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Herbert Cohen * 1918

Dillstraße 21 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
HERBERT COHEN
JG. 1918
"SCHUTZHAFT" 1938
SACHSENHAUSEN
ERMORDET 5.12.1938

Weitere Stolpersteine in Dillstraße 21:
Bertha Berges, Charlotte Berges, Marianna Berges, Emma Blitz, Abraham Freimann, Karl Gänser, Julius Gottschalk, Minna Gottschalk, Hermann Samuel Gottschalk, Ernst August Gottschalk, Karola Gottschalk, Erwin Levinson, Flora Levinson, Hugo Levinson, Bert(h)a Seligmann

Herbert Cohen, geb. 5.8.1918, am 9.11.1938 im Rahmen der Novemberpogrome inhaftiert und ins KZ Sachsenhausen verbracht, dort am 5.12.1938 ermordet

Dillstraße 21, Rotherbaum

Herbert Cohen wurde am 5. August 1918 in Hamburg geboren. Er hatte sechs Geschwister, zwei Schwestern und vier Brüder. Seine Eltern Sarah Selma Cohen, geborene Müller, und Jakob Cohen verstarben 1926 und 1928. Die Familie war jüdisch.

Herbert Cohen und sein Bruder Erich, geboren 1. April 1920, waren bei der Familie Richard Hasenberg in der Bornstraße als Pflegekinder untergebracht. Richard Hasenberg war Büroangestellter bei der Baupolizei, die damals als Abteilung VIII zur Polizeibehörde gehörte. Er war Ende 1931 arbeitslos geworden. Seine Familie vermietete Zimmer in ihrer 5 1/2 Zimmerwohnung und nahm Pflegekinder auf.

Auf dem Deckel der Fürsorgeakte von Richard Hasenberg sind die Namen von Erich und Herbert Cohen jeweils mit Geburtsdaten notiert und später ausgestrichen. Bis zum März 1936 war Erich Cohen gemeinsam mit dem Pflegekind Richard Frankenthal, geboren am 9. April 1924, bei der Familie Hasenberg untergebracht. In einem Vermerk über einen Hausbesuch der Fürsorge vom 15. März 1936 hieß es, dass ein Pflegling in ein Heim kommen solle und ihm deshalb zum 31. März 1936 gekündigt worden war. Dabei handelte es sich um Erich Cohen, da Richard Frankenthal weiterhin in der Wohnung der Familie Hasenberg lebte. In einem Vermerk vom 8. Juni 1936 wird ein 17-jähriger Schüler erwähnt, der nun bei der Familie Hasenberg wohnte. Dabei dürfte es sich um Herbert Cohen gehandelt haben. Für ihn zahlte die Wohlfahrtsbehörde weiterhin RM 55 für die Unterkunft, wie vorher für seinen Bruder auch. (Für den damals 12-jährigen Richard Frankenthal wurden RM 28 gezahlt.) Herbert Cohen wird in der Akte nicht als Pflegekind bezeichnet, möglicherweise, weil er zu diesem Zeitpunkt bereits die Volksschule abgeschlossen hatte.

Nach Auskunft der Schulbehörde, die sich auf den ehemaligen Schulleiter der Talmud-Tora-Schule, Arthur Spier, bezog, verließ Herbert Cohen die Talmud-Tora-Volksschule Ostern 1933. Da er als Jude Schwierigkeiten hatte, eine Lehrstelle zu finden, "kehrte er zur Talmud-Tora-Schule zurück, und besuchte dort die ‚Schlosserabteilung‘. Diese Abteilung wurde 1934 gegründet, um Schüler und ehemalige Schüler der Talmud-Tora-Schule, die die Absicht hatten, in das damalige Mandatsgebiet Palästina auszuwandern, auf einen Handwerksberuf vorzubereiten."

Herbert Cohns Geschwister gingen hingegen davon aus, dass Herbert als Lehrling bei der Firma "J.H.C. Karstadt-Porges" beschäftigt war. Hierfür fanden sich aber im Wiedergutmachungsverfahren keine Belege, so dass die von der Schulbehörde beschriebene Ausbildung in der Talmud-Tora-Schule angenommen werden muss.

Später wohnte Herbert Cohn zur Untermiete in der Dillstraße 21, der genaue Zeitpunkt des Umzugs von der Bornstraße 6 zur Dillstraße 21 ist nicht bekannt. Er wurde wahrscheinlich im Rahmen des Pogroms am 9. November 1938 inhaftiert, in das Konzentrationslager Sachsenhausen verbracht und erhielt die Häftlingsnummer 8333. Dort starb er einen Monat später am 5. Dezember 1938.

In einer Mitteilung des Internationalen Roten Kreuzes vom 9. November 1967 lautete die Todesursache auf rechtsseitige "Unterlappenentzündung" (Lungenentzündung). Nach Angaben des Rechtsanwalts Koenig im Wiedergutmachungsverfahren verstarb Herbert Cohen durch "äussere Gewaltanwendung".

Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee beigesetzt.

Die Ausstellung "Juden brauchen wir hier nicht - Hamburgs jüdische Polizeibeamte-verdrängt, verfolgt, vergessen (1918-1952) würdigte das Schicksal Herbert Cohns als Pflegesohn Richard Hasenbergs.


Herbert Cohns Schwester Paula heiratete den nichtjüdischen Adolf Schmidt und überlebte die Verfolgung in einer sog. Mischehe. In ihrer Wiedergutmachungsakte gab sie an, 1945 der Deportation nach Theresienstadt nur entgangen zu sein, weil sie reiseunfähig im Israelitischen Krankenhaus lag. Adolf Schmidt wurde als "jüdisch Versippter" im Juni 1944 zur Zwangsarbeit, sogenannten Aufräumarbeiten, herangezogen.

Die Schwester Ruth heiratete Isaak Wertheimer. Sie und ihr Mann sowie die beiden Kinder flüchteten 1936 bzw. 1937 nach Amsterdam in die Niederlande, wurden aber von dort über das Durchgangslager Westerbork am 7. September 1943 nach Auschwitz deportiert, wo sie ermordet wurden. Für Ruth, Isaak und die Kinder Marion und Heinz Wertheimer wurden in der Rutschbahn 3 in Hamburg-Eimsbüttel Stolpersteine verlegt (Biographien siehe www.stolpersteine-hamburg.de).

Die Brüder Kurt, Josef, Erich und Alfred konnten rechtzeitig nach England auswandern und überlebten dort.

Stand: Januar 2023
© Martin Bähr

Quellen: StaH 213 Landgericht Hamburg – Wiedergutmachung 282 Paula Schmidt; 351-11 Amt für Wiedergutmachung 42051 Herbert Cohen, 32744 Paula Schmidt, 16296 Adolf Schmidt, 38501 Ruth Wertheimer, 20789 Isaak Wertheimer; 351-14 Arbeits- und Sozialwesen – Einzelfälle 1246 Richard Hasenberg; zur Praxis der Unterbringung von Pflegekindern s. Lohalm, Uwe: Fürsorge und Verfolgung. Hamburg 1998, S. 38 f., zur Einrichtung einer Werkschulabteilung der Talmud-Tora-Schule s.a. Lorenz, Ina/Berkemann, Jörg: Die Hamburger Juden im NS-Staat 1933 bis 1938/39. Band III, S. 419 ff.; Totenbuch KZ Sachsenhausen (https://www.stiftung-bg.de/totenbuch/ main.php, Abfrage am 22.01.2020); E-Mail KZ-Gedenkstätte Sachsenhausen v. 26.02.2020.

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