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Klaus-Dieter Braasch, Januar 1943
Klaus-Dieter Braasch, Januar 1943
© Archiv Ev. Stiftung Alsterdorf

Klaus-Dieter Braasch * 1939

Valentinskamp zwischen Emporiohaus und Schanzenbäcker (früher Nr. 62) (Hamburg-Mitte, Neustadt)


HIER WOHNTE
KLAUS-DIETER
BRAASCH
JG. 1939
EINGEWIESEN 1942
ALSTERDORFER ANSTALTEN
1943 "VERLEGT"
HEIL- UND PFLEGEANSTALT
KALMENHOF
ERMORDET 11.11.1943

Klaus-Dieter Braasch, geb. am 10.10.1939 in Hamburg, eingewiesen am 9.12.1942 in die damaligen Alsterdorfer Anstalten, verlegt am 7.8.1943 in die Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof in Idstein, ermordet am 11.11.1943

Valentinskamp 70 (Valentinskamp 62)

Klaus-Dieter Braasch kam in Hamburg-Barmbek in der Geburtsklinik Finkenau zur Welt. Seine Mutter Irmgard Braasch, geb. Hensler (geb. 6.2.1912), war während ihrer Schwangerschaft "zuckerkrank" gewesen und hatte bereits mehrere Fehlgeburten erlitten. Klaus-Dieters Vater, Kurt Braasch (geb. 17.5.1899), war Dentist und stammte aus Oldsum von der Insel Föhr. In der Familie gab es noch die beiden nicht viel älteren Brüder Uwe und Peter.

Als Kleinkind erkrankte Klaus-Dieter an Masern, sieben Monate später bemerkten seine Eltern, dass sich ihr Sohn anders als seine beiden Brüder entwickelte. Im November 1941 kam Klaus-Dieter mit einem Darmkatarrh in einem schlechten Ernährungszustand in das diakonische Erziehungs- und Pflegeheim Anscharhöhe in die Tarpenbeckstraße 107.

Klaus-Dieter Braasch wurde als auffällig zartes, blasses und ernstes Kind beschrieben. In einem psychiatrischen Gutachten vom 5. Oktober 1942 durch das Landesjugendamt Hamburg, in dem es darum ging, ob eine Heimerziehung angebracht sei, wurde festgehalten, dass er auf "krummen Beinen" nur unbeholfen gehen könne. Er sprach noch nicht und "liebt, alles zu belecken. Mit Spielzeug weiß er sich kaum zu beschäftigen. Er bevorzugt grobe Klötze und Bausteine". Der untersuchende Assistenzarzt Zahn bemängelte die fehlende Ausdauer und hielt eine Unterbringung in einem Kinderheim für "unmöglich", da Klaus-Dieter sehr unruhig sei, angeblich oft schreie und nicht allein gelassen werden könne. Abschließend hieß es in Zahns Beurteilung: "Kann der Junge nicht bei der Mutter bleiben, kommt nur Bewahrung in Frage." Vermutlich lebten Klaus-Dieters Eltern, deren Ehe nicht hielt, zu diesem Zeitpunkt schon getrennt.

Mit der Begründung, Klaus-Dieter gefährde die gesunden Geschwister, und der Diagnose "erethischer Schwachsinn" (krankhafte Erregbarkeit) kam der gerade dreijährige Junge am 9. Dezember 1942 auf Kosten der Sozialverwaltung in die damaligen Alsterdorfer Anstalten.

Klaus-Dieters Weg in den Tod begann acht Monate später am 7. August 1943, als er nach der schweren Luftangriffsserie auf Hamburg für einen Transport in die Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof zu Idstein im Taunus "ausgewählt" wurde. Offiziell wurde als Grund für die Verlegung in den Kalmenhof die schweren Beschädigungen der Alsterdorfer Anstalt angegeben.

In der Kalmenhofer "Kinderfachabteilung" wurden auch nach dem offiziellen Stopp im August 1941 nach der ersten Phase der "Euthanasie" gezielt behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene durch überdosierte Medikamente getötet.

Die Selektionen wurden bei regelmäßigen Rundgängen vom Anstaltsdirektors Wilhelm Großmann und der Ärztin Mathilde Weber durchgeführt. Klaus-Dieter Braasch gehörte zu den 20 Kindern, die bei ihrer Ankunft zunächst in einer anderen Abteilung untergebracht wurden. Als einige dieser Kinder im Oktober an Durchfall erkrankten und in die "Kinderfachabteilung" verlegt wurden, erwartete sie dort der Tod. Klaus-Dieter Braasch und Manfred Bala (s. dort), der ebenfalls aus den Alsterdorfer Anstalten kam, starben zwei Monate nach ihrer Ankunft, am 11. November 1943, kurz nach Klaus-Dieters viertem Geburtstag.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: Archiv Evangelische Stiftung Alsterdorf, Patientenakten der Alsterdorfer Anstalten, V 47 Klaus-Dieter Braasch; Wunder: Exodus, S. 189–195.

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