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Moriz Appermann * 1883

Emilienstraße 67 (vor Park) (Eimsbüttel, Eimsbüttel)


1942 verhaftet
KZ Fuhlsbüttel
ermordet 30.03.1942

Moriz Appermann, geb. am 15.4.1883 in Wien, 1942 verhaftet im KZ Fuhlsbüttel, dort ermordet am 30.3.1942

Emilienstraße 67

Moriz Appermann war jüdischer Herkunft, doch 1939 gab er in einem Vernehmungsprotokoll als Religion "gottgläubig" an. Das weist darauf hin, dass er zum Judentum in einem distanzierten Verhältnis gestanden haben dürfte. Jedenfalls trat er der Jüdischen Gemeinde in Hamburg nicht bei.

Sein Leben berührte die Geschichte zweier Familien: die seiner Familie aus erster Ehe mit Elka Appermann, geb. Verschleisser (wie Moriz Appermann war sie in Wien geboren und hatte sich mit ihrem Ehemann vermutlich um 1909 in Hamburg niedergelassen) und die seiner Familie aus der Ehe mit Martha Appermann, geb. Kröger. Die erste Ehe wurde nach der Erinnerung von Elka Appermann 1922 geschieden; tatsächlich muss der Scheidungstermin aber früher gewesen sei, da Moriz Appermann die Ehe mit Martha Kröger bereits im Dezember 1921 einging. Ihre Geschichte soll hier im Weiteren verfolgt werden.

Das Schicksal der Elka Appermann und ihrer vier Kinder wird dagegen in einer anderen Sammlung jüdischer Stolperstein-Biographien, der Sammlung für den Stadtteil Eilbek, behandelt. Dies ist durch in verschiedenen Stadtteilen getrennt verlegte Stolpersteine zu erklären, aber auch dadurch, dass es augenscheinlich zwischen beiden Familien kaum noch Kontakte gegeben hat. Zumindest geben die Unterlagen keinen Hinweis auf irgendwelche persönlichen Begegnungen und Erinnerungen bzw. auf justitiabel begründete Verpflichtungen zwischen ihnen.

Die Eltern des Moriz Appermann – der Vater, Samuel Appermann sicherte den Lebensunterhalt der Familie als Hutmacher in Wien, die Mutter Ernestine Appermann, war Hausfrau – waren vor Jahren aus Polen nach Wien gekommen. Sie werden nach der Geburt ihres Sohnes den Wunsch gehabt haben, ihren Jungen etwas "Besseres" werden zu lassen. Er erhielt eine umfassende Schulausbildung mit dem Ziel, ein Medizinstudium aufzunehmen. Doch habe er dazu keine rechte Neigung entwickelt, wusste seine spätere Ehefrau, Martha Appermann, zu berichten. Ob er dann die Schule vorzeitig mit der Mittleren Reife oder mit dem Abitur verlassen habe, wisse sie allerdings nicht mehr.

Sein eigentliches Interesse habe dem Kaufmannsberuf gegolten, weshalb er in einer österreichischen Tuchfabrik eine entsprechende Ausbildung absolvierte, so Martha Appermann weiter. Sei es die Lust am Reisen gewesen oder das Verlangen nach Unabhängigkeit, er entschied sich anschließend dafür, als Exportvertreter sein Einkommen zu verdienen. Reisen, die er für verschiedene Firmen unternahm, führten ihn bis in die Schweiz. Als selbstständiger Exportvertreter kam er auch nach Hamburg, wo er sich dann niederließ.

Am 20. Oktober 1909 gründete er in Hamburg mit einem Kompagnon, Gerhard Christian Römer, die "Appermann & Römer, Postkarten-Großhandel OHG". Zwei Jahre später wurde die Gesellschaft bereits wieder aufgelöst und Römer schied am 9. November 1911 aus, Moriz Appermann wurde alleiniger Inhaber.

