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Porträt von Else Kurzbart auf dem Verlobungsfoto
Else Kurzbart, Verlobungsfoto
© Privat

Else Kurzbart (geborene Tichauer) * 1893

Dillstraße 1 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Minsk

Weitere Stolpersteine in Dillstraße 1:
Frieda Löb, Jakob Löb, Julius Löb, Hildegard Simon

Else Kurzbart, geb. Tichauer, geb. am 1.12.1893 in Oppeln, deportiert am 18.11.1941 nach Minsk

Dillstraße 1

Else Kurzbart wurde als Else Charlotte Tichauer am 1. Dezember 1893 um neun Uhr abends in Oppeln geboren. Ihre Eltern waren das jüdische Ehepaar Nathan Tichauer, ein Gastwirt, und Dorothea Tichauer, geb. Schifftan. Wahrscheinlich wohnten sie in der Proskauerstraße 43.

Weiteres aus dieser Zeit lässt sich über die Familie nicht nachweisen. Sie zog vermutlich gleich oder etwas später nach Breslau. Der erste offizielle Nachweis der Familie Tichauer in dieser Stadt stammt aus dem Jahr 1918: Nathan Tichauer lebte in der Moritzstraße 44. Über Elses Leben in Breslau ist wenig bekannt. Sie erlernte dort den Beruf der Modistin bzw. Hutmacherin, welchen sie Zeit ihres Lebens ausübte.

Wann Else ihren Ehemann Georg Kurzbart kennenlernte, ist nicht bekannt. Sie heirateten am 26. Mai 1921. Georg (geb. 17.12.1894) hatte im Alter von 14 Jahren eine kaufmännische Lehre absolviert und war viereinhalb Jahre später für rund ein halbes Jahr nach Hamburg gegangen, wo er eine Anstellung in Wandsbek fand. Mit 19 Jahren hatte er sich freiwillig zum Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg gemeldet. Durch eine Schussverletzung am rechten Oberarm mit daraus resultierender Lähmung war er als Kriegsinvalide zurückgekehrt.

Am 24. Dezember 1921 kam die gemeinsame Tochter Susi Hanna Kurzbart auf die Welt. Nach Aussage ihrer jüngeren Schwester Miriam war sie ein "Fünfmonatekind", was bedeutet, dass sie bereits kurz nach der Hochzeit der Eltern geboren wurde. Ein Adressbucheintrag des Jahres 1923 weist sowohl Georg Kurzbart als auch die nun verwitwete Dorothea Tichauer als Bewohner des Hauses in der Moritzstraße aus. Am 12. Juli 1923 kam der Sohn Hans Micha Kurzbart zur Welt und drei Jahre später (13.3.1926) das letzte Kind der beiden: Dora Thea Kurzbart, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg Miriam nannte.

Das Breslauer Adressbuch von 1927 verzeichnet Georg Kurzbart ein letztes Mal in dieser Stadt. Anscheinend war Dorothea Tichauer in der Zwischenzeit verstorben und die Familie hatte beschlossen, Breslau zu verlassen. Deswegen verkauften die Kurzbarts ihr dortiges Eigentum und zogen nach Zürich. Miriam berichtete, dass ihr Vater während des Ersten Weltkriegs wegen seiner Verletzung zur Erholung in die Schweiz gekommen war. Aufgrund dieser positiven Erfahrungen wollte er wieder dorthin zurückkehren. Doch erhielt er keine Arbeitserlaubnis und die Familie spürte, dass Juden dort "unerwünscht" waren.

Die Familie ging nach Hamburg, dem "Tor zur Welt", da sie von dort in die USA auswandern wollte. Zwar erhielten sie eine Einreiseerlaubnis, doch um die Reise antreten zu können, hätte Georg Kurzbart zuvor seinen Leistenbruch operieren müssen, was er nicht wollte. Darum verblieben sie in Hamburg. Nachweisen lässt sich die Familie ab 1928 in der Breitenfeldstraße 8, in den nächsten drei Jahren Am Kaemmerer Ufer 8.

Sowohl Anna Schulz, eine Freundin von Else, als auch die Tochter Miriam berichten, dass das Verhältnis der Eheleute zerrüttet gewesen sei. Am 11. März 1931 ließen sie sich scheiden und die Kinder wurden der Mutter zugesprochen. Trotzdem pflegte der Vater weiterhin ein gutes Verhältnis zu seinen Kindern und diese besuchten ihn jeden Sonntag.

