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Frieda Franziska Emanuel * 1913
Heußweg 17 (Eimsbüttel, Eimsbüttel)
1942 Ravensbrück
am 21.02.1942 ermordet in Bernburg/Saale
Weitere Stolpersteine in Heußweg 17:
Marion Emanuel, Wolfgang Emanuel, Rosa Emanuel
Iwan (Ivan) Emanuel, geb. am 30.3.1876 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, hungers gestorben am 18.7.1942
Henriettenstraße 32
Frieda Franziska Emanuel, geb. am 8.10.1913 in Hamburg, mehrfach in Konzentrationslagern inhaftiert, im Februar 1942 in die Tötungsanstalt Bernburg a. d. Saale eingewiesen, dort ermordet am 21.2.1942
Marion Emanuel, geb. am 25.12.1935 in Hamburg, am 19.7.1942 nach Theresienstadt, am 6.10.1944 nach Auschwitz deportiert
Rosa Emanuel, geb. am 22.4.1911 in Hamburg, mehrfach in Konzentrationslagern inhaftiert, 1942 in die Tötungsanstalt Bernburg a. d. Saale eingewiesen, dort ermordet am 7.2.1942
Wolfgang Emanuel, geb. am 29.12.1935 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, deportiert nach Auschwitz am 6.10.1944
Heußweg 17
Die Hamburger jüdische Familie Emanuel war groß. Iwan Emanuel war zweimal verheiratet und hatte sieben Kinder: Bertha (geb. 1902), Renata Rahel (geb. 1903), Hertha (geb. 1906), Paul (geb. 1909), Rosa (geb. 1911), Frieda (geb. 1913) und Irmgard (geb. 1916). In Eimsbüttel und Hoheluft-West liegen insgesamt sieben Stolpersteine für Iwan Emanuel, vier seiner sechs Töchter und zwei seiner Enkelkinder. Die Steine für Hertha, verheiratete Parnass, und Rena Rahel, verheiratete Drehmel, liegen in der Meth-fesselstraße 13 und in der Gärtnerstraße 117. (Zur Familiengeschichte s. auch die Biographie Renata Rahel Drehmel und Ehepaar Parnass)
Iwans Vater war der jüdische Ingenieur Philipp Emanuel, die Mutter war Bertha, geb. Kreiner oder Kreinder. 1876, als er geboren wurde, wohnte die Familie in der Marktstraße. Als Iwan 1901 Franziska Horwitz, die auch Jüdin war, heiratete, war seine Mutter bereits verstorben und sein Vater wohnte im Hellkamp 18. 1909 wurde Iwans erste Ehe geschieden. Aus ihr stammten die Töchter Bertha, Rena und Hertha. In zweiter Ehe heiratete er im Dezember 1909 unmittelbar nach seiner Scheidung die 1879 geborene Jüdin Lea Ella Andrade, mit der er in der Bellealliancestraße 41 wohnte. Mit Lea hatte Iwan Emanuel die Kinder Paul, Rosa, Frieda und Irmi. Seine geschiedene Ehefrau Franziska heiratete übrigens Leas Bruder, den Auktionator Joseph Andrade. Lea Emanuel verstarb im Mai 1939.
Iwan Emanuel war gelernter Uhrmacher, arbeitete aber bei der Kaiverwaltung im Hamburger Hafen. Im Juli 1933 erfolgte seine Entlassung im Rahmen des Gesetzes "zur Wiederherstellung des Berufs-beamtentums". In den Jahren vor und nach 1920 hatte er einen Laden in der Margaretenstraße 15. Hier handelte er vorwiegend mit Möbeln, aber auch mit anderen Waren, die er ankaufte und verkaufte. Im Adressbuch findet sich sein Name unter dieser Adresse mit der Berufsbezeichnung Taxator. Seine politische Einstellung war, wie die vieler deutscher Juden, deutsch-national. Er nahm am Ersten Weltkrieg teil und empörte sich 1919 gegen den "roten Pöbel", die Anhänger der Arbeiter- und Soldatenräte.
Seit 1930 wohnte Iwan Emanuel in der Henriettenstraße 32. Am 8. November 1941 wurde er nach Minsk deportiert, wo er am 18. Juli 1942 starb. Wie seine Tochter im Wiedergutmachungsverfahren angab, hatte ein Rückkehrer berichtet, er sei an Unterernährung gestorben. Seine letzte Adresse, von der aus er deportiert wurde, war die Bundesstraße 40 II. Die Wohnung in der Henriettenstraße war Emanuels genommen worden; anschließend mussten sie dann in einem Zimmer leben. Einen Tag vor seiner Deportation hatte Iwan Emanuel zum dritten Mal geheiratet. Seine Ehefrau wurde die Jüdin Margarethe Heimann, verwitwete Levor.
Die Töchter Rosa und Frieda bekamen 1935, kurz nach Verkündung der Nürnberger Rassegesetze, ein Kind. Die Väter der Kinder waren nichtjüdisch, eine Eheschließung somit unmöglich. Rosa war die Mutter von Marion Ella Emanuel, Frieda die von Wolfgang Emanuel. Beiden Müttern wurde "Rassenschande" vorgeworfen. Als jüdische Frauen wurden sie nicht vor Gericht gestellt und "rechtskräftig" verurteilt, sondern von der Gestapo einfach weggesperrt. Frieda hatte bis zu ihrer Verhaftung bei ihren Eltern gewohnt. Sie wurde 1938 im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert und im November 1938 ins KZ Lichtenburg überstellt, dort am 11. November 1938 registriert und erhielt die Häftlingsnummer 1113. Mitte Mai 1939 wurde sie zusammen mit den anderen Lichtenburger Frauen ins KZ Ravensbrück verlegt. Die Nummer behielt sie auch dort.
