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Erika Frenzel * 1915
Stein-Hardenberg-Straße 190 (Wandsbek, Tonndorf)
HIER WOHNTE
ERIKA FRENZEL
JG. 1925
EINGEWIESEN 1943
ALSTERDORFER ANSTALTEN
‚VERLEGT‘ 16.8.1943
‚HEILANSTALT‘
AM STEINHOF / WIEN
ERMORDET 4.12.1944
Erika Charlotte Frenzel, geb. 24.5.1915 in Hamburg, aufgenommen in den Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) am 26.7.1943, abtransportiert am 16.8.1943 nach Wien in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof"), dort gestorben am 4.12.1944
Stein-Hardenberg-Straße 190 (Tonndorf)
Erika Charlotte Frenzel (Rufname Erika) wurde am 24. Mai 1915 in Hamburg, Wagnerstraße 16, geboren. Auf dem Stolperstein, der an sie erinnert, wird 1925 als ihr Geburtsjahr genannt. So steht es auch in dem Aufnahmebuch der damaligen Alsterdorfer Anstalten und in ihrer Patientenakte. Erst durch ihre Geburtsurkunde wurde das korrekte Geburtsjahr 1915 sichtbar.
Erikas Eltern, der Schneider Richard Frenzel und Elisabeth Agnes Frenzel, geborene Kahlert, gehörten beide der katholischen Konfession an. Mit ihnen lebte Erika in der Stein-Hardenberg-Straße 190 in Hamburg-Tonndorf, als sie am in den damaligen Alsterdorfer Anstalten (heute Evangelische Stiftung Alsterdorf) aufgenommen wurde.
Die wenigen bekannten Informationen über Erika Frenzel sind dem Aufnahmebuch der damaligen Alsterdorfer Anstalten und den nur spärlichen Eintragungen in ihrer Patientenakte entnommen.
Aus einem Schreiben ihrer Mutter vom 19. April 1943 an die Provinzial- Heil- und Pflegeanstalt Neustadt/Holstein ergibt sich, dass Erika Frenzel vom August 1937 bis Mai 1939 Patientin der dortigen Anstalt gewesen war.
Die Mutter bat darin um die erneute Aufnahme ihrer Tochter in einer Heil- und Pflegeanstalt, weil diese, wie sie schrieb, wieder an Tuberkulose und "einer Nervensache" erkrankt war. Die Mutter klagte über dauernden Ärger und Verdruss mit der Nachbarschaft, weil Erika tagsüber und auch nachts viel schreie. Der Vater, der am Tage arbeiten müsse, komme deshalb nicht zur Ruhe. Sie selbst sei sehr erschöpft und "mit ihren Nerven herunter". Es sei ihr nicht mehr möglich, ihre Tochter zu betreuen und zu behüten. Deshalb habe sie den schweren Entschluss gefasst, "ihre Tochter untergebracht zu wissen".
Der Aufnahmeantrag blieb ohne Erfolg, denn die Anstalt in Neustadt war inzwischen in ein Allgemeines Krankenhaus umgewandelt worden und die psychiatrische Abteilung nur noch für Aufnahmen aus der Umgebung bestimmt. Elisabeth Frenzel müsse sich deshalb an eine hamburgische Anstalt wenden.
Nun fragte Erika Frenzels Mutter in einem Schreiben an die Alsterdorfer Anstalten an, ob es möglich sei, ihre Tochterdort aufzunehmen.
Nach einem internen Schriftwechsel zwischen der Hamburger Fürsorgebehörde und den Alsterdorfer Anstalten wurde Erika Frenzel schließlich am 26. Juli 1943 dort aufgenommen. Die Alsterdorfer Anstalten teilten der Fürsorgebehörde noch am selben Tag mit, dass Erika Frenzel an "angeborenem Schwachsinn" leide.
Während der schweren Luftangriffe auf Hamburg Ende Juli/Anfang August 1943 ("Operation Gomorrha") erlitten auch die Alsterdorfer Anstalten Bombenschäden. Der Anstaltsleiter, SA-Mitglied Pastor Friedrich Lensch, nutzte die Gelegenheit, sich mit Zustimmung der Gesundheitsbehörde eines Teils der Bewohnerinnen und Bewohner, die als "arbeitsschwach, pflegeaufwendig oder als besonders schwierig" galten, durch Abtransporte in andere Heil- und Pflegeanstalten zu entledigen. Mit einem dieser Transporte wurden am 16. August 1943 228 Frauen und Mädchen aus Alsterdorf sowie 72 Mädchen und Frauen aus der Heil- und Pflegeanstalt Langenhorn nach Wien in die "Wagner von Jauregg-Heil- und Pflegeanstalt der Stadt Wien" (auch bekannt als Anstalt "Am Steinhof") "verlegt". Unter ihnen befand sich Erika Frenzel.
Die Anstalt in Wien war 1907 am Stadtrand entstanden. Sie wandelte sich nach dem "Anschluss" Österreichs an das Deutsche Reich zu einem Zentrum der "Euthanasie". Dort wurden als "erbkrank" eingestufte Menschen zwangssterilisiert. Ab 1940 wurden etwa 3200 der 4300 Patientinnen und Patienten in Tötungsanstalten abtransportiert, ein Großteil von ihnen wurde im Schloss Hartheim durch Gas ermordet. Nach dem offiziellen Ende der "Euthanasie"-Morde in den Tötungsanstalten wurde in bisherigen Zwischenanstalten, also auch in der Wiener Anstalt selbst, massenhaft weiter gemordet: durch Überdosierung von Medikamenten und Nichtbehandlung von Krankheit, vor allem aber durch Nahrungsentzug. Über 3500 PatientInnen fielen Hunger und Infektionen zum Opfer.
Von den 300 Mädchen und Frauen aus Hamburg kamen 257 bis Ende 1945 ums Leben, davon 196 aus Alsterdorf.
Erika Frenzel starb am 4. Dezember 1944, vermutlich keines natürlichen Todes.
© Ingo Wille
Quellen: Evangelische Stiftung Alsterdorf, Archiv, Sonderakte V 350 (Erika Frenzel) und Aufnahmebuch (Eintrag Nr. 8625). Michael Wunder, Ingrid Genkel, Harald Jenner, Auf dieser schiefen Ebene gibt es kein Halten mehr – Die Alsterdorfer Anstalten im Nationalsozialismus, Stuttgart 2016, S. 283 ff., 331 ff.