Am 1. August 1914 begann der Erste Weltkrieg. Moriz Appermann gehörte dem Deutschmeister-Regiment Nr. 4 mit Standort in Wien an und wurde nach Österreich zu den Fahnen gerufen. Er übertrug das Geschäft am 6. Februar 1915 auf Elsa Brinckmann, geb. Kröger, und wusste die Geschäfte in vertrauenswürdigen Händen (Elsa Brinckmann war die Schwester der ihm persönlich nahestehenden Martha Kröger, seiner späteren Ehefrau). Martha Kröger kam ebenfalls "aus der Branche", hatte von 1904–1905 in Hamburg in der Graphischen Kunstan­stalt eine kaufmännische Ausbildung erhalten und dort bis zur Auflösung der Kunstanstalt im Jahr 1909 als Kontoristin und Lageristin gearbeitet: "Ich wurde dann von Herrn Appermann, meinem späteren Ehemann, angestellt", gab sie viele Jahre später zu Protokoll, als sie 1939 in einem Gestapoverhör in einer anderen Sache Rede und Antwort stehen musste.

Moriz Appermann, Landsturmmann und mit der Tapferkeitsmedaille ausgezeichnet, kam unversehrt aus dem Völkermorden des Ersten Weltkriegs zurück, fand den Weg nach Hamburg und übernahm am 25. September 1919 erneut seinen Postkarten-Großhandel.

Er hatte, als er seinen Großhandel gründete, zunächst am Mühlenkamp 1 gewohnt und das Geschäft unter der Adresse Brandsende 27 betrieben. Später zog er mit dem Geschäft in die Lange Reihe 47/49; zum Laden gehörten Wohnräume, so dass er dort auch seiner Familie eine Unterkunft bieten konnte. Wie bereits erwähnt, ließ er sich in Hamburg scheiden und heiratete jene Martha Kröger, die er in seinem Postkartenhandel angestellt hatte; sie war – am 6. März 1889 in Trittau, Kreis Stormarn, geboren – wenige Jahre jünger als er. Sie war nichtjüdisch und besaß die deutsche Staatsangehörigkeit (ebenso wie Moriz Appermann, dem sie allerdings 1935 aberkannt wurde: In diesem Jahr wurde er ausgebürgert und zum Staatenlosen erklärt).

Aus der Ehe mit Martha ging ein Sohn hervor, Fritz Appermann, dessen Geburtstag auf den 24. Dezember 1923 fiel. Dieser schilderte 1945 in seinem Wiedergutmachungsantrag, vor und besonders nach 1933 hätten die Nationalsozialisten Boykottaufrufe gegen das Geschäft seines Vaters initiiert; dabei habe sich besonders die NSDAP-Ortsgruppe Hachmannplatz hervorgetan; das seinige habe auch der "Fremdenverkehrsverein" in Hamburg beigetragen, ebenso wie die wirtschaftlichen Zwangsverbände wie die "Fachgruppe Ambulantes Gewerbe" und die "Wirtschaftsgruppe Einzelhandel". Die Folge sei gewesen, dass der Umsatz des väterlichen Geschäfts existenzbedrohend zurückgegangen sei.

Diese Entwicklung verdeutlichen auch die Umsatzzahlen, die Fritz Appermann, inzwischen Nachfolger seines Vaters im Unternehmen, 1945 im Wiedergutmachungsverfahren vorlegte. Danach hatte der Jahresumsatz des Unternehmens Mitte der 1920er Jahre zeitweilig bei über achtzigtausend Reichsmark (RM) gelegen (1925 bei 85.600 RM und 1930 bei 83.400 RM). Danach geriet der Postkartengroßhandel in die Auswirkungen der Wirtschaftskrise und den Boykott der Nazis: 1933 betrug der Umsatz nur noch 22.100 RM und lag 1934 bei 25.500 RM, konnte bis 1938 aber wieder auf 30.200 RM gesteigert werden. Nachdem das Geschäft dann 1938 an die Cousine E. Römer abgetreten worden sei, brachte bereits das folgende Geschäftsjahr 1939 einen Anstieg des Umsatzes auf 40.100 RM; wenige Jahre später konnte fast an die besten Ergebnisse der 1920er Jahre angeknüpft werden, als 1941 ein Umsatz von 76.000 RM erzielt wurde; 1943 wurde dann durch die verheerenden Luftangriffe für alle Hamburger Einzelhandelsgeschäfte ein Katastrophenjahr, von dem sie sich bis Kriegsende nicht wieder erholten.

