Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine


zurück zur Auswahlliste

Jürgen Frank * 1939

Pinneberger Straße 15 (Eimsbüttel, Schnelsen)


HIER WOHNTE
JÜRGEN FRANK
JG. 1939
EINGEWIESEN1943
ALSTERDORFER ANSTALTEN
"VERLEGT" 7.8.1943
HEILANSTALT EICHBERG
"KINDERFACHABTEILUNG"
ERMORDET 17.8.1943

Jürgen Frank, geb. am 1.7.1939 in Hamburg, aufgenommen in die damaligen Alsterdorfer Anstalten am 19.6.1943, "verlegt" am 7.8.1943 in die Landesheilanstalt Eichberg, ermordet am 17.8.1943

Pinneberger Straße 15 (ehemals Hausnummer 15a), Hamburg-Schnelsen

Jürgen Frank, geboren am 1.7.1939, war das zweite Kind des am Hamburger Thalia-Theater beschäftigten Bühnendekorateurs Hans Frank und seiner Ehefrau Elliot, geborene Lüthje. Jürgen hatte eine ältere Schwester (geboren 1937).

Jürgen Franks Mutter erkrankte an Krebs und kam im Frühjahr 1943 für längere Zeit ins Krankenhaus. Zu dieser Zeit war Jürgens Vater zur Wehrmacht einberufen. Offenbar konnte niemand Jürgens Betreuung übernehmen, so dass er im Heim der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt in der Averhoffstraße 5 untergebracht wurde. Kurz darauf erklärte ihn der Arzt des Heimes, Zahn, als für das Heim untragbar. Seine Begründung: "Nässt und schmutzt ein, spricht kaum, spielt nicht, ist völlig anormal". Der Arzt kam zu dem Ergebnis "Bewahrung ist notwendig" und schlug vor, Jürgen den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) zu übergeben. Dies geschah am 19. Juni 1943.

Der vier Jahre alte Jürgen Frank wurde bei seiner Aufnahme in den Alsterdorfer Anstalten als ein körperlich und geistig zurückgebliebenes Kind beschrieben, das Worte nachsprechen konnte, einen zufriedenen Eindruck machte, lachte und seine Umgebung beobachtete.

Nach dem Krankenhausaufenthalt nahm Jürgen Franks Großmutter ihre Tochter und auch ihre Enkelin (Jürgen Franks Schwester) zu sich nach Rostock. Dies erfuhren die Alsterdorfer Anstalten erst durch eine Mitteilung der Rostocker Reichsarbeitsdienstführerin Maria Kröher vom 22. August 1943. Kurz darauf teilten die Alsterdorfer Anstalten mit, "dass der kleine Jürgen Frank infolge Bombenschaden in unseren Anstalten am 7.8.1943 in die Pflegeanstalt Eichberg/Rheingau verlegt worden ist."

Zusammen mit Jürgen Frank wurden am 7. August 1943 aus den Alsterdorfer Anstalten insgesamt 128 Kinder und Männer in die "Heil- und Pflegeanstalt Kalmenhof" bei Idstein und in die "Landesheilanstalt Eichberg" im Rheingau abtransportiert. Von den 28 Kindern der Alsterdorfer Anstalten kamen 20 sofort in die "Kinderfachabteilung" der Anstalt Eichberg, höchstwahrscheinlich auch Jürgen Frank.

Der allgemeine Begriff "Kinderfachabteilung" wurde im nationalsozialistischen Deutschen Reich als beschönigende Bezeichnung für besondere Einrichtungen der Psychiatrie in Krankenhäusern sowie in Heil- und Pflegeanstalten verwendet. Sie dienten der "Kinder-Euthanasie", also der Forschung an und Tötung von Kindern und Jugendlichen, die körperlich oder geistig schwer behindert waren.

Der vier Jahre alte Jürgen Frank überlebte den Transport nach Eichberg nur zehn Tage.

Laut Standesamt Erbach im Rheingau starb Jürgen Frank am 17. August 1943, angeblich an "Herzschwäche, Siechtum, Verblödung".


Stand: Dezember 2019
© Ingo Wille

Quellen: Evang. Stiftung Alsterdorf, Archiv, V 43; Standesamt Erbach, Rheingau, Sterberegister Nr. 421/1943; Wunder, Michael, Genkel, Ingrid, Jenner, Harald, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr, S. 289–298; https://de.wikipedia.org/wiki/Kinderfachabteilung, Zugriff 19.9.2019.

druckansicht  / Seitenanfang