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Auguste Friedburg * 1879
Rothenbaumchaussee 26 (Hamburg-Mitte, Rotherbaum)
HIER WOHNTE
AUGUSTE FRIEDBURG
JG. 1879
DEPORTIERT 1942
THERESIENSTADT
ERMORDET 20.3.1943
Weitere Stolpersteine in Rothenbaumchaussee 26:
Richard Behr, Alfred Levy, Anna Levy, Heinz Levy, Richard Levy, Carla Levy, Yves Saget
Auguste Friedburg, geb. am 8.7.1879 in Hamburg, deportiert am 19.7.1942 nach Theresienstadt, dort umgekommen am 20.3.1943
Kurzer Kamp 6 und Rothenbaumchaussee 26, Rotherbaum
Auguste Friedburg wurde am 8. Juli 1879 in Hamburg in eine jüdische Familie hineingeboren, die sich in der Hansestadt mit einem Bankgeschäft etabliert hatte. Um einen Einblick in den familiären Hintergrund zu bekommen, der sie prägte, soll zunächst die Geschichte der Familie bis zu ihrer Geburt vorgestellt werden.
Ihr Urgroßvater Salomon Meyer Friedburg aus Celle, Sohn von Moses Friedburg und Sara, geb. Isaac Salomon, aus Copenhagen, war nach Hamburg gekommen und hatte im Jahre 1800 die Hamburgerin Friederike, geb. Eschwege, geheiratet.
Ihr Sohn Moritz Friedburg war 1805 in Hamburg zur Welt gekommen, dem Gründungsjahr der Privatbank "Salomon Meyer Friedburg & Co". Er wurde am 27. Mai 1828 mit Emily Samuelson, geboren in Jamaica, von Isaak Bernays, dem Rabbiner der askenasischen Gemeinde in Hamburg, getraut. Emilys Eltern, der Goldschmied Hyman Samuelson aus London und Rebecca Alexander aus Hamburg hatten 1786 dort geheiratet, später waren sie in die Vereinigten Staaten ausgewandert. Emilys Bruder Samuel Henry Samuelson spielte in der englischen Eisenindustrie eine wichtige Rolle und verfügte über gute Geschäftsverbindungen.
Moritz Friedburg war bei der Bank seines Vaters als "Wechselagent" tätig (d.h. als Bankangestellter, der für die Annahme und Einlösung von Wechseln zuständig war). Ein Bankkonto bei der Hamburger Bank zu halten und damit am Bankverkehr teilzunehmen zu können, war Augustes Urgroßvater Salomon Meyer als Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde Hamburg nach dem Bankgesetz 1840 von der Kämmerei erst nach einer Zahlung von 750,- Mark Banco gestattet. Für die Erlangung einer Banco Folie im Jahre 1843 hatte er der "löblichen Kämmerei" 25,- Mark Courant (Währung, Silbergeld) zu zahlen. Als er am 25. Mai 1849 als einer der ersten Juden nach ihrer Gleichstellung in Hamburg den Hamburger Bürgerbrief bekommen hatte, erleichterte dies seinen Geschäftsverkehr erheblich. Neben dem Handel mit Wertpapieren war ein Schwerpunkt seines Bankgeschäftes die Vermittlung von Krediten für Handel und Industrie. Die Geschäftsräume befanden sich in der Bergstraße 17. Zusammen bekamen Emily und Moritz Friedburg in Hamburg sechs Kinder, eines davon war Martin, der Vater von Auguste Friedburg.
Martin Eduard Friedburg (geb. 7.3.1843) gehörte wie seine Eltern der Deutsch-Israelitischen Gemeinde an. Er wuchs im Grindelviertel auf und besuchte die Höhere Privat-Knabenschule von E. H. Wichmann. Neben den naturwissenschaftlichen Fächern und der kaufmännischer Buchführung wurde er von Engländern, Franzosen, Spaniern und Dänen in ihren Sprachen unterrichtet und damit bestmöglich auf den Kaufmannsberuf vorbereitet. Nach einer Banklehre im Bankhaus Behrens & Söhne gehörte die anschließende Weiterbildung im Ausland ebenfalls dazu. Danach kehrte er, wie es von dem ältesten Sohn damals erwartet wurde, in das väterliche Bankgeschäft zurück. Als Martin Friedburg am 27. November 1868 in den Hamburger Staatsverband aufgenommen wurde, war er lutherisch getauft und wohnte in der Ferdinandstraße 45. Kurze Zeit später, im September 1869, heiratete er Auguste, geb. Lasart (geb. 15.10.1847), in ihrem Geburtsort Heidelberg. Auch sie stammte aus einer jüdischen Familie und war zum christlichen Glauben konvertiert. Ihre Eltern, Isabella, geb. Meyer, und der Kaufmann Leopold Lasart, lebten in Heidelberg. Am 22. September 1870 gab Martin Friedburg der Deutsch-Israelitischen Gemeinde seine Austrittserklärung ab.
Drei Jahre nach der Hochzeit entstand eine doppelte verwandtschaftliche Verbindung zwischen den beiden Familien Friedburg und Lasart: Die jüngere Schwester von Auguste Friedburgs Mutter, Lina Lasart, heiratete in Hamburg Adolph Friedburg, den jüngeren Bruder von Augustes Vater.
Zusammen mit seinem Bruder Adolph wurde Martin Friedburg Teilhaber der Bankfirma seines Vaters, der Kommanditgesellschaft "Salomon Meyer". Am letzten Tag des Jahres 1872 verstarb Moritz Salomon Friedburg im Alter von 67 Jahren in seiner Wohnung in der Magdalenenstraße 27. Seine letzte Ruhe fand er auf dem Jüdischen Friedhof Grindel.
Martin Friedburg kaufte die repräsentative Villa in der Sophienterrasse 7 an der Außenalster. Dort kam Auguste, benannt nach ihrer Mutter, am 8. Juli 1879 auf die Welt, wie auch schon zuvor ihre ältere Schwester Emily Susanna Elisabeth (geb. 1.3.1875). In der Nähe der Außenalster wuchs Auguste Friedburg bei ihren Eltern und mit den vier älteren Schwestern Fanny, Elisabeth, Helene, Lina und den zwei Brüdern Victor und Theodor auf; zwei weitere Brüder waren als Säuglinge verstorben. Augustes Mutter stammte aus einem jüdisch-orthodoxen Elternhaus, war aber in Heidelberg von dem Leben im Hause von Professor Gervinus und seiner musikalischen Frau beeinflusst worden. Diese hatten in einer neuen Welt gelebt, in der Deutschtum, Christentum und Musik als wichtige Werte des Lebens gesehen wurden. Das hatte den Ausschlag gegeben, dass Auguste und ihre Geschwister im evangelisch-lutherischen Glauben aufwuchsen, wie die Enkelin Emilie Melchior später in ihren Memoiren reflektierte.