Mit diesen Umsatzzahlen hatte – wie die Hamburger Handelskammer 1955 bestätigte – die Fa. Moriz Appermann bis 1933 zu den führenden Firmen im Ansichtskartenvertrieb und als Glückwunschkartengroßhändler gezählt. Ein ehemaliger Geschäftspartner schrieb dazu: "In den Jahren ab 1933 wurde das Geschäft boykottiert, wodurch ein starker Umsatzrückgang zu verzeichnen war. Um den Befreiungsnachweis [d. h. die Erlaubnis für den Handel mit Kulturgütern] der damaligen Reichskulturkammer zu erhalten, wurde die Firma auf die Nichte des Herrn Appermann übertragen und konnte dann noch eben existenzfähig bleiben. Die Zahl der Angestellten wird im Schnitt auf 2–3 Personen geschätzt [die Nichte E. Römer gab für die Zeit, als sie Geschäftsführerin war – neben Martha Ackermann als Prokuristin – drei Angestellte im Innendienst, zwei Vertreter und zwei Boten an]. Ansonsten haben früher Frau Appermann und ihr Sohn ständig mitgearbeitet."

Kunden des Postkarten-Großhandels waren u. a. Fremdenführer, die Durchreisende und Touristen bei ihren Besichtigungstouren durch die Stadt begleiteten. Ihre mehr oder weniger ausgeschmückten Geschichten illustrierten sie gern mit Ansichtsfotos und -karten der Stadt, und deren Verkauf bedeutete für sie einen willkommenen Nebenverdienst. Reinhold B. (Finkenwerder) war einer von ihnen. Moriz Appermann sei "als äußerst anständiger und zuvorkommender Lieferant bekannt" gewesen, "wie auch viele andere Kollegen Karten und Fotos" von ihm bezogen hätten. Im Jahr 1935 seien er und andere Fremdenführer von der Fachschaft "Fremdenverkehr" und durch die "Deutsche Arbeitsfront" aufgefordert worden, den Warenbezug von jüdischen Firmen einzustellen, wobei nicht alle mit dieser Forderung einverstanden gewesen seien: "Einige wenige Kollegen und ich kümmerten uns einstweilen nicht um dieses Verbot und auf Vorhaltungen von Parteigenossen der Fachschaft erklärten wir, daß doch nachweisbar die Erzeugnisse von deutschen Menschen und Druckereien stammen. Wir wurden denunziert und erhielten schriftlichen Bescheid, daß wir mit dem Ausschluss zu rechnen hätten und daß unsere undeutsche Einstellung zu bedrohlichen Maßnahmen führen könnte [...] Wir mussten Herrn Appermann leider diese traurige Mitteilung machen. Herr A. war bereits durch ähnliche Vorkommnisse und Verkaufsschwierigkeiten ein vollkommen gebrochener Mann. Ja, er getraute sich kaum noch in unsere Nähe. Herr Appermann musste aus dem Verkauf persönlich ausscheiden. Ich erkannte das Schicksal, das diesem aufrichtigen Menschen bevorstand. Ein Rückgang seines bisher umfangreichen Geschäftes bis zum Ruin und bis zur völligen seelischen Erkrankung."

Die Auswirkungen dieser rassenpolitisch begründeten Maßnahme der Wirtschaftsbehörden führten nicht nur dazu, dass Geschäftspartner Appermanns sich zurückzogen; mit entsprechenden Begründungen wurde ihm kommissionierte Ware zurückgeschickt, was nicht nur zu­sätzliche Arbeitsbelastungen nach sich zog, sondern auch das verfügbare Kapital des Unternehmens verringerte, da jetzt Gutschriften an die aussteigenden Geschäftsfreunde gezahlt werden mussten.

Fritz Appermann erklärte später, die Eltern hätten anfangs gehofft, dem Boykott entgehen zu können, indem der Vater die Geschäftsführung der Mutter, Martha Appermann, übertrug. Das geschah und mit dem 8. Januar 1937 hieß es in einem Eintrag des Handelsregisters, dass die bisherige Firma des Unternehmens in "Postkarten-Großhandlung Hansa, Martha Appermann" geändert worden sei; Geschäftsführerin sei eben diese. Doch auch dieser Schritt habe nicht zur Verbesserung der Geschäftslage geführt. "Ende 1938 erschienen bei meiner Mutter [dann] zwei Beamte der [Reichs-]Kulturkam­mer und untersagten uns den Verkauf von Kulturgut, worunter sämtliche Visit- und Glückwunschkarten mit Prägung fielen." Da­mit schien das Ende des Geschäfts gekommen zu sein.

