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Stolpertonstein

Erzähler: Thomas Karallus
Sprecherin: Ulrike Johannson
Biografie: Benedikt Behrens
Olga und Irma Fränkel (v.l.)
© Privatbesitz

Irma Fränkel * 1913

Haderslebener Straße 5 (Hamburg-Nord, Dulsberg)



Weitere Stolpersteine in Haderslebener Straße 5:
Olga Fränkel

Olga Fränckel (Fränkel), geb. Heller, geb. 14.7.1875 in Komotau (Tschechien), deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, weiterdeportiert am 21.9.1942 ins Vernichtungslager Treblinka
Irma Fränckel (Fränkel), geb. 13.1.1913 in Hamburg, deportiert am 6.12.1941 nach Riga, weiterdeportiert im Herbst 1944 ins KZ Stutthof

Haderslebener Straße 5

Olga Fränckel wurde als Tochter des in Komotau, am Südrand des böhmischen Erzgebirges, lebenden jüdischen Ehepaars Leopold und Therese Heller geboren, sie hatte einen Bruder namens Victor. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts Näheres bekannt, ebenso ist ungewiss, wann sie nach Hamburg kam. In der Hansestadt heiratete sie den Hamburger jüdischen Kaufmann Franz Joseph Fränckel (geb. 1873), mit dem sie zwei Töchter, die 1911 geborene Else und die 1913 zur Welt gekommene Irma hatte. Die Fränckels lebten zur Zeit der Geburt ihrer ersten Tochter in der Lortzingstraße 5 in Barmbek-Süd; 1917 zogen sie in die Isestraße 36. Franz Joseph Fränckel, der als Soldat am Ersten Weltkrieg teilnahm, verstarb schon 1921, sodass Olga Fränckel danach allein für die Erziehung ihrer minderjährigen Töchter sorgen musste. Auf welche Weise sie den Lebensunterhalt für ihre Familie sicherstellte, ist unbekannt; nach dem Tod ihres Mannes zog sie mit ihren Kindern in eine – sicher bescheidenere – Zwei-Zimmer-Wohnung in die Haderslebener Straße am Dulsberg.

Die ältere Tochter Else besuchte bis nach Vollendung ihres 16. Lebensjahres die Schule und absolvierte dann eine kaufmännische Lehre, die sie ab 1929 befähigte, als Buchhalterin in Hamburg zu arbeiten. 1934 heiratete sie Karl Lehmann, der nach dem Novemberpogrom 1938 für einige Wochen im KZ Sachsenhausen inhaftiert war, und mit dem sie im Februar 1939 nach Großbritannien fliehen konnte. Die jüngere Tochter Irma besuchte von 1919 bis 1930 die Höhere Mädchenschule A. Lühring und de Fauquemont in der Eppendorfer Landstraße, die sie mit der Mittleren Reife verließ. Sie begann ebenfalls eine kaufmännische Lehre bei der Firma Rudolf Otto Meyer (Heizungs- und Wärmetechnik) in Wandsbek-Gartenstadt, die sie 1933 abschloss. Bei dieser Firma konnte sie zunächst noch als kaufmännische Angestellte weiterarbeiten, wurde aber, laut späteren Angaben ihrer Schwester, im April 1938 "aus rassischen Gründen" entlassen. Sie musste dann als Hausgehilfin in Privathaushalten arbeiten, wobei sie zumindest zeitweise die Wohnung ihrer Mutter in Dulsberg verließ. Ab April 1939 arbeitete und wohnte sie in dem der Jüdischen Gemeinde gehörenden Nordheimstift in der Schlachterstraße 40, das inzwischen (oder wenig später) zum "Judenhaus" umfunktioniert worden war.

