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Werner Wolfsohn * 1906

Abendrothsweg 19 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)


HIER WOHNTE
WERNER WOLFSOHN
JG. 1906
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Abendrothsweg 19:
Edith Behrend, Clara Zipora Böhm, Dora Guttentag, Marianne Lehmann, Ruth Weigert, Elise Wiesenthal, Ruth Wolfsohn, Clara Wolfsohn

Werner Wolfsohn, geb. am 21.9.1906 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Abendrothsweg 19 (Hamburg-Nord, Hoheluft-Ost)

Werner Wolfsohn wurde am 21.9.1906 in Hamburg geboren. Seine Eltern waren das jüdische Ehepaar Clara Wolfsohn, geb. Freundlich (*7.6.1879), und Albert Wolfsohn (*22.6.1868). Seine Mutter stammte aus einer alt eingesessenen Familie in Neustettin. Auch die Familie des Vaters lässt sich weit zurückverfolgen. Der Vater Albert Wolfsohn war der Sohn des Hamburger Kaufmanns Salomon Wolfsohn, Geschäftsführer im Unternehmen seines Vaters Wolff Salomon Wolfsohn. Die Mutter von Albert Wolfsohn war Lina, geborene Heine. Sie stammte aus Bückeburg, wo ihr Vater Levi Bankier und Leiter der Jüdischen Gemeinde war. Damit stammt sie aus der Familie Heine, die auf Isaak Heine zurückgeht, auch Jitzchak ben Chajim oder Itzig Bückeburg genannt, dem Hoflieferanten und Hofbankier von Bückeburg und Detmold. (Lina Heine und der Dichter Heinrich Heine hatten denselben Ururgroßvater.) Albert Wolfsohn und Clara, geb. Freundlich, hatten am 1. Dezember 1905 in Berlin geheiratet.

Werner Wolfsohn blieb das einzige Kind der Familie, seine Geburt wurde voll Freude angekündigt: "Durch die Geburt eines strammen Jungen wurden hocherfreut Albert Wolfsohn und Frau Clara geb. Freundlich. Hamburg, Grindelberg 45."

Während die Familie Wolfsohn privat am Grindelberg 45 wohnte, führte Albert Wolfsohn seine "Agentur und Commiss., Kaiser-Wilhelm-Straße 47" im Herzen der Stadt Hamburg.
1933 zog die die Familie um ins Jungfrauenthal 14. Hier lebte sie auch, als der Vater Albert Wolfsohn am 17. April 1936 in Hamburg verstarb.

Im Rahmen des Novemberprogroms geriet Werner Wolfsohn vom 10. November bis 23. Dezember 1938 im KZ Sachsenhausen in "Schutzhaft".

Anschließend dürfte es für Werner Wolfsohn, der Handelsvertreter von Beruf war, schwer gewesen sein, Arbeit zu finden, denn Juden wurden nicht mehr angestellt, jüdische Unternehmen gingen in Konkurs oder wurden aufgegeben. Die Kultussteuerkarten der Jüdischen Gemeinde Hamburgs von Clara und Werner Wolfsohn zeigen an, dass diesen die Kultussteuern aufgrund des geringen Einkommens erlassen wurden.

Clara und Werner Wolfsohn mussten die eigenständige Wohnung im Jungfrauenthal 14 aufgeben und lebten fortan in Untermiete. Zum Zeitpunkt der Volkszählung am 17. Mai 1939 wurde Werner Wolfsohn mit dem Wohnsitz Eppendorfer Baum 11 II erfasst, seine Mutter mit dem Wohnsitz in der Ostmarkstraße 76 II, der heutigen Hallerstraße.

In dieser schwierigen ökonomischen Situation erwog Werner Wolfsohn die Emigration nach Palästina. Im Jahr 1940 verbrachte er die Zeit vom 2. Januar bis 12. Februar zusammen mit Wilhelm Worms aus Hamburg im "Jüdischen Arbeitseinsatzlager" in Paderborn, Grüner Weg 86, einem Hachschara-Lager des RVJD (Reichsvereinigung der Juden in Deutschland). Diese Stätten waren von jüdischer Seite eingerichtet worden, um junge Jüdinnen und Juden auf eine Ausreise nach Palästina vorzubereiten und ihnen berufliche – in diesem Fall landwirtschaftliche - Kenntnisse sowie Hebräisch zu vermitteln für ein späteres Leben in einem Kibbuz.
Da Werner Wolfsohn dort nur ca. einen Monat verbrachte, ist zu vermuten, dass er die Vorbereitung aus nicht bekannten Gründen abbrach, eine Emigration fand nicht statt. Stattdessen kehrten Werner Wolfsohn und auch Wilhelm Worms am 12. Februar 1940 aus Paderborn nach Hamburg zurück.
Werner Wolfsohn zog zunächst in die Ostmarkstraße 76 II, der heutigen Hallerstraße, in die Pension von Jente Schlüter, wo seine Mutter vorher gelebt hatte. Er hatte ab dem 14. Mai 1940 noch einmal eine eigene Bleibe in der Badestraße 1 zur Untermiete bei Frau Sara Levy. Aber am 18. Juni 1941 zog er zu seiner Mutter, die seit dem 2. Januar 1940 im Abendrothsweg 19 im zweiten Stock zur Untermiete bei Frau C. Boehm wohnte.

Hier lebte Werner Wolfsohn noch, als er die Aufforderung bekam, sich für die "Evakuation", wie es auf der Deportationsliste hieß, oder "Aussiedelung", so die Kultussteuerkarte, für den 8. November 1941 bereit zu halten. Diese Aufforderung wird der Anlass dafür gewesen sein, dass Werner Wolfsohn zwei Tage zuvor, am 6. November 1941, Ruth Tuteur heiratete (Biografie siehe www.stolpersteine-hamburg.de), eine 13 Jahre jüngere Frau, die auch aus Hamburg stammte. Ihre Mutter Hedwig Tuteur und ihre Großmutter Charlotte Salomon waren die Trauzeugen.
Auf der Heiratsurkunde ist sowohl für Werner Wolfsohn als auch für seine Frau Ruth als Berufsbezeichnung "Arbeiter" eingetragen. Ruth Tuteur leistete zu diesem Zeitpunkt nachweislich Zwangsarbeit in einem Gemüseverwertungsbetrieb, der Eintrag "Arbeiter" bei Werner Wolfsohn weist wahrscheinlich ebenfalls auf Zwangsarbeit hin.

Zusammen wurden Werner und Ruth Wolfsohn am 8. November 1941 ins Getto von Minsk deportiert. Auf der Liste zur Deportation hatte Werner Wolfsohn die Nr. 1001, seine Frau Ruth gehörte mit der Nummer 47 zu den 61 Menschen, die sich freiwillig angeschlossen hatten. Wahrscheinlich hofften Werner und Ruth Wolfsohn auf einen neuen gemeinsamen Lebensstart im Osten. Es hieß, Ehepaare würden nicht auseinandergerissen.

In Minsk verlieren sich die Spuren der beiden wie die der meisten dorthin Deportierten.

In dem Transport befand sich auch Wilhelm Worms mit seinen Eltern, die ebenfalls nicht überlebten.

Die Mutter von Werner Wolfsohn, Clara Wolfsohn, sowie die Mutter von Ruth Wolfsohn, Hedwig Tuteur, geb. Salomon, und deren Mutter Charlotte Salomon, geb. Lehmann, wurden am 18. November 1941 ebenfalls nach Minsk deportiert. Ob sich die Familienmitglieder dort trafen, ist nicht bekannt.

Stolpersteine erinnern an Clara, Werner und Ruth Wolfsohn im Abendrothsweg 19, an Clara Wolfsohn auch an ihrem ehemaligen Wohnsitz Grindelberg 45. Für Ruths Mutter Hedwig Tuteur liegt ein Stolperstein Hamburger Straße 199-205, für Ruths Vater Eugen Tuteur ein Stolperstein in der Grillparzerstraße 4 (Hamburg-Nord, Uhlenhorst).

Stand: Februar 2025
© Christiane Stephani

Quellen: Gedenkseite zu Menschen in Hachschara-Lagern: https://spurenimvest.de/2022/12/05/wolfsohn-werner/, Gedenkbuch des Bundesarchivs: https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de995291; StaH 351-11_43264; 522-1, 992b, Kultussteuerkarten von Clara und Werner Wolfsohn; Deportationsliste vom 08. November 1941: https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411108-44.jpg und https://www.statistik-des-holocaust.de/OT411108-49.jpg; Adressbücher der Stadt Hamburg der Jahre 1907, 1930, 1934, 1941: https://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh-adress/digbib/; https://www.mappingthelives.org/bio/1224bf3b-0340-43a5-846d-0f6c9cedecc9?forename=Clara&surname=Wolfsohn&res_single_fd=false&birth_single_fd=false&death_single_fd=false&deportation_single_fd=false&emigration_single_fd=false&expulsion_single_fd=false&imprisonment_single_fd=false&lat=50.3061856&lon=12.3007083&zoom=6&map_agg=residence&language=de, https://www.mappingthelives.org/bio/0193d172-5157-465a-806e-c979820187b4?restrict_to_map_bounds=false&coordinates_show_all=false&forename=Werner&surname=Wolfsohn&res_single_fd=false&birth_single_fd=false&death_single_fd=false&deportation_single_fd=false&emigration_single_fd=false&expulsion_single_fd=false&imprisonment_single_fd=false&lat=50.3061856&lon=12.3007083&zoom=6&map_agg=residence&language=de; Informationen zur Familie Heine: https://de.wikipedia.org/wiki/Heine_(Familie). Digitale Quellen aufgerufen am 28. Januar 2025

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