Als Auguste vier Jahre alt war, verstarb ihr Großvater Leopold Lasart am 18. Februar 1884 in seiner Wohnung im Eppendorfer Weg 36. Er wurde auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel beigesetzt, Grablage A 12, Nr. 14; die Großeltern mütterlicherseits waren inzwischen von Heidelberg nach Hamburg in die Nähe ihrer Töchter gezogen. Die Urgroßeltern mütterlicherseits, Salomon Lazarus und Babette, geb. Abenheimer, waren in Heidelberg verstorben. Ein Jahr später, am 7. November 1885, verstarb auch die Großmutter Emily Friedburg, geb. Samuelson. Ihre letzte Ruhe fand sie neben ihrem Ehemann auf dem Grindelfriedhof.
Augustes ältester Bruder Victor Leopold (geb. 20.8.1870 in der Wexstraße 2) besuchte zunächst eine Privatschule und wuchs, wie es sich damals für den ältesten Sohn gehörte, in das Bankgeschäft hinein. Die Bank hatte einen guten Ruf und überstand wirtschaftlich schwierige Zeiten, wie die während der Cholera-Epidemie in Hamburg im August 1892.
Martin E. Friedburg gehörte wie sein Bruder John Friedburg ein Jahr zuvor als "Ordentliches Mitglied" und seine Ehefrau Auguste als "außerordentliches Mitglied" 1887 dem Kunstverein in Hamburg an. Mit der seit 1892 genutzten Familienkarte wurde sicher auch die kulturelle Bildung der damals zwölfjährigen Auguste und ihrer älteren Geschwister erweitert.
Augustes Großmutter mütterlicherseits, Isabella Lasart, lebte noch neun Jahre nach dem Tod ihres Ehemannes. Im März 1893 mit 77 Jahren verstarb sie in Augustes Elternhaus in der Sophienterrasse. Auguste war damals 14 Jahre alt. Isabella Lasart wurde neben ihrem Ehemann auf dem Jüdischen Friedhof Ilandkoppel in Ohlsdorf bestattet, Grablage A 12, Nr. 13. Ein Jahr später gab Augustes Vater die großzügige Villa, in der die Familie 22 Jahre gelebt hatte, auf und gemeinsam bezogen sie das nach seinen Plänen erbaute Haus im Harvestehuder Weg 63b. Es ist anzunehmen, dass Auguste und ihre Schwestern Privatunterricht bekamen und eine private höhere Töchterschule besuchten. Belegt werden konnte dies bisher nur durch den Eintrag in dem Zugangsbuch der angesehenen Privatschule von Antonie Milberg, wo es heißt, dass ein "Frl." Friedburg aus dem Harvestehuderweg 63a u. a. zusammen mit einem "Frl." Heinichen aus der Gr. Fontenay 12 und mit den Geschwistern "Frl." Beschütz aus der Oberstraße 83 im April 1896 die Selekta (eine Klasse mit ausgewählten besonders guten Schülerinnen) besuchte. Es ist anzunehmen, dass mit "Frl. Friedburg" Auguste gemeint ist; sie war zu dieser Zeit 16 Jahre alt, Lina bereits 18 und Helene 19. Ihre Schwestern Elisabeth und Fanny waren schon verheiratet.
Zu Hause spielte Musik eine große Rolle. Augustes Vater hatte Geige spielen gelernt und Klavierunterricht erhalten. Mit zehn Jahren hatte er sein erstes Piano-Konzert von Bach mit Carl von Holten, dem jungen Johannes Brahms und Carl Bargheer erlebt. Auch Augustes Bruder Theodor war ein begabter Violinenspieler und ihre Mutter am Klavier eine begeisterte Bach-Interpretin. Monatlich wurden im Elternhaus Soireen gegeben und es versammelte sich eine musikliebende Gesellschaft um den mit dem Vater befreundeten Johannes Brahms, dem Geiger Carl Bargheer, Konzertmeister der Philharmonischen Gesellschaft und Lehrer am Hamburger Konservatorium, sowie dem Cellisten Albert Gowa.
Augustes ältester Bruder Victor Friedburg, der im November 1895 den Hamburger Bürgereid abgeleistet hatte, bekam 1898 Prokura bei seinem Vater in der Bankfirma, die seitdem den Namen "Martin Friedburg & Co" führte. Victor Friedburg hatte 1896 in erster Ehe Elisabeth Mylius aus Hamburg geheiratet; auch sie war lutherischer Konfession. Neben seinen musischen Neigungen war Victor Friedburg der Literatur zugetan, als Mitglied der "Gesellschaft der Bücherfreunde zu Hamburg e. V." wurde er von 1929 bis 1933 ihr Vorstandsvorsitzender.
Augustes älteste Schwester Fanny Semon, geb. Friedburg (geb. 17.8.1872), hatte im November 1894 eine Ehe mit dem Gynäkologen Dr. med. Max Julius Semon (geb. 1865), geschlossen. Ihr Ehemann stammte aus einer jüdischen Familie in Danzig. Dort wurden die drei Kinder geboren: Elisabeth (geb. 27.8.1898), Hans Martin (geb. 22.7.1900) und Olga (geb. 22.3.1902). Im Juli 1919 wurde diese Ehe geschieden.
Augustes zweitälteste Schwester Emily Susanna Elisabeth (geb. 8.3.1875), genannt Elsie, war mit 17 Jahren in einen angehenden Theologen verliebt. Ihr Vater war gegen diese Verbindung und die Verlobung kam nicht zustande. Mit 22 Jahren wurde sie mit dem Rechtsanwalt Dr. jur. Sally George Melchior verheiratet; er war Mitglied der Deutsch-Israelitischen Gemeinde und hatte seine Kanzlei an der Michaelisbrücke 3. Elisabeth Friedburg heiratete damit am 23. Januar 1897 in eine angesehene Hamburger jüdische Familie ein. Ein Vorfahr ihres Ehemannes, Marcus Melchior, war 1732 auf dem Wandsbeker Friedhof begraben worden. Dessen Sohn Moses war 1760 nach Kopenhagen gegangen und hatte die Familienfirma "Moses & Son G. Melchior" gegründet. Aus der Ehe mit der Gelehrtentochter Brigitte Israel war der gemeinsame Sohn Sally Melchior (1814–1865) hervorgegangen. Mit 18 Jahren war dieser nach Hamburg gekommen, hatte Emilie Ester Levinsohn (1817–1877) geheiratet und mit Bernhard Dehn die Firma "Dehn und Melchior" gegründet. Später wurde sein Geschäftspartner Bernhard Dehn mit der Heirat seiner Schwester Hanna Melchior sein Schwager.
