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Alfons Ganser * 1914

Großmannstraße Ecke Ausschläger Billdeich (Hamburg-Mitte, Rothenburgsort)


HIER WOHNTE
ALFONS GANSER
JG. 1914
DEPORTIERT 1941
MINSK
ERMORDET

Weitere Stolpersteine in Großmannstraße Ecke Ausschläger Billdeich:
Else Ganser

Alfons Ganser, geb. 2.1.1914 in Hamburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk
Else Ganser, geb. Bär, geb. 12.9.1914 Nümbrecht, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk

Grossmannstraße/Ecke Ausschläger Billdeich (Großmannstraße 53)

Alfons und Else Ganser wurden als junges kinderloses Ehepaar im November 1941 in das Getto von Minsk deportiert. Gerüchteweise hieß es, dass Else dort nach ihrem Mann starb, aber die näheren Umstände ließen sich nicht feststellen.

Alfons Ganser stammte aus einer "Mischehe" mit einer jüdischen Mutter und einem katholischen Vater. Der Vater, der Tischler Hermann Ganser, war am 12. Dezember 1881 in Danzig geboren worden, seine Mutter Hertha, geb. Löwenthal, am 26. September 1889 in Hamburg. Sie heirateten am 1912 in Hamburg, wo am 2. Januar 1914 Alfons als ihr Erstgeborener zur Welt kam. Zu der Familie gehörten außer ihm zwei Töchter, die 1915 geborene Elisabeth und die 1927 geborene Carla.

Alfons Ganser besuchte die Volksschule der Talmud Tora Schule und begann 1929 eine kaufmännische Lehre. Seine jüngste Schwester ging ab 1933 auf die Mädchenschule in der Karolinenstraße und lebte im Waisenhaus Paulinenstift. Ihre Mutter Hertha Ganser hatte sie dort untergebracht, weil sie kränkelte. Die Mutter trat 1936 in die Deutsch-Israelitische Gemeinde Hamburg ein und wurde im Sommer 1937 rechtskräftig von ihrem "katholisch arischen" Mann geschieden. Sie starb am 3. März 1940 im Israelitischen Krankenhaus in der Johnsallee 54. Tochter Elisabeth emigrierte.

Als Alfons Ganser 1933 als "Halbjude" seine Stellung verlor, arbeitete er mit kleinen Unterbrechungen als Tischler, erhielt in der Zeit der Erwerbslosigkeit Wohlfahrts- und 1938 Arbeitslosenunterstützung. Am 6. Januar 1938 wurde er in Köln mit Else Bär, geboren am 12. September 1914 in Nümbrecht im Oberbergischen Kreis, getraut. Ihr Vater, Julius Bär, hatte es als Viehhändler zu einigem Wohlstand gebracht. Er wie seine Frau Ida, geborene Friesen, waren jüdisch. Zu Elses Familie gehörte ihre ältere Schwester Käte, 1912 ebenfalls in Nümbrecht geboren. Else Bär lebte seit mindestens 1935 in Hamburg (Registrierung bei der jüdischen Gemeinde), wo sie als Angestellte in verschiedenen Haushalten arbeitete, bis sie eine Schneiderlehre begann, möglicherweise als Vorbereitung für ihre Auswanderung. Ihre Emigration nach Brasilien gedieh offenbar nicht über die Planung hinaus. Denkbar ist, dass sie durch das katholische Auswandererwerk "St. Raphaels-Verein" in dessen Vorhaben, mit Hilfe des Vatikans 3000 Visa für Brasilien vergeben zu können, einbezogen war. Doch die "Brasilaktion" scheiterte.

Nach der nationalsozialistischen Einstufung wurde auch die Ehe einer Jüdin mit einem "Halbjuden" bzw. "Mischling" so behandelt wie die von einem "volljüdischen" Paar. Alfons und Else Gansers Leben blieb von Armut geprägt. Sie wohnten zur Untermiete, zunächst in der Carolinenstraße 4 in St. Pauli, dann in der Großmannstraße 53 in Rothenburgsort und schließlich ab August 1941 am Eppendorfer Baum.

1939 wurde Alfons Ganser zu "Pflichtarbeit" herangezogen. Else Ganser stand ebenfalls in Arbeit, welcher Art, ließ sich nicht feststellen. Als im Oktober 1941 die "Aussiedlung" Hamburger Juden zum vorgeblichen "Aufbau im Osten" in großem Stil begann, wurden Alfons und Else Gan­ser, beide 27 Jahre alt, mit dem ersten der beiden Transporte am 8. November 1941 nach Minsk deportiert. Dort verliert sich ihre Lebensspur.

Elsas Schwester Käte, verheiratete Lever, emigrierte am 3. September 1939 nach England.

Carla Ganser, "Halbjüdin", blieb nach Beendigung ihres Schulbesuchs bis zu dessen Schließung 1942 im Waisenhaus und wurde danach im Altersheim der jüdischen Gemeinde in der Beneckestraße 6 mit Hausarbeit beschäftigt. Im Januar 1943 erhielt sie die Zwangsverpflichtung zur Arbeit bei der Firma Dralle. Am 24. Februar 1943 wurde sie zusammen mit 50 anderen Jüdinnen und Juden in das Getto von Theresienstadt deportiert, überlebte und wurde von der Roten Armee befreit.

© Hildegard Thevs

Quellen: 1; 4; 5; 7; StaH 332-5 Standesämter 717+1912; 8168+147/1940; 351-11 Amt für Wiedergutmachung, 010214, 010912; Reutter, Lutz-Eugen, Katholische Kirche.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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