Nach dem Pogrom vom 9./10. No­vember 1938 wurde allen jüdischen Geschäftsleuten zum Ende des Jahres die wirtschaftliche Betätigung untersagt. Moriz und Martha Appermann entschieden sich in dieser Situation, das Geschäft der Nichte Elsa Römer zu übertragen; dies erfolgte mit der Übereinkunft, dass das Geschäft wieder an Moriz und Martha Appermann zurück­übertragen würde, wenn die innenpolitische Lage es zuließe. Es firmierte jetzt als "Postkarten-Großhandlung Hansa Elsa Römer". Letztere war Geschäftsführerin geworden, wäh­rend Martha Appermann als gelernte kaufmännische Angestellte Prokura erhielt. Sie sollte mit ihrem Gehalt (monatlich 350 RM) der Familie die Existenz sichern. Moriz Appermann dagegen musste sich als Jude jeglicher geschäftlicher Einflussnahme enthalten. (Am 1. August 1945 erfolgte die Rückübertragung des Geschäfts an Martha und Fritz Appermann und wurde mit dem Eintrag ins Handelsregister vom 11. Juni 1946 unter der Firmierung "Hansa Verlag und Großhandel M. Appermann & Sohn" rechtskräftig.)

Die Hamburger Gauwirtschaftskammer gab im November 1938 ihre Zustimmung zu der Übertragung der Firma von Martha Appermann auf Elsa Römer nur unter der Bedingung, "dass die dem Geschäft angeschlossene Wohnung von der Familie Appermann geräumt werden müsse, damit das Geschäft von Herrn Moriz Appermann nicht jüdisch beeinflusst würde." Für die Familie begann die mühsame Suche nach einer Wohnung, die 1939 in der Emilienstraße 67 (II. Etage) ein vorläufiges Ende fand.

Im Juli 1943 wurde dieses Haus während der "Operation Gomorrha" zerstört. Familie Appermann verlor ihre gesamte Wohnungseinrichtung, konnte aber auf ihre frühere Ladenwohnung Lange Reihe 47/49 zurückgreifen (zumal das Haus in der Langen Reihe während der Luftangriffe nur geringen Schaden erlitten hatte). Allerdings lebte Moriz Appermann zu diesem Zeitpunkt nicht mehr.

Er war am 27. März 1942 von der Gestapo verhaftet worden. "Nach dreitägiger politischer Haft in Fuhlsbüttel", so Martha Appermann 1946, sei er "angeblich einem Herzschlag erlegen". Als Todestag sei ihr der 30. März 1942 genannt worden, eine Begründung für das "Herzversagen" habe es nicht gegeben. In späteren Schreiben an die Behörden bezeichnete sie die "politisch" erfolgte Verhaftung ihres Mannes als "rassenpolitische" Verhaftung – allerdings geht aus ihren Briefen und den Schreiben ihres Sohnes nicht hervor, was für die Gestapo Anlass gewesen war, ihren Ehemann zu verhaften.

Drei Jahre zuvor war er wegen einer Ordnungswidrigkeit mit der Gestapo in Konflikt geraten. Die judenfeindlichen Vorschriften und Erlasse des nationalsozialistischen Deutschlands verlangten 1938, dass jüdische Staatsbürger ihrem bisherigen Vornamen die Zusatznamen Israel oder Sara anfügen mussten. Moriz Appermann war der Ansicht gewesen, es würde aus­reichen, diese Namensänderung beim zuständigen Standesamt in seinem Geburtsort Wien anzumelden. Das war ein Fehler. Er hätte es auch der für ihn zuständigen Aufsichtsbehörde, der Hamburger Polizei, mitteilen müssen; am 19. April 1939 hatte er das zwar nach­geholt, aber das war zu spät, da als Frist der 31. Dezember 1938 festgelegt worden war.