Sally Melchior hatte als erfolgreicher Kaufmann mit dem Import von Baumwollwaren aus Manchester den wirtschaftlichen und finanziellen Grundstock der Familie in Hamburg gelegt. Sein Sohn Moritz Melchior (1839–1905) hatte Emilie Reé (1847–1873) geheiratet und die Firma weitergeführt. Seine Söhne Carl und George konnten die akademische Laufbahn als Juristen einschlagen. Carl Melchior, später Teilhaber bei der Warburg Bank, nahm nach dem Ersten Weltkrieg als angesehener Jurist und Vertreter Deutschlands an den Versailler Friedensverhandlungen teil.
Elisabeth und George Melchiors gemeinsame Tochter Emilie Elisabeth, Augustes Nichte, wurde am 3. Dezember 1897 in Hamburg-Harvestehude in der Werderstraße 86 geboren. Die Frage der religiösen Erziehung der Tochter wurde nach monatelangen Diskussionen in der Weise entschieden, dass der Vater die Taufe und den christlichen Einfluss in Schule und Kirche gelten ließ, nicht jedoch zu Hause. Die Tochter erinnert sich in ihren Memoiren, dass ihr Vater jedes Jahr zu seinem Geburtstag von einer portugiesisch-jüdischen Bäckerei eine "bolesanche" geliefert bekam. Die "Heilige Kugel" war mit Sukkade und Rosinen gehaltvoll bestückt – man begoss sie mit Rosenwasser. Die Ehe wurde 1906, ein Jahr nach dem Tod von Elisabeths Schwiegervater Moritz Melchior geschieden.
Augustes dritte Schwester Isabella Helene Heinichen, geb. Friedburg (geb. 22.6. 1876), hatte im November 1898 den Rechtsanwalt Dr. jur. Johann Christian Eduard Heinichen (geb. 14.10.1870) geheiratet, und wohnte in der Magdalenenstraße 32, in der Nähe des Elternhauses. Ihr Ehemann war lutherisch getauft und der Sohn des Landgerichtsdirektors Dr. jur. Adolph Heinichen und Louise Nathalie Caroline, geb. Söhle. Die Ehe, aus der Sohn Adolph (geb. 24.4.1901) und die Tochter Agathe (geb. 15.8.1904) hervorgingen, wurde im März 1915 geschieden.
Augustes vierte Schwester, Lina Friedburg, genannt Linchen (geb. 26.7.1877) blieb wie Auguste unverheiratet.
Augustes acht Jahre jüngerer Bruder Martin Theodor Friedburg (geb. 2.12.1887), heiratete mit 25 Jahre am 12. Dezember 1912 Anna Luise Feddersen (geb. 7.5.1891) aus Halendorf bei Eutin.
Augustes Bruder Victor Friedburg wurde Teilhaber der Familienfirma, die zum Jahresanfang 1898 von "Salomon Meyer" in "Martin Friedburg & Co" umbenannt worden war.
Nach einer erfolgreichen Grundstücksspekulation verkaufte Auguste Friedburgs Vater das Haus im Harvestehuder Weg und erwarb eine stattliche Villa mit ansehnlichem Grundbesitz von einem dreidreiviertel Hektar in Blankenese auf Falkenstein 4, in der Nähe des Warburg-Anwesens auf dem Kösterberg. Augustes Mutter liebte den Wald und die Natur dort besonders, es erinnerte sie an ihre Heimat um Heidelberg. Auch ihr Vater konnte etwas mehr davon genießen, nachdem er die Firma Anfang des Jahres 1907 seinem Sohn Victor übereignet hatte. Nach einem Umbau der Villa entstanden eine Anzahl von Gästezimmern und ein großes Musikzimmer mit zwei Flügeln. So konnten weiterhin Familienzusammenkünfte und Soireen stattfinden.
Ein riesiger Kinderspielplatz, Gemüsegärten, der Wald, der sich bis zur Elbe hinunterzog und ein Treibhaus mit der berühmten, schwefelgelben, duftenden Teerose Maréchal Neil komplettierten das "Paradies", in dem auch die Enkelkinder aufwuchsen und Indianer spielten. Augustes Mutter verstand es, den Kindern die Natur nahezubringen und ihnen anschaulich Märchen zu erzählen. Diese Naturverbundenheit wurde auch von Auguste Friedburg, genannt Gusti, und ihrer Schwester Lina, genannt Linchen, als ledige Tanten an sie weitergegeben.
Für Auguste Friedburg ist in der Kultussteuerkartei der Jüdischen Gemeinde als Beruf "technische Assistentin" angegeben. Aus den unveröffentlichten "Lebenserinnerungen" ihrer Nichte Emilie Braun-Melchior ist zu erfahren, dass sie "Fotografin" war und für einige Jahre während des Ersten Weltkrieges als Röntgenassistentin in einem Militärhospital in Antwerpen gearbeitet hatte. Sie hatte dies an der Lette-Schule in Berlin gelernt und praktiziert (der Lette-Verein war eine Einrichtung, die sich die berufliche Ausbildung von Mädchen und Frauen aus dem Bürgertum zum Ziel gesetzt hatte).
Auf einem Foto aus der Zeit des Ersten Weltkrieges ist Auguste Friedburg als Rote-Kreuz-Schwester in ihrem Schwesternzimmer zu sehen. Neben ihrem Bett ist ein Bild ihrer kurz zuvor verstorbenen Mutter und ein Gedicht von Tagore Rabindranath, Nobelpreisträger für Literatur von 1913, zu sehen: "Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude. Ich erwachte und sah, das Leben ist Pflicht. Ich tat meine Pflicht, und siehe da, das Leben ward Freude."
Augustes Brüder Victor und Theodor nahmen beide als Soldaten am Ersten Weltkrieg teil.
Die Mutter Auguste Friedburg, geb. Lasart, verstarb am Morgen des 24. Juni 1915 im Alter von 67 Jahren nach einem Magenleiden zu Hause auf Falkenstein; sie hielt einen Band von Goethebriefen in den Händen. Zeit ihres Lebens hatte sie darunter gelitten, dass ihr einziger Bruder im preußisch-französischen Krieg 1860 getötet worden war. Ihre Schwester Lina Friedburg, geb. Lasart, folgte ihr drei Monate später. Beide wurden auf dem Friedhof Ohlsdorf bestattet. Auguste Friedburg im Familiengrabplatz mit 16 Grabstellen. Dort hatte ihr Ehemann ein Monument aus Sandstein errichten lassen, Grablage R 6 II, Nr. 8. Lina Friedburg, geb. Lassart, fand ihre letzte Ruhe nicht weit entfernt, Grablage U 7 I, Nr. 221.