Über mögliche Unterhaltszahlungen gibt es widersprüchliche Aussagen. Einerseits heißt es, dass Georg monatlich 100 Mark an Else zahlte, andererseits wird berichtet, dass es keine Zahlungen seinerseits gab. Else war in dieser Zeit angestellt beim Hutsalon Hammerschlag am Neuen Wall, als "1. Verkäuferin bezw. Direktrice", wo sie rund 300 Mark im Monat verdiente. Mit diesem Einkommen konnte sie ihre drei Kinder ernähren und für deren Ausbildung aufkommen. Unbekannt ist, wann Else ihre dortige Anstellung erhielt. Anna Schulz berichtete aber in einer Eidesstaatlichen Erklärung, dass Else im Jahr 1933 "schon längere Zeit bei der Firma […] tätig" gewesen sei, "zu dem alten Stamm zählte, und einen Vertrauensposten bei der Firma" inne hatte. Neben der Versorgung "drei schulpflichtige[r] Kinder", habe sie auch "eine grosse Wohnung […] und eine Wirtschafterin für den gesamtem Haushalt finanzieren" können.

Die Wohnung Am Kaemmerer Ufer bestand aus "drei Zimmern, Kachelküche, Badezimmer mit fliessendem Warmwasser." Else Kurzbart und ihre Kinder zogen 1933 an den Neumann-Platz 7 und spätestens 1938 in die Dillstraße 1. Dort bewohnte die Familie fünf Zimmer: Neben einem Wohn- und Schlafzimmer, verfügten sie auch über ein Gästezimmer, sowie ein Zimmer für die beiden Mädchen und eines für Hans. Diese Wohnung soll "sehr gut bürgerlich eingerichtet" gewesen sein. Else besaß ein Radio, ein Grammophon sowie einen Fotoapparat und eine elektrische Nähmaschine von Singer. Hinzu kamen Möbel aus Eichenholz, ebenso Gläser und Vasen aus Kristall und Porzellan. Die Kinder sollen immer gut gekleidet gewesen sein und ihre Wünsche seien immer erfüllt worden.

Dennoch spürte die Familie mit dem Beginn der NS-Zeit die bedrohlichen Veränderungen: Zunächst traf es Georg Kurzbart. Er führte von 1929 bis 1935 einen Tabakladen in Hamburg und musste diesen aufgrund von Boykottaufrufen durch die Nationalsozialisten aufgeben. 1934 verhaftete ihn die Gestapo und verhörte ihn. Er soll seit 1931 Mitglied in der KPD gewesen sein, welche 1933 verboten worden war. Er wurde in Untersuchungshaft aufgrund angeblicher "Vorbereitung von Hochverrat" genommen, weil er einen Brief zwischen zwei Parteien weiterleiten sollte. Ihm half die gute Beziehung zu seinen ehemaligen Kameraden aus dem Ersten Weltkrieg, die ihm bescheinigten, dass er während des Krieges ein guter Soldat und Kamerad gewesen sei. Nach sechsmonatiger Haft kam er frei und die Vorwürfe wurden fallen gelassen. In den Jahren danach (1936 und 1937) wurde er weitere Male verhaftet.

Dadurch soll die Stimmung in der Familie sehr angespannt gewesen sein, auch wenn die Kinder den Verfolgungsmaßnahmen anfangs nicht direkt ausgesetzt waren. Else Kurzbart soll sich jeden Tag bei der Dienststelle der Gestapo nach Georg erkundigt und sich um seine Freilassung bemüht haben. Ein Jahr nach seiner Freilassung heiratete er am 26. September 1937 Martha Mensor und wanderte mit ihr im Juni 1939 nach England aus.

Den gesellschaftlichen Umbruch spürte die Familie auch im täglichen Leben. So beschreibt Hans Kurzbart, dass die Jungs aus der Hitlerjugend die jüdischen Schüler häufig überfallen und beschimpft hätten. Am peinlichsten sei es ihm dabei gewesen, dass er sich nicht wehren durfte, obwohl er dazu physisch imstande gewesen sei. Die Atmosphäre sei von Hass und Bedrohung geladen gewesen. Deswegen habe er immer wieder weinen müssen.