Er war nicht der Einzige, der sich für ein derartiges Versäumnis rechtfertigen musste. Doch führte dies in seinem Fall nicht nur dazu, dass er am 27. Mai 1939 von der Gestapo zu einem Verhör durch Krim.-Ass. Döhlemann vorgeladen und getadelt, der Fall dem Amtsgericht übergeben und er mit einem Strafbefehl über 20 RM zuzüglich Gebühr von 2,50 RM bedacht wurde. Schon das wird viel Geld für die ohnehin schon in ihrer Existenz bedrohte Familie gewesen sein. Krim.-Ass. Döhlemann entwickelte aus den ihm vorliegenden Familien- und Geschäftsverhältnissen zusätzlich den Verdacht, bei Moriz und Martha Appermann könne ein "Verbrechen gegen die VO. vom 22.4.1938 betr. Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe" vorliegen: Die Ehefrau arbeitete immerhin als Prokuristin in einem Betrieb, der zuvor dem jüdischen Ehemann gehört hatte. Er reichte den Fall an die Staatsanwaltschaft weiter.

Diese ermittelte. Am 1. Juni 1939 musste auch Martha Appermann bei der Gestapo erscheinen und Auskunft über die Betriebsverhältnisse der "Postkarten-Großhandlung Hansa, Elsa Römer" geben und warum sie dort als Prokuristin tätig sei. Sie erklärte den Sachverhalt: Das Geschäft sei in den letzten Jahren zurückgegangen. Jetzt aber habe eine Verwandte das Geschäft übernommen und sie, Martha Appermann, sei dadurch von Verbindlichkeiten befreit, für die sie hätte aufkommen müssen. Dazu wäre sie nicht in der Lage gewesen.

Die Verwandte habe sie dann als Prokuristin angestellt, damit sie den Lebensunterhalt für ihre Familie verdienen könne. Mit einer Aktennotiz des Oberstaatsanwalts beim Landgericht Hamburg vom 5. Juni 1939 wurde das Ermittlungsverfahren eingestellt.

Fritz Appermann hatte im Geschäft des Vaters mitgearbeitet – gezwungenermaßen, denn eigentlich hatte er ein Studium der Rechts- oder Staatswissenschaften oder der Volkswirtschaftslehre angestrebt. Da sein Vater Jude war, war ihm das verwehrt. Doch auch seine Mitarbeit in dem ehemals väterlichen Geschäft musste er 1944 aufgeben, als er zur Teilnahme am Zwangsarbeitseinsatz für "Mischlinge" herangezogen wurde. Nach dem Krieg beschrieb er den Arbeitseinsatz:
"Art der Tätigkeit:
Berufsfremde Arbeit, und zwar: Trümmerräumung im HEW-Werk Neuhof; Entladen von Schuten mit Sand und Ziegelsteinen; Transportarbeiten; Auf- und Abladen von Wagen mit Gerüstteilen; Handlangerarbeiten; Putz von Anlagen des HEW-Werks Neuhof; einige Male russische, mehrere Wochen italienische Zwangsarbeiter in Neuhof beaufsichtigt, wobei ich die Italiener außerdem auf dem Weg von Wandsbek nach Neuhof zu begleiten hatte; Beifahrer eines LKW-Chauffeurs, der für die HEW fuhr; Schneeschaufeln; Aufräumungsarbeiten in verschiedenen Hamburger Stadtteilen; Luftschutzkellerbau im Marienkrankenhaus; Nachteinsatz in Harburg zwecks Beseitigung von Zerstörungen an Gleisanlagen; Ausheben von Schützengräben in Hamburg; Gräberausschaufeln auf dem Ohlsdorfer Friedhof sowie Zuschaufeln von Gräbern; zweimal etwa Nachtdienst im Bauamt Wandsbek, um Telefongespräche anzunehmen."

Erst im Herbst 1945, nach der Befreiung, erhielt er die Möglichkeit, ein Studium an der Hamburger Universität zu beginnen. Das Geschäft wurde wieder von seiner Mutter geführt. Er schloss das Studium mit dem Titel eines Diplom-Volkswirts ab und war anschließend in der Führung des elterlichen Großhandels tätig; er starb in jungen Jahren am 25. August 1952 in Hamburg.

Martha Appermann, geb. Kröger, starb am 10. Oktober 1955 in Hamburg.

© Peter Offenborn

Quellen: 1; 2 (Wera Appermann); StAH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht - Strafakten 4929/39; StAH 213-11 Staatsanwaltschaft Landgericht – Strafakten 5608/43; StAH 351-11 AfW 11118. Ab.; Ingo Wille überließ mir die Information des ‚Auschwitz Museum Archives’ (L.dz.I-Arch-i/6057-63/11) und den Hinweis auf die Heiratsurkunde von Moriz und Martha Appermann, geb. Kröger.

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