In dieser Zeit traf sich die Familie auch draußen im Grünen vor den Toren Hamburgs im Gut Melusinenthal bei Schwarzenbeck. Augustes Bruder Theodor Friedburg und seine Ehefrau Anna Luise bewirtschafteten dort den Gutshof. Augustes Schwester Elisabeth wohnte einige Zeit bei ihnen, um ihre Schwägerin bei der Niederkunft ihres zweiten Kindes zu unterstützen. Klaus kam am 16. Februar 1917, zweieinhalb Jahre nach seiner Schwester Anna Liese (geb. 6.7.1914) auf die Welt. Aus dieser Zeit existiert ein Familienfoto, das Auguste am 19. Mai 1917 aufgenommen und auf der Rückseite die Anwesenden handschriftlich benannt hatte. Es ist vermutlich das letzte gemeinsame Foto mit Theodor. Ihr Bruder Victor kehrte nach Kriegsende 1918 als Leutnant, ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuz I, nach Hause zurück, nicht jedoch ihr Bruder Theodor Friedburg. Er war gegen Ende des Ersten Weltkrieges, am 22. September 1918, in Frankreich getötet worden und hinterließ seine Ehefrau Anna Luise mit der vierjährigen Tochter Anna Liese und dem einjährigen Sohn Klaus Martin Berend.
Augustes Vater war noch immer in seinem Bankgeschäft tätig. Seinen Besitz auf Falkenstein verkaufte er in der wirtschaftlich schweren Zeit nach dem Ersten Weltkrieg. Die kleine Familie Friedburg mit Auguste, ihrer Schwester Lina und dem Vater zog in eine Eigentumswohnung, in das 1922 nach den Plänen der Architektenbrüder Hans, Oskar und Ernst Gerson erbaute Haus Rothenbaumchaussee 26, Erdgeschoss. Vermutlich gehörte die Friedburg-Bank zu den Devisengebern, mit deren Hilfe die Gerson Brüder die Kohlen und die gesamte Jahresproduktion von Ziegelsteinen im Oldenburger Land für Hamburger Bauten finanzierten. In der Rothenbaumchaussee bezog 1925 auch der Maler Willy Davidson, Mitglied der Hamburger Sezession, im 6. Stock seine Atelierwohnung zusammen mit seinem Freund, dem Innenarchitekten Curt Ahleff.
Auguste suchte am 13. September 1923 die Passstelle auf, sie hatte ihren Ausweis verloren. Mittelgroß, braune Augen und dunkelbraune Haare mit einem ovalen Gesicht und keine besonderen Kennzeichen – so wird die 24-jährige Auguste im Passprotokoll beschrieben.
Es war das Jahr der Weltwirtschaftskrise, nach dem Zusammenbruch der New Yorker Börse im Oktober 1929, als Augustes Vater Martin Friedburg mit 68 Jahren am 10. Dezember 1929 in seiner Wohnung verstarb. In den "Hamburger Nachrichten" erschien am nächsten Tag eine Anzeige von seinem Sohn Victor im Namen der Familie sowie seiner Firma: "Bis zum letzten Tage seines Lebens hat er mit seiner reichen Erfahrung und in unermüdlicher Pflichterfüllung der Firma gedient. Wir werden sein Andenken alle Zeit in hohen Ehren halten. Martin Friedburg & Co, Mönkedamm". Die Trauerfeier fand drei Tage später an einem Sonnabend im Krematorium des Friedhofs Ohlsdorf statt.
Ein Jahr später verstarb auch Augustes nächstältere Schwester Lina mit 53 Jahren, am 8. Mai 1930, im Jerusalem Krankenhaus, Moorkamp 2. Sie hatte an Anämie gelitten. Auch sie fand wie ihr Vater ihre letzte Ruhe im Familiengrab auf dem Ohlsdorfer Friedhof. Ehemals ein Platz für die gesamte Familie mit 16 Grabstellen, Grablage R 6, Nr. 1–16, ist es heute nicht mehr erhalten.
Nach diesen Schicksalsschlägen suchte Auguste Friedburg ein sicheres Zuhause für ihr Alter. Sie zog 1931 in die Nähe ihrer Schwester Elisabeth Melchior nach Winterhude in den Braamkamp 36, Parterre. Für Elisabeth Melchior ist belegt, dass sie sich 1930 ein lebenslanges Wohnrecht in der "Senator Erich Soltow Stiftung" durch Zahlung von 1.200,- RM erworben hatte.
Elisabeth Melchior hatte nach ihrer 1906 erfolgten Scheidung mit ihrer Tochter Emilie, auch genannt Emmy, zunächst im Eppendorferbaum 9 zusammengelebt. Später, 1912, war sie in die Nähe ihrer Eltern in eine Parterrewohnung nach Blankenese, Bahnhofsstraße 42, gezogen. Dort hatte es zum ersten Mal statt Petroleumlampen und Kerzen elektrisches Licht gegeben. Zu ihrer Sicherheit hatte sich Elisabeth Melchior einen Hund, einen graumelierten Schnauzer mit Namen Peter, angeschafft und ihm beigebracht, ihr die Schultasche ihrer Tochter Emmy zu bringen, wenn diese aus der Schule gekommen war. Bei einem Spaziergang Ende August 1915 hatte er Gift gefressen und war daran verstorben.
Ihre Tochter Emilie erinnert sich in ihren Memoiren, dass sie als Schulfrühstück Rundstücke mit Butter und eine Scheibe Schwarzbrot bekam. Zu Hause habe es nie Wurst und Käse gegeben, morgens hätten sie Rundstück und Ei, mittags eine Buchweizengrütze und abends, nach englischer Tischzeit um 18 Uhr, eine von der Köchin zubereitete warme Mahlzeit gegessen. Meistens hätte es zwei Gänge gegeben, die nach Elisabeths Klingelzeichen aufgetragen worden seien. Die Zeiten am Ende des Ersten Weltkrieges in Blankenese in der Wittsallee 7 seien von Hunger und Kälte geprägt gewesen. Emilie erinnert sich darüber hinaus an die Beharrlichkeit ihrer Mutter, nichts auf dem Schwarzmarkt kaufen zu wollen.