Auch Elses Arbeitsverhältnis war betroffen. Durch die "Arisierung" der jüdischen Fa. Hammerschlag erhielt der Betrieb eine neue Leitung und das jüdische Personal wurde "infolge der Nazi-Gesetzgebung" 1938 entlassen. Um den Verdienstausfall kompensieren zu können, arbeitete Else nun von ihrer Wohnung aus, wo sie Hüte herstellte und auch Umarbeitungen derselben anbot. Dabei verdiente sie nur einen Bruchteil ihres früheren Gehalts. Unklar ist, wie lange sie diese Arbeit ausüben konnte. Über ihre Besuche, die bis 1941 gingen, berichtete Anna Schulz: "Ich kam niemals mit leeren Händen, weil ich wusste, in was für einer grossen finanziellen Notlage Frau K. war."

Im Jahr 1940 konnte Else Kurzbart ihre Wohnung in der Dillstraße nicht mehr halten und bezog eine kleinere. Zu dieser Zeit hatte sie ihre Kinder bereits ins sichere Ausland schicken können. Trotz vielfacher Versuche konnte sie für sich keine Einreiseerlaubnis in ein anderes Land erwirken. Sie zog mehrmals um, in die Mainstraße 9 und in die Heinrich-Barth-Straße 11, wie ihr letzter Eintrag im Hamburger Adressbuch von 1941 lautete. Bei ihren Umzügen musste sie einen Großteil ihrer Möbel verkaufen, konnte aber einiges bis zu ihrer Deportation 1941 behalten.

Bis 1941 erhielt Tochter Miriam regelmäßig Briefe von ihrer Mutter ins neutrale Schweden. (Diese Briefe wertete die Verfasserin unter dem Aspekt der Mutter-Tochter-Beziehung in ihrer Bachelor-Arbeit aus). Auch mit den anderen Kindern hielt Else über Briefe Kontakt. In ihrer letzten Nachricht an ihre jüngste Tochter hieß es, dass sie "kurz vor der Reise stehe." Damit war ihre Deportation gemeint.

Else Kurzbart erhielt den Deportationsbefehl an die Adresse "Hamburg Rutschbahn 3 b. Cohn, Keller 2". Als sie deportiert wurde, musste sie "alles stehen und liegen lassen", ihre Möbel habe die Gestapo beschlagnahmt. Mit der Nummer 289 ist "Else Sara Kurzbarth geb. Tichauer" auf der Deportationsliste für den Transport am 18. November 1941 nach Minsk verzeichnet.

Im Zeitraum zwischen dem 8. November 1941 und 6. Februar 1942 fuhren sieben Transporte aus mehreren deutschen Städten in das "Generalkommissariat Weißruthenien". Der Transport vom 18. November verließ am Morgen um 8:40 Uhr den Lloydbahnhof in Bremen und kam gegen 11:30 Uhr am Hannoverschen Bahnhof in Hamburg an. Er brachte insgesamt 407 Hamburger gemeinsam mit den Bremern nach Minsk und erreichte am 22. November sein Ziel. In dieser Stadt war am 20. Juli 1941 ein Getto errichtet worden. Die Juden aus dem Transport, in dem Else Kurzbart sich befand, wurden im "Sonderghetto II" untergebracht. Dieses "Sonderghetto" lag vermutlich in der Gegend bei den Straßen "Samkojava" und "Ostrowskogo".

Die genauen Umstände, unter denen Else Kurzbart dort starb, lassen sich nicht mehr rekonstruieren. Laut dem Internationalen Suchdienst des Roten Kreuzes liegt für sie kein "Todesnachweis" vor, wie dieser auch für die meisten der in dieses Getto deportierte Menschen fehlt. Auch Else Kurzbarts Kinder blieben bei ihren Nachforschungen über den genauen Verbleib ihrer Mutter erfolglos.


Zum Schluss soll beleuchtet werden, wie das weitere Leben der übrigen Familienmitglieder aussah:

Nach seiner Auswanderung nach England bekam Georg Kurzbart mit seiner Frau am 1.1.1945 ein weiteres Kind namens Frank. Die Familie