erhielt Emma Blitz einen täglichen Krankenhauszuschuss in Höhe von RM 4,50.
Der nächste Schicksalsschlag traf sie mit dem Tode ihrer Schwester Annette am 19. September 1936. Fortan konnte sie die Wohnung nicht halten. Sie fand eine neue Unterkunft bei der Familie Berges in der Dillstraße 21. 1940 befand sich die Familie Berges nicht mehr in Hamburg, sodass Emma Blitz erneut gezwungen war umzuziehen. Eine Bleibe fand sie im Hesse-Stift, Dillstraße 15. Der Zweck der Stiftung bestand darin, Freiwohnungen an bedürftige unverheiratete oder verheiratete "Israeliten" (Juden) zu gewähren. Dieses Haus galt ab 1942 als "Judenhaus".
Kurz nach ihrem 71. Geburtstag deportierte die Gestapo Emma Blitz am 15. Juli 1942 in das "Altersghetto" nach Theresienstadt. Dort starb sie am 9. November 1942.
Blicken wir auf die biographischen Spuren, die ihre Schwestern hinterließen: Die sieben Jahre ältere Schwester Ida Blitz lebte von Gelegenheitsarbeiten als Putzfrau und von der Wohlfahrtsunterstützung. Zuletzt wohnte sie bei Alegra Benezra (s. www.stolpersteine-hamburg.de) zur Untermiete in der Rothenbaumchausse 83. Von dort deportierte die Gestapo sie am 18. November 1941 in das Getto Minsk, wo sie umkam. Ein Stolperstein vor dem Haus in der Rothenbaumchaussee 83 erinnert an ihr Schicksal.
Annette Blitz ehelichte zu einem unbekannten Zeitpunkt den in Ostpreußen geborenen Meyer Jelinewski (1866–1943 in Theresienstadt, s. www.stolpersteine-hamburg.de). Ihr Sohn Alfred war am 14. Juni 1894 in Elmshorn zur Welt gekommen. Nach der Scheidung von ihrem Mann war Annette mit ihrem Sohn ins Grindelviertel gezogen. Alfred studierte Medizin und wurde 1921 als Facharzt promoviert. Finanziell unterstützte er seine Mutter so gut es ihm möglich war. Annette Jelinewski starb 1936 eines natürlichen Todes. Ihr Sohn floh 1939 über die Niederlande in die USA. Seine christliche Frau Hertha folgte ihm mit dem gemeinsamen Sohn.
Stand: April 2018
© Sonja Zoder
Quellen: 1; 4; 5; 9; StaH 351-14 Arbeits- und Sozialfürsorge -Sonderakten; Meyer, Die Verfolgung und Ermordung der Hamburger Juden 1933-1945, S. 192, 222, 223, Hamburg 2007; Lohmeyer, Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel, Band 1, S. 320, Hamburg 2012; div. Hamburger Adressbücher; URL: http://zeitzeugenarchiv. gwminsk.com/de/archiv/hamburg/blitz-ida.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".