Elisabeth Melchior hatte gewollt, dass ihre Tochter Emilie, Augustes Nichte, nach dem am 12. Februar 1917 bestandenen Abitur an der Klosterschule Hauswirtschaft erlernte, wie es für höhere Töchter in dieser Zeit üblich war, um sich auf die Ehe vorzubereiten. Obwohl sie lieber gleich studiert hätte, hatte sie sich dazu bereit erklärt, ein halbes Jahr auf einem Gutshof in Ostholstein zu arbeiten. Mit dem Einverständnis ihres Vaters hatte sie danach ihr Jurastudium in Heidelberg begonnen und dabei 1919 ihren künftigen Ehemann kennengelernt. Sie wechselte nach Hamburg und schrieb sich an der dort neu gegründeten Universität für die Wintersemester 1920/21 und 1922/23 in der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät ein, zuletzt auch gemeinsam mit Lilly Melchior, die durch die zweite Heirat ihres Vaters ihre angeheiratete Schwester wurde. Die Vorbedingung ihres Vaters zur Einwilligung in ihre Ehe war ihre Absolvierung der zweiten juristischen Staatsprüfung; im Mai 1926 legte sie diese erfolgreich in Hamburg ab. Die Justizverwaltung Hamburg wollte sie als die erste weibliche Richterin als Beisitzerin in einer Zivilkammer aufnehmen. Aufgrund ihrer bevorstehenden Heirat bat sie um Aufschub und wurde daraufhin bis auf Weiteres in der Beamtenliste als "beurlaubter Assessor" geführt.
Emilie war getauft und mit 16 Jahren in der Eppendorfer Kirche bei Pastor Heitmann konfirmiert worden. 1926 war sie zu ihren jüdischen Wurzeln zurückgekehrt und in einer kleinen liberalen Bonner Synagoge mit Paul Ernst Braun getraut worden. Ihr Ehemann stammte aus einer Berliner orthodoxen jüdischen Familie. Elisabeth Melchior hatte ein gutes Verhältnis zu ihrem Schwiegersohn. Ihr Enkel Peter wurde am 27. Juni 1927 in Berlin geboren. Noch im Oktober 1932 konnte ihre Tochter Emilie Braun ihre Anwaltsrechte in Hamburg gegen eine Zulassung als Rechtsanwältin in Berlin eintauschen. Ein Jahr später, gleich zu Beginn der nationalsozialistischen Herrschaft, wurde sie nach dem antijüdischen Gesetz zur "Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" auf der Liste der zugelassenen Anwälte gestrichen. Sie emigrierte im März 1933 mit ihrem Ehemann Paul und dem fünfjährigen Sohn Peter nach Paris. Dort versuchten sie sich in Neuilly sur Seine mit einem kleinen Konfektionsgeschäft eine Existenz aufzubauen. Auch Elisabeth Friedburg kam zu Besuch nach Frankreich. Sie holte ihren Enkel von Krankenhaus- und Kinderheimaufenthalten in der Schweiz ab und trug sich mit Gedanken, auszuwandern. Sie sprach fließend Französisch und Portugiesisch und hätte auch durch Beziehungen nach Rio emigrieren können. Elisabeth Melchior jedoch war von den Franzosen gut aufgenommen worden und fühlte sich wohl in Frankreich. Ihr Antrag auf Zulassung ihrer Einwanderung wurde bei der Pariser Präfektur zunächst bewilligt; dann aber ging die Akte an das Innenministerium, wurde nicht weiter bearbeitet und lag dort noch bei Beginn des Krieges 1939. Elisabeth Melchior konnte von daher nicht mehr nach Frankreich auswandern.
Augustes Bruder Victor Friedburg war im Jahre 1935 aus dem Familienunternehmen ausgeschieden, nachdem er als jüdischer Inhaber den Verordnungen und Gesetzen der nationalsozialistischen Machthaber ausgeliefert war. Er hatte seinem Sohn Rudolf im Mai 1936 die alleinige Geschäftsführung von "Martin Friedburg & Co" übergeben. Persönlich haftende Gesellschafter waren die drei Söhne aus Victor Friedburgs zweiter Ehe – Rudolf und Helmuth in Hamburg und Günther Friedburg, der im Februar 1936 nach Buenos Aires ausgewandert war. Am 19. Oktober 1938 wurde aufgrund des Devisengesetzes § 34 eine Devisenprüfung vorgenommen. Der Firmeninhaber Rudolf Friedburg erklärte, dass die Firma "Martin Friedburg & Co" nicht als jüdisches Unternehmen anzusehen sei. Die drei Brüder Rudolf, Helmuth und Günther seien "Mischlinge", die christlich erzogen und Reichsbürger seien. Der Vater sei Jude, die Mutter "arischer" Abstammung. So blieb die Firma vor der "Arisierung" verschont.
Im August 1938 zog Auguste Friedburg aus ihrer Wohnung Braamkamp 36 in den Braamkamp 42, 2. Stock. Ihre Schwester Elisabeth wohnte im Nebenhaus Nr. 40. Die Wohnanlage im Braamkamp 34–44 war laut Satzung der "Senator Erich Soltow Stiftung" von 1929 als Wohnraum für vorwiegend ältere, weibliche Personen erbaut worden. Neben den beiden unverheirateten Schwestern Elisabeth und Katharina Embden, die über Augustes Wohnung lebten, waren auch die Witwen Emilie Ascher mit ihrer Tochter Alice in Haus Nr. 36, Ella Nauen in die Nr. 38, und Hanna Hirsch in das Rentnerheim Nr. 64 eingezogen.
Augustes Schwester Helene Heinichen lebte seit ihrer Scheidung 1915 mit ihrer Tochter Agathe (geb. 1904) zusammen in einer Drei-Zimmer-Wohnung in der Dorotheenstraße 45. Ihr Sohn Adolph (geb. 1901), ein junger Rechtsanwalt und "Bahrenfelder Kämpfer" (Angehöriger des Freikorps Bahrenfelder Zeitfreiwilliger 1919/1920), war am 21. August 1934 verstorben. Helene Heinichen hatte ihr gesamtes Vermögen auf ihre Tochter Agathe übertragen, da diese als "Mischling ersten Grades" galt.
