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Gerhard Feige * 1926

Koppel 102 (Hamburg-Mitte, St. Georg)


HIER WOHNTE
GERHARD FEIGE
JG. 1926
EINGEWIESEN 1939
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 1941
HEILANSTALT TIEGENHOF
ERMORDET 12.12.1942

Johann Adolf Gerhard Feige, geb. am 2.11.1926 in Lauenburg (Elbe), aufgenommen am 11.3.1939 in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf), deportiert in die Gau-Heilanstalt Tiegenhof (Dziekanka) bei Gnesen (heute Gniezno) am 27.11.1941, dort gestorben am 12.12.1941

Koppel 102 (St. Georg)

Johann Adolf Gerhard (Rufname Gerhard) Feige wurde am 2. November 1926 in Lauenburg an der Elbe geboren. Seine Eltern, der Kraftwagenfahrer Ernst Feige und dessen Ehefrau Luise Feige, geborene Stahmer, wohnten in der Straße Koppel 102 im Hamburger Stadtteil St. Georg, als ihr Sohn am 11. März 1939 in den damaligen Alsterdorfer Anstalten aufgenommen wurde. Als Grund für die Aufnahme wurde von den Alsterdorfer Anstalten notiert: "Idiotie mit schweren körperlichen Mißbildungen (Klumpfüße)". ("Idiotie" ist ein nicht mehr gebräuchlicher Begriff für einen schwere Form der Intelligenzminderung.)

Die Patientenakte von Gerhard Feige ist nicht mehr verfügbar, sodass wir keine näheren Einzelheiten über seine Kindheit und seine Familie oder seine beiden Jahre in der Anstalt kennen.

Gerhard Feige wurde am 28. Juli 1941 zusammen mit weiteren 49 Männern aus den Alsterdorfer Anstalten mit Bussen der ‚Gemeinnützigen Krankentransport-Gesellschaft‘ (GeKraT) in die Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn im Norden Hamburgs verlegt. Drei Tage später folgten ihnen mindestens 20 Frauen. Diese Transporte mit überwiegend besonders schwachen und nicht arbeitsfähigen Menschen waren nach den Meldebögen zusammengestellt worden, die die Anstalt zuvor an die "Euthanasie"-Zentrale in der Tiergartenstraße 4 in Berlin geschickt hatte.

Obwohl Gesundheitssenator Ofterdinger dem Leiter der Alsterdorfer Anstalten, Pastor Friedrich Lensch, versichert hatte, es handele sich lediglich um eine Verlegung, um die Alsterdorfer Anstalten zu entlasten und die in Langenhorn leerstehenden Betten sinnvoll zu nutzen, wurden die Alsterdorfer Patientinnen und Patienten zwischen dem 26. September und dem 27. November 1941 in mehreren Transporten von insgesamt mehr als 200 Menschen in die "Gauheilanstalt" Tiegenhof abtransportiert. (In dem Hamburger Gedenkbuch Euthanasie lassen sich 206 Personen nachweisen.)

Die psychiatrische Anstalt Dziekanka in der Nähe von Gnesen war im Oktober 1939 von der deutschen Wehrmacht besetzt worden und hatte die Bezeichnung "Gau-Heilanstalt Tiegenhof" erhalten. Bis zum Sommer/Herbst 1941 ermordeten die deutschen Besatzer die polnischen Patientinnen und Patienten in mehreren Aktionen. Als die Hamburger Transporte in Tiegenhof eingetroffen waren, traf dieses Schicksal auch sie. Sie wurden getötet durch Überdosierung von Medikamenten sowie durch Verwahrlosung.
In den Tiegenhofer Unterkünften befanden sich separate Tötungszimmer, in denen den wehrlosen und entkräfteten Opfern tödliche Mittel injiziert, mittels Klistier eingeführt oder aufgelöst in Suppe verabreicht wurden.

Nach dem Aufnahmebuch der Anstalt Tiegenhof wurde Gerhard Feige dort am 27. November 1941 aufgenommen. Er starb nur 15 Tage später am 12. Dezember 1941 (nicht 12.12.1942 wie auf dem Stolperstein eingraviert), laut Eintragung im Tiegenhofer Aufnahmebuch angeblich an allgemeiner Kreislauf- und Körperschwäche. Seiner Sterbeurkunde enthält demgegenüber als Todesursache die Angabe "Schwachsinn erheblichen Grades".

Es ist sicher anzunehmen, dass er keines natürlichen Todes starb.

© Ingo Wille

Quellen: Adressbuch Hamburg 1939, Evangelische Stiftung Alsterdorf Aufnahmebuch; Archiv Szpital dla Nerwowo i Psychicznie Chorych Dziekanka Aufnahmebuch; Standesamt Gniezno Sterberegisterauszug Nr. 372/1941 (Johann Adolf Gerhard Feige). Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 269 ff.

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