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Erich Borchardt
© Yad Vashem

Erich Borchardt * 1899

Hochallee 123 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Hochallee 123:
Caroline Borchardt

Erich Borchardt, geb. 18.11.1899 in Oschersleben, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Hochallee 123

Erich Borchardt wurde am 18. November 1899 in Oschersleben im Harz geboren. Seine Eltern waren der Fleischermeister Louis Borchardt (1854–1919 oder 1922) und Hedwig Borchardt, geb. Löwenthal. Der Vater besaß in Oschersleben eine eigene Schlachterei. Erich Borchardt absolvierte die Schule in Oschersleben bis zum 14. Lebensjahr und ging dann im väterlichen Geschäft als Metzger in die Lehre. Nach seiner Gesellenprüfung arbeitete er zeitweilig in Frankfurt/Main und Hamburg als Metzger. Noch 1918 wurde er zum Krieg eingezogen und kehrte dann wieder ins Geschäft des Vaters zurück. Als dieser starb, war er noch zu unerfahren, um die Schlachterei zu übernehmen und so wurde das Geschäft verpachtet.

Der sechs Jahre ältere Bruder Paul Borchardt, ebenfalls Schlachter, heiratete 1923 Alida Stern (geb. 21.11.1890) und zog zu seiner Ehefrau nach Balduinstein (rund 10 km südwestlich von Limburg an der Lahn/Rheinland-Pfalz), wo 1925 auch ihr Sohn geboren wurde.

Erich Borchardt wechselte nach Hamburg und arbeitete in den 1920er Jahren bei der Fleisch-, Wurst- u. Gemüse-Konservenfabrik Gebr. David & A. Silberberg (Grindelallee 170) sowie bei der Fleisch- und Wurstwarenfabrik Willy Oppenheimer (Grindelberg 82). Laut Erich Borchardts seit 1928 geführter Mitgliedskarte bei der Jüdischen Gemeinde Hamburgs lautete seine Berufsbezeichnung "Angestellter/Schlachter". Seit 1931 zahlte er keine Kultussteuern mehr, möglicherweise war er aufgrund der Wirtschaftskrise arbeitslos geworden und fand (wie so viele) keine Anstellung mehr.

Die nationalsozialistische Ausgrenzungspolitik gegenüber Juden machte eine Anstellung bei nichtjüdischen Firmen fast unmöglich und die Firmen jüdischer Inhaber hatten mit Boykotten, Behinderungen und Stigmatisierung ihrer Geschäfte zu kämpfen. Für die Jahre 1935 und 1936 notierte die Jüdische Gemeinde auf Erich Borchardts Kultussteuerkarte "erwerbslos". Ab 1939 wurde er vom NS-Staat auch zu sogenannten Pflichtarbeiten herangezogen, in der Kartei wurde daher unter Beruf nun auch "Erdarbeiter" vermerkt. Erich Borchardt wollte laut Aussage seiner Geschwister Deutschland nicht verlassen.

Er heiratete am 26. Mai 1940 Caroline Grossmann (geb. 5.6.1905 in Hamburg), die Eheleute hatten keine Kinder.

Seine Wohnadressen in Hamburg lauteten 1928–1936 Lehmweg 2 bei "Fräulein" M. Rohde in Eppendorf, 1936–1938 Rutschbahn 31 bei Zigarrenhändler Albert Levisohn (geb. 17.3.1891 in Hamburg), ab 1.9.1938 Eschenstieg 3 bei Olga Rosenthal (geb. 8.10.1878 in Goch), Rappstraße 15 bei Porzellan-Kunstnieter Gustav Ross senior und Rappstraße 15 bei Benno Stein (geb. 24.5.1891 in Hamburg) und Käthe Stein, geb. zur Nedden (geb. 20.3.1885 in Hamburg) sowie Grindelberg 40(?) bei Post. Die letzte Hamburger Wohnadresse war ab 6.10.1941 die Hochallee 123 bei Hugo Bernhard (geb. 23.6.1866 in Tessin/Mecklenburg).

Erich und Caroline Borchardt wurden am 8. November 1941 ins Getto Minsk deportiert. Da das genaue Todesdatum von Erich Borchardt nicht ermittelt werden konnte, wurde er später vom Amtsgericht auf den 8. Mai 1945 für tot erklärt.

An die Eheleute Borchardt erinnern Stolpersteine vor dem Haus Hochallee 123.
Für den Vermieter Albert Levisohn und seine Familie wurden Stolpersteine in der Gluckstraße 22 verlegt.

Vier Geschwister Erich Borchardts überlebten den Holocaust, weil sie noch rechtszeitig NS-Deutschland verlassen konnten:
Paul Borchardt (1893–1969) emigrierte 1937 mit Ehefrau und Sohn über England in die USA. Rosa Borchardt (1897–1972), verheiratete Grootkerk, war bereits 1925 nach Java verzogen.
Henny Borchardt, verheiratete Bernheim (1902–1995), emigrierte 1938 in die USA, wo sie 1947 heiratete.
Hildegard Borchardt, verheiratete Mayer (geb. 1907), emigrierte 1938 nach Brasilien.

Stand: April 2018
© Björn Eggert

Quellen: Staatsarchiv Hamburg (StaH) 351-11 (Amt für Wiedergutmachung), 22316 (Erich Borchardt); StaH 522-1 (Jüdische Gemeinden), 992b (Kultussteuerkartei der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg), Erich Borchardt, Caroline Borchardt geb. Grossmann; Hamburger Adressbuch 1930, 1937, 1939; www.tracingthepast.org (Volkszählung Mai 1939), Erich Borchardt; www.ancestry.de (Paul Borchardt: Passagierliste der SS Washington, Ankunft in New York 5.2.1937, Einbürgerungsaufzeichnung mit Passfoto 5.10.1937); https://www.myheritage.com/FP/genealogy-search-ppc.php?lang=DE&type=&action=person&siteId=224678941&indId=1514152&origin=profile (zu Paul Borchardt, eingesehen 5.12.2017).

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