Auch Augustes älteste Schwester Fanny Semon war nach der Scheidung mit ihrer Tochter Olga zusammengeblieben, zunächst in Jena, dort hatte 1923 ihre Tochter eine Ausbildung als Säuglings- und Kinderschwester absolviert, da sie in der wirtschaftlich schwierigen Zeit der Inflation kein Medizinstudium hatte aufnehmen können. Fanny Semon war eine Stelle als Wirtschaftsleiterin in einer privaten Augenklinik vermittelt worden. Nach einem erfolgreichen Medizinstudium in München arbeitete Olga Semon in Karlsruhe als Assistenzärztin im Kinderkrankenhaus, bis sie 1933 entlassen wurde. Kurze Zeit konnte sie dann als leitende Ärztin in einem Sanatorium in Berlin-Grunewald Arbeit finden. 1934 verzog Fanny Semon mit Olga zurück in ihre Heimatstadt. 1935 legte Olga in Berlin ein Examen als Masseuse ab und konnte dadurch in Hamburg arbeiten. Sie wohnten zusammen im Alsterkamp 10 – bis zu ihrer Auswanderung im September 1938 nach Auckland in Neuseeland. Dorthin folgte auch Fanny Semons zweite Tochter Elisabeth, nachdem ihr die Möglichkeit verwehrt worden war, ihren erlernten Beruf als Diät-Laborationsassistentin in Karlsbad auszuüben. In Auckland verdiente Olga Semon den Lebensunterhalt als Masseuse, studierte nebenbei Medizin und legte drei Jahre später in Wellington ihr Examen ab. Fanny Semons Sohn Dr. Juan Hans Martin Semon entkam nach Buenos Aires, Argentinien.
Auguste Friedburgs Vermögen wurde im März 1940 mit einer "Sicherungsanordnung" belegt da sie mit einem Sechstel zu gleichen Teilen mit ihren Geschwistern an der Erbengemeinschaft Martin E. Friedburg beteiligt war. Ihr Vermögen wurde beschlagnahmt und die nationalsozialistischen Machthaber verlangten, dass sie die sog. Reichsfluchtsteuer zahlte. Für ihren Lebensunterhalt durfte sie lediglich über einen Betrag von 175,- RM monatlich frei verfügen. Jede zusätzlich benötigte Ausgabe musste beantragt, belegt und genehmigt werden.
Am 5. September 1940 stellte Auguste Friedburg bei der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten einen Antrag auf Freigabe von 200,- RM: "Sie sind mir von der Budge-Stiftung für den Zweck einer ärztlich angeordneten Erholungsreise zur Verfügung gestellt und auf mein Sicherungskonto überwiesen." Ob ihr die Erholungsreise gewährt wurde, ist nicht überliefert.
Am 6. Dezember 1941 wurde Augustes vier Jahre ältere Schwester Elisabeth Melchior nach Riga-Jungfernhof deportiert und ermordet. Sie war 66 Jahre alt. Elisabeths Tochter Emilie bekam nach dem Krieg einen Brief von ihrer Cousine Dr. Erika Wille-Friedburg, in dem diese von den letzten Tagen vor Elisabeth Friedburgs Deportation berichtet: Dr. Walther Quiring, chirurgischer Oberarzt des Allgemeinen Krankenhauses (vermutlich St. Georg) und langjähriger Freund von Elisabeth Melchior, habe Emilies Mutter als Patientin behalten, obwohl für ihn als "arischem" Arzt die Behandlung von Juden verboten gewesen sei. Bei seinem Abschiedsbesuch habe er Elisabeth Melchior Schlaftabletten ausgehändigt, so viele, dass Erika Wille-Friedburg, die sich damals sehr um Elisabeth Friedburg gekümmert hatte, vermutet habe, dass der Arzt seiner Patientin damit die Möglichkeit der Wahl des Freitodes habe geben wollen. Erika Wille-Friedburg habe aber den Eindruck gehabt, dass Elisabeth Melchior völlig ahnungslos gewesen sei, und habe sie deshalb darüber nicht aufklären mögen.
Ihre Tochter Emilie erinnerte sich an Äußerungen ihrer Mutter und berichtet in ihren Memoiren: "Romantisch veranlagt, wie sie war, hatte meine Mutter mir gegenüber gelegentlich geäußert, sie hoffe, bewußt zu sterben – ein Wunsch, der besser nicht auf solche Weise in Erfüllung gegangen wäre." Ein letztes Lebenszeichen von Elisabeth Melchior erhielt eine nichtjüdische angeheiratete Verwandte in Lübeck, eine von Elisabeth Melchior geschriebene dort abgestempelte Postkarte.
Auguste Friedburg bekam, nachdem ihre Schwester Elisabeth deportiert worden war, weiterhin von ihr als Spenderin über die Jüdische Gemeinde noch für ein Jahr eine monatliche Unterstützung von 75,- RM. Am 30. Mai 1942 musste sie zusammen mit den Schwestern Gertrud und Katharina Embden in das "Judenhaus", das Mendelson-Israel-Stift einziehen. Emily Ascher, Marie Fraenkel, Hanna Hirsch und Ella Nauen waren bereits einen Monat zuvor dort eingewiesen worden. Auguste Friedburg hatte gerade einen mehrwöchigen Krankenhausaufenthalt hinter sich und konnte den Umzug nicht selbst vornehmen, so waren ihr dabei Fritz Rosenberg und Cläre Schneider behilflich. Der Umzug wurde von der Transportfirma Krumpf durchgeführt. Für die Umzugskostenerstattung musste sie erneut einen Antrag stellen.
Obwohl Auguste, wie auch ihre Geschwister, der evangelisch-lutherischen Kirche zeit ihres Lebens angehört hatten, wurde sie nach den nationalsozialistischen Rassegesetzen ein halbes Jahr nach ihrer Schwester Elisabeth, am 19. Juli 1942, nach Theresienstadt deportiert. Zuvor war sie noch gezwungen worden einen "Heimkaufvertrag" abzuschließen und hatte 7.449,32 RM zu zahlen, angeblich für Unterkunft und Versorgung.
Nach den Aussagen ihrer Nichte Emilie soll sie kurze Zeit vor der Deportation einen schweren Schlaganfall erlitten haben. In Theresienstadt verstarb Auguste Friedburg am 20. März 1943 im Alter von 63 Jahren.
Der weitere Schicksalsweg der Familienangehörigen
In der Zwischenzeit war die Familie der Nichte von Auguste Friedberg, Emilie Braun, geb. Melchior, nach der deutschen Besetzung Frankreichs lebensbedrohlichen Verfolgungen ausgesetzt. Nach einer Zeit der Internierung waren sie wieder freigekommen und hatten sich der Widerstandsbewegung angeschlossen. Ihr Leben war von der Angst bestimmt, verhaftet zu werden, sie lebten im Untergrund mit falschen Papieren, wechselten ständig ihre Adressen. Zeitweise waren sie in Gurs inhaftiert. Besonders die Trennung von ihrem jungen Sohn Peter, nun genannt Pierre, fiel Emilie und Paul Braun besonders schwer.
Am 17. August 1942 war Paul Braun verhaftet und in dem Lager Vénissieux bei Lyon interniert worden. Von Lyon aus war Paul Braun nach Drancy verschleppt, am 2. September 1942 mit dem Convoi Nr. 27 nach Auschwitz deportiert und ermordet worden. Zwei Tage zuvor war seine Mutter Alice Braun von Berlin nach Riga deportiert und dort am 18. August 1942 ermordet worden, einen Monat vor ihrem 69. Geburtstag. Stolpersteine für Alice und Paul Braun wurden im Sommer 2013 in Berlin, Else-Lasker-Schüler-Straße 11, gemeinsam mit ihren Nachkommen eingeweiht.
Paul Brauns Schwester Henriette Kühne war durch ihre Heirat mit ihrem nichtjüdischen Ehemann teilweise geschützt gewesen und überlebte.
Pierre Braun war Mitglied in einer Partisanengruppe der Resistance, und auch Emilie Braun half beim Widerstand und wurde von der Resistance unterstützt. Beide konnten in Frankreich überleben. Nach dem Krieg gingen sie zunächst in die USA. Später lebte Emilie in Israel und verstarb dort 1991 in Binyamina. Pierre Braun kehrte nach Frankreich zurück, studierte Jura und heiratete Madette. 1996 verstarb er in Limoges. Madette Braun bewahrte die Memoiren von Emilie Braun; von der Universität Limoges wurden sie 2011 herausgegeben.
Auf Anordnung der Gestapo war Helene Heinichen gezwungen, die Wohnung in der Dorotheenstraße zum 15. Oktober 1943 zu räumen, trotz Protestes ihrer Tochter Agathe, die sich, da sie einen nichtjüdischen Vater hatte, auf ihre Stellung als Haushaltsvorstand berief. Daraufhin bezogen sie eine Wohnung in der Cranachstraße, Groß Flottbek. Helene Heinichens geschiedener Ehemann, der für ihren Unterhalt sorgte, lebte verheiratet in zweiter Ehe in Leipzig. Anfang des nächsten Jahres erhielt Helene Heinichen den Deportationsbefehl für den 19. Januar 1944 nach Theresienstadt und musste sich am Sammelort in der Talmud Tora Schule einfinden.
Helene Heinichen überlebte die Leidenszeit im Getto Theresienstadt. Eine Zeit lang hatte sie dort als Küchenhilfe arbeiten können, dann kam die Befreiung durch das Kriegsende. Sie kehrte nach Hamburg zurück und lebte dort zusammen mit ihrer Tochter Agathe im Braamkamp 38, 2. Stock. Isabella Helene Heinichen, geb. Friedburg, verstarb am 9. Oktober 1965 im Alter von 89 Jahren an dem Ort, an dem auch ihre Schwestern den Lebensabend hatten verbringen wollen. Die Trauerfeier fand sechs Tage später im Krematorium Ohlsdorf statt. Ihre Urne wurde im Familiengrab Heinichen beigesetzt, Grablage AF 31, Nr. 361 III. Ihre Schwiegertochter Rose Marie, geb. von Brocken, hatte es für Helenes Sohn ausgesucht. Darin fand auch die Asche des mit 20 Jahren im Februar 1945 im Krieg in Carlsfeld bei Halle getöteten Enkels Johann Christian Adolph Heinichen ihren Platz. Helenes Tochter Agathe Heinichen verstarb am 6. November 1997 in Hamburg-Altona; auch sie fand im Familiengrab ihre letzte Ruhe. Eine große Grabsteinplatte mit ihren darauf verewigten Namen und Lebensdaten erinnert dort noch heute an sie.
Augustes Schwester Fanny Semon und ihre Tochter Olga kehrten nach dem Krieg 1954 aus ihrem Exilland Australien nach Deutschland zurück. Fannys Tochter Elisabeth Semon, verheiratete Neumann, war im Mai 1953 in der Schweiz im Alter von 54 Jahren an einem Hirntumor verstorben. Fanny und Olga Semon ließen sich in Bremen nieder. Olga Semon eröffnete eine Arztpraxis, fand jedoch nicht zu innerer Ruhe zurück. Sie konnte ihren Beruf nicht mehr ausüben und verzog 1958 mit ihrer 86-jährigen Mutter nach England. In Canterbury, Kent, scheiterte ein weiterer Versuch, sich als Ärztin niederzulassen. 1963 litt Olga Semon unter schweren depressiven Verstimmungen. Augustes Schwester Fanny Semon verstarb in Canterbury im März 1965 im Alter von 92 Jahren. Nach dem Tode ihrer Mutter verstärkten sich Olga Semons psychische Probleme. Sie kehrte nach Hamburg zurück und wurde von ihrem Bruder Juan Hans, der selbst aus Buenos Aires zurückgekehrt war und sich inzwischen als Rechtsanwalt in Berlin niedergelassen hatte, zur Behandlung in die Eppendorfer psychiatrische Universitätsklinik gebracht. Olga Semon blieb einen Monat in der Universitätsklinik und ging dann in die anthroposophisch orientierte Friedrich-Husemann-Klinik. Diagnostiziert wurde dort "Entwurzelungsdepression im Rückbildungsalter". Ihr Bruder Juan Hans Semon kehrte später wieder nach Buenos Aires zurück. Olga Semon zog wieder nach England. Am 20. Dezember 1993 verstarb sie im St. Martins Hospital in Canterbury im Alter von 90 Jahren.
Augustes Bruder Victor Friedburg konnte in "privilegierter Mischehe" in Hamburg überleben und führte nach dem Krieg das Bankgeschäft der Familie am Alsterdamm 16 mit seinem Sohn Rudolf weiter. Victor Friedburg verstarb Anfang 1951 im Alter von 80 Jahren in seiner Wohnung an der Alster 71. Die Privatbank "Martin Friedburg & Co" mit dem Inhaber Rudolf Friedburg bestand bis zum Jahre 1984. Die heutige Firma "Friedburg Grundstücksverwaltungen" mit Nachkommen ist aus dieser Familie Friedburg erwachsen.
Augustes Schwägerin, die Ehefrau ihres im Ersten Weltkrieg getöteten Bruders Theodor, Anna Luise Friedburg und deren Kinder Klaus und Anne Liese waren 1937 nach Ohio in die USA entkommen. Aus Klaus wurde ein bekannter Tierchirurg und Spezialist für schwierige Operationen bei kleinen Vögeln.
Auguste Friedburgs Neffen und Nichten überlebten in Brasilien und England, Frankreich, den USA und Israel.
Klaus Friedburg, seinem Sohn Martin L. Friedburg, Emilie Braun-Melchior und ihrer Schwiegertochter Madette Braun ist es zu verdanken, dass viele Familienfotos, Dokumente und die Erinnerung an Auguste Friedburg und ihre alteingesessene Hamburger Familie bewahrt worden sind. Zur Stolpersteineinweihung für Augustes Schwester Elisabeth Melchior, am 16. September 2015 im Braamkamp 40, kamen der Großneffe Martin Friedburg und seine Ehefrau Beth aus den USA angereist. Schüler*innen des Französischkurses der 10. Klasse Klosterschule trugen zum würdigen Gedenken an die Mutter einer ehemaligen Klosterschülerin mit dem Musikbeitrag "Comme toi" bei.
Stand: April 2023
© Margot Löhr
Quellen: 1; 2; 4; 5; 7; 8; StaH, 314-15 Oberfinanzpräsident, R 1938-3040 Friedburg Martin, R 1940-231 Friedburg Auguste; StaH, 332-3 Zivilstandsaufsicht, Geburtsregister, A 94 Nr. 5087/1870 Victor Friedburg, A 289 Nr. 74/1875 Elisabeth Friedburg; StaH, 332-3 Zivilstandsaufsicht, Heiratsregister, B 101 Nr. 383/1869 Martin Friedburg u. Auguste Lassart; StaH, 332-3 Zivilstandsaufsicht, Sterberegister, C 230 Nr. E 199/1872 Moritz Friedburg; StaH, 332-5 Standesämter, Geburtsregister, 8912 u. 499/1876 Helene Friedburg, 8923 u. 2077/1877 Lina Friedburg, 8939 u. 2202/1879 Auguste Friedburg, 13615 u. 1029/1901 Adolph Heinichen, 14187 u. 2138 /1904 Agathe Heinichen; 9134 u. 2383/1897 Emilie Melchior; StaH, 332-5 Standesämter, Heiratsregister, 8566 u. 481/1894 Julius Semon u. Fanny Friedburg, 2873 u. 308/1896 Victor Friedburg u. Elisabeth Mylius, 8583 u. 31/1897 George Melchior u. Elisabeth Friedburg, 8590 u. 477/1898 Eduard Heinichen u. Helene Friedburg; StaH, 332-5 Standesämter, Sterberegister, 7793 u. 451/1884 Leopold Lassart, 7806 u. 3114/1885 Emily Friedburg, 7876 u. 487/1893 Isabella Lassart, 4892 u. 127/1915 Auguste Friedburg, 6932 u. 1395/1915 Lina Friedburg, 8097 u. 438/1929 John Friedburg, 8098 u. 679/1929 Martin Friedburg, 8104 u. 199/1930 Lina Friedburg, 1307 u. 34/1951 Victor Friedburg; StaH, 332-7 Staatsangehörigkeitsaufsicht, AIf Bd. 146 Nr. 2097, AIf Bd. 174 Nr. 22625, AIf Bd. 89 Nr. 658, B I a 1849, Nr. 658; StaH, 332-8 Meldewesen, A 24 Bd. 298; StaH, 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 1927 Fanny Semon, 19268 Emilie Braun, 2980 Agathe Heinichen, 23650 Juan Semon, 26254, 26344 Olga Semon, 28800 Agathe Heinichen; StaH, 352-5 Gesundheitsbehörde, Todesbescheinigungen, 1884 Sta 3 Nr. 451 Leopold Lassart, 1929 Sta 3 Nr. 679 Martin Friedburg, 1930 Sta 20 Nr. 199 Lina Friedburg; StaH, 362-6/16 Antonie Milberg, 1 Bd. 1; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Geburtsregister, 696 d Nr. 45/1841 Fanny Friedburg, 696 d Nr. 43/1843 Martin Friedburg, 696 d Nr. 169/1846 Louis Friedburg, 696 d Nr. 249/1848 Adolph Friedburg, 696 d Nr. 26/1850 John Friedburg; StaH, 522-1 Jüdische Gemeinden, Heiratsregister, 702 b Nr. 23/1838 Moritz Friedburg u. 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Juli 1978 für Ruth Fleck, unveröffentlicht; The Memoirs of Emilie Braun-Melchior, translated by AMG Blake, March 1993; Fotos Privatarchiv Madette Braun und Martin Friedburg; Auskünfte Jochen Klinge, Kirchenarchiv St. Johannis Eppendorf; Auskünfte Monika Marschalck, Staatsarchiv Freie Hansestadt Bremen; Auskünfte Barbara Schulze, Förderkreis Ohlsdorfer Friedhof e. V., Familiengrabstätte Friedburg, Martin = R 6, 1-16; Emilie Braun-Melchior: Trois pays, deux guerres. En femme dans la tourmente, Limoge 2011, freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Madette Braun und Martin Friedburg; Frank Freytag von Loringhoven/Carl Schmidt-Reitz: Martin Friedburg & Co. (Veröffentlichungen der Wirtschaftlichen Forschungsstelle e. V., Bd. 17), Hamburg 1957; Fritz Homeyer: Deutsche Juden als Bibliophilen und Antiquare (Schriftenreihe Wissenschaftlicher Abhandlungen des Leo Baeck Institutes, Bd. 10), Tübingen 1963; Ingo Köhler: Die "Arisierung" der Privatbanken im Dritten Reich (Schriftenreihe zur Zeitschrift für Unternehmensgeschichte, Bd. 4), München 2005; Anna von Villiez: Mit aller Kraft verdrängt, Entrechtung und Verfolgung "nicht arischer" Ärzte in Hamburg 1933 bis 1945 (Studien zur jüdischen Geschichte, Bd. 11), Hamburg 2009; Wolfgang Voigt/Helmut Frank/Ulrich Höhns: Hans und Oskar Gerson. Hanseatische Moderne, Bauten in Hamburg und im kalifornischen Exil 1907–1957, Hamburg 2000, S. 73, 75; Paul Braun 18/02/1898 à BERLIN, Convoi n° 27, https://ressources.memorialdelashoah.org/resultat.php?type_rech=rap&bool%5B%5D=&index%5B%5D=noms_tous&value%5B%5D=Braun&bool%5B%5D=AND&index%5B%5D=prenoms_tous&value%5B%5D=Paul&bool%5B%5D=AND&index%5B%5D=fulltext&value%5B%5D=&spec_date_naissance_start=&spec_date_naissance_end=&naissances_tous=&adresses_tous=&biographies_tous=&id_pers=*&spec_expand=1, eingesehen am: 28.3.2022; Death Fanny Semon, https://www.freebmd.org.uk/cgi/information.pl?r=231726386:2097&d=bmd_1646647063, eingesehen am: 29.3.2022; Kunstverein in Hamburg, Digital Archiv, https://www.kunstverein.de/en/institution/digitales-archiv/institutionsgeschichte/p2#gallery-4, eingesehen am: 28.3.2022. Herzlichen Dank an Madette Braun und Martin Friedburg!
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".