Von Rosa fand sich noch eine Akte aus dem Frauengefängnis Fuhlsbüttel, wo sie im Januar 1934 eine eintägige (!) Haft wegen einer "Übertretung" verbüßte. Das Urteil war im Oktober 1933 gefällt worden, als Rosa noch bei ihren Eltern in der Henriettenstraße 32 parterre wohnte. Aus der "Personalbe-schreibung" auf dem Erfassungsbogen geht hervor, dass Rosa 148 cm groß war. Sie war schlank, hatte schwarze Haare und braune Augen.
Später wohnte Rosa in der Amandastraße 28. Im April 1939 gebar sie ein weiteres Kind, den Sohn Uri. Uri hat überlebt. Er soll von Nachbarn versteckt worden sein und lebte später in Israel. 1941 wurde auch Rosa zunächst in Fuhlsbüttel inhaftiert und kam von dort ins KZ Ravensbrück. Ihre Häftlingsnummer war 5999. Die Zugangslisten mit dieser Nummer existieren in Ravensbrück nicht mehr, vermutlich kam sie aber nach dem März 1941 dorthin.
1942 wurden beide Schwestern im Rahmen der "Aktion 14 f 13" in der Tötungsanstalt Bernburg a. d. Saale ermordet. Die "Aktion 14 f 13" war die Fortführung des "Euthanasie"-Programms der National-sozialisten, wonach "lebensunwertes" Leben systematisch vernichtet wurde. Insassinnen und Insassen von Heil- und Pflegeanstalten waren die ersten Opfer, später wurden Konzentrationslagerhäftlinge weit-gehend willkürlich "ausgesondert" und in den "Euthanasie"-Anstalten Hartheim, Bernburg und Sonnen-stein ermordet. Die Zahl der Opfer allein der "Sonderbehandlung 14 f 13" wird auf zwanzigtausend Menschen geschätzt, darunter ca. 1.400 Frauen und Männer, mehrheitlich jüdischer Herkunft, aus dem Konzentrationslager Ravensbrück. Dort wurde der Arzt Friedrich Mennecke, der schon als "T 4"-Gutachter gearbeitet hatte, damit beauftragt, Häftlinge auszuwählen. Man schätzt, dass allein von den ersten drei Transporten aus dem Frauen-KZ mindestens 1.200 gesunde Menschen und 400 Kranke betroffen waren, die alle in Bernburg durch Gas getötet wurden. Akten dazu existieren nicht mehr.
Im März 1942 wurde eine Urne mit Rosas Asche vom KZ Ravensbrück zum Jüdischen Friedhof an der Ilandkoppel überführt. Sie war mit der Nummer 2813 gekennzeichnet. Im Gedenkbuch finden sich für die Schwestern zwar Todesdaten, da es offizielle Sterbelisten gab, aber die Sterbedaten auf diesen Listen sind oft fiktiv, weil die Nationalsozialisten den Tod in den Gaskammern in Bernburg zu vertuschen suchten.
Die beiden Kinder der Schwestern Emanuel lebten vorübergehend im Israelitischen Waisenhaus. Die Tante Bertha Kahl, geb. Emanuel, die in einer Mischehe lebte, holte sie dort heraus und brachte sie bei sich und einer hilfsbereiten "arischen" Nachbarin namens Mettke im Heußweg 17 unter. Mettkes wollten die kleine Marion sogar adoptieren, aber das wurde durch den Deportationsbefehl vereitelt. Mettkes waren wohl mit Bertha Kahl befreundet. Beide Ersatzmütter packten kleine Rucksäcke und brachten die Kinder zum Sammelplatz. Ein letzter Brief der Kinder an die Eltern, mangels Adresse an die Gemeinde geschickt und einer Erwachsenen diktiert, ist erhalten: "Hier sagen alle, wir werden immer größer und dicker und frecher (…)".
© Susanne Lohmeyer
Quellen: 3; 4; 5; StaH 213-8 Staatsanwaltschaft Oberlandesgericht - Verwaltung, Ablieferung 2, 451 a E 1, 1 c; StaH 242-1II Gefängnisverwaltung II, Ablieferung 13, Gefangenenkartei für Frauen (Ältere Kartei); StaH 332-5 Standesämter, 1881 und 1591/1876; StaH 332-5, 690 und 521/1913; StaH 332-5, 2968 und 1285/1901; StaH 332-5, 1952 und 1360/1879; StaH 332-5, 8667 und 936/1909; StaH 332-5, 8671 und 371/1910; StaH 332-5, 1150 und 267/1942; StaH 351-11 AfW, 300376; StaH 522-1, 992e2, Bd. 5 (Deportationslisten); HAB IV 1920, 1926, 1930; Auf den Spuren jüdischer Geschichte – Stadtteilrundgänge in Hamburg-Eimsbüttel, S. 24f.; Linde Apel, Jüdische Frauen im Konzentrationslager Ravensbrück,S. 296ff.; Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück Archiv, Auskunft vom 9.3.2011; Mahn- und Gedenkstätte Lichtenburg Archiv, Auskunft vom 12.3.2011.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".