Wahrscheinlich zur gleichen Zeit wurde Olga Fränckel gezwungen, aus ihrer Dulsberger Wohnung auszuziehen und im "Judenhaus" Schlachterstraße 40 zu wohnen. Ihre Tochter Irma lebte vom April 1940 bis zum Oktober 1941 als Hausgehilfin bei den jüdischen Eheleuten Cahen in der Geffckenstraße 6. Noch im selben Monat versuchte sie ein Ausreisevisum nach Kuba zu bekommen, was ihr aber wegen des gerade erlassenen Ausreiseverbot für noch in Deutschland lebende Juden verwehrt wurde. Ab 18. Oktober musste sie wieder in das "Judenhaus" in der Schlachterstraße 40 zurückkehren.

Nur etwa sieben Wochen später, am 6. Dezember 1941, wurde sie mit 753 Hamburger Jüdinnen und Juden in das Getto Riga deportiert. Dort traf sie die Cousine ihrer Mutter, Mella Prager, die kurz nach Kriegsende aus Prag an den Bruder Olga Fränckels einen bewegenden Bericht über ihre Erlebnisse mit deren Tochter im Getto Riga schickte. Sie schrieb, dass es im Rigaer Getto 10.000 jüdische Deportierte gab, die unterkunftsmäßig nach Herkunftsorten eingeteilt waren – so gab es eine Hamburger und eine Prager Gruppe, die man in entsprechende Arbeitskommandos eingeteilt hatte. Irma Fränckel meldete sich jedoch bei den "Pragern" zum Arbeitseinsatz, um nach Angehörigen ihrer mütterlichen Verwandtschaftslinie zu suchen. Sie fand die Adresse von Mella Prager und besuchte sie an einem Samstag nach der Arbeitszeit. Diese beschrieb den bewegenden Moment des unerwarteten Zusammentreffens mit folgenden Worten: "Ich sehe bis heute noch ihren aschblonden Lockenkopf vor mir, ihr liebes Lächeln und höre Irmchen sagen: ‚da sind wir ja Verwandte‘." Die beiden Frauen blieben noch 16 Monate im Getto zusammen, dem "großen Hunger" beharrlich widerstehend.

Im November wurde das Getto Riga aufgelöst und Irma Fränckel und Mella Prager in das nahegelegene KZ Kaiserwald deportiert. Hier riss der persönliche Kontakt zwischen ihnen jedoch ab, da sie in verschiedenen Außenlagern untergebracht wurden, wobei Irma Fränckel in der Gummifabrik "Meteor" und Mella Prager in einem AEG-Betrieb arbeiten musste – fortan war ihnen nur noch ein sehr sporadischer Austausch von Briefen möglich.

Wie Mella Prager weiter berichtete, wurde die Gummifabrik samt Zwangsarbeiterlager (wie im Übrigen sukzessive auch das Hauptlager Kaiserwald und alle seine anderen Außenlager) angesichts der vorrückenden Roten Armee an die Danziger Bucht verlegt und die Häftlinge ins KZ Stutthof deportiert. Mella Prager gelang es dann nicht mehr, Kontakt zu Irma Fränckel herzustellen, sie hörte nur später von einer ihr bekannten tschechischen Jüdin, dass ihre jüngere Verwandte aus Hamburg in Stutthof mit dieser in derselben Arbeitskolonne gearbeitet hatte.

Olga Fränckel musste Hamburg ein gutes halbes Jahr nach ihrer Tochter verlassen. Sie gehörte zu den 771 Deportierten, die am 19. Juli 1942 ins Getto Theresienstadt verschleppt wurden. Ihr Leidensweg fand ein grausames Ende durch ihre Deportation ins Vernichtungslager Treblinka am 21. September 1942. Für Olga und Irma Fränckel liegen Stolpersteine vor ihrem letzten freiwilligen Familienwohnsitz in der Haderslebener Straße.

© Benedikt Behrens

Quellen: 1; 2: 4; 5; 8; StaH 552-1 (Jüd. Gemeinden), 992 e 2 (Deportationslisten), StaH 351-11 (AfW), Abl. 2008/1, Lawrence, Else.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Recherche und Quellen.

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