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Julius van Cleef * 1879

Brahmsallee 14 (Eimsbüttel, Harvestehude)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Brahmsallee 14:
Clara Jaffé

Julius van Cleef, geb. am 25.12.1879 in Emden, am 8.11.1941 deportiert nach Minsk

Brahmsallee 14

Die Stadt Emden war nach dem Tod des letzten ostfriesischen Fürsten 1744 preußisch geworden. Auch in Ostfriesland galten nun die zu Beginn des 19. Jahrhunderts durchgesetzten preußischen Reformen, darunter das die bürgerliche Stellung der Juden betreffende Edikt von 1812. Es bestimmte, Juden seien "für Inländer und Preußische Staatsbürger zu achten". Voraussetzung war allerdings, dass sie sich bei der Polizeibehörde melden und einen festen Familiennamen angeben mussten. Die Wahl fiel dabei häufig auf den Herkunftsort der Männer. Daraus entstand manche genealogische Verwirrung. Zum Beispiel erhielten fünf Familien, die aus Kleve stammten, den Namen "van Cleef", ohne miteinander verwandt zu sein. So kam es, dass in den 1930er-Jahren in Hamburg zwei Männer namens Julius van Cleef lebten, die beide aus Emden stammten und beide am selben Tag nach Minsk deportiert wurden. Vielleicht kannten sie einander gar nicht. Für Julius van Cleef, geb. am 12.2.1877, wurde in der Maria-Louisen-Straße ein Stolperstein verlegt; Björn Eggert verfasste die zugehörige Biographie im Band "Stolpersteine in Hamburg-Winterhude".

Vor dem Haus Brahmsallee 14 wurde dem zwei Jahre jüngeren Julius van Cleef ein Stolperstein gewidmet. Seine Eltern, der Kaufmann Meyer van Cleef und seine Ehefrau Bertha, geborene Josephs, wohnten in Emden, Hofstraße 2. Julius besuchte die Volks- und Mittelschule in Emden, machte dort eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete mehrere Jahre lang in der Emdener Textilfirma I.M. Falk & Söhne. Einer seiner Neffen behielt ihn in Erinnerung als einen Mann mit mittlerer Bildung, der in kaufmännischen Dingen, besonders in der Textilbranche, außerordentlich versiert gewesen sei. Julius van Cleef vertrat sechs Firmen in Hamburg und Umgebung; seit den 1920er-Jahren wohnte er auch in Hamburg. Er war Mitglied der Wirtschaftsvereinigung "Handelsvertreter und Handelsmakler". Weil seine Vertreterfirma nicht handelsgerichtlich eingetragen werden konnte, besaß der Verband des Norddeutschen Textileinzelhandels keine Unterlagen über ihn aus den Jahren vor dem Kriege.

Julius van Cleef blieb ledig, er wohnte nacheinander in der Grindelallee, in der Heinrich-Barth-Straße 17, in der Klosterallee 24 und letztlich in der Brahmsallee 14 bei Jaffé. Als Gesamteindruck der Verhältnisse und des Lebensstils von Julius van Cleef hielt sein Neffe fest: In einer gut bürgerlich ausgestatteten Dreizimmerwohnung lebte er zusammen mit einer Tante, Schwester seiner Mutter, die er unterhielt und die ihm den Haushalt führte.

Der Betrag der von ihm entrichteten Kultussteuer lässt auf ein sehr gutes Einkommen schließen. Infolge der nationalsozialistischen Beschränkungen gingen seine Einkünfte stark zurück, sodass er sich bereits 1936 zu größter Sparsamkeit gezwungen sah. Nach dem Novemberpogrom 1938 war er wie viele Hamburger Juden kurzzeitig im KZ Sachsenhausen inhaftiert, wo ihn ein guter Bekannter aus Emden traf. Mit dem Pogrom begannen die totale Entrechtung und der wirtschaftliche Ruin der Juden. Julius van Cleef hat "am 10.11.1938 sein Gewerbe eingestellt", so lautete der Vermerk auf seiner Steuerkarte.

Julius van Cleef musste sich am 8. November 1941 dem zweiten großen Transport von Hamburger Juden anschließen, der tausend Menschen ins Getto von Minsk bringen sollte. Von Julius van Cleef drang kein Lebenszeichen mehr durch.

Zwei Neffen, die emigrieren konnten, erinnerten sich an die Verwandtschaft mit Julius van Cleef. Sie meldeten sich als seine Nacherben in den 1950er-Jahren mit Ansprüchen auf Wiedergutmachung. Es waren: Joseph Meyer, geb. 1909 in Prenzlau/Brandenburg, Rabbiner, wohnhaft in St. Agatha-des-Monts, Provinz Quebec, Kanada, und der Zahnarzt Dr. Max van Cleef, geb. 1909 in Goslar, aus Nathania in Israel.

Stand: Januar 2022
© Inge Grolle

Quellen: 1; 4; 5; StaHH 351-11 Amt für Wiedergutmachung 4418; Eggert, Stolpersteine in Hamburg-Winterhude, S. 68–71; Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in den Preußischen Staaten vom 11.3.1812 in: Gay, Geschichte, S. 128; Auskunft von Dr. Rolf Uphoff, Stadtarchiv Emden vom 19.8.2013 über die Familien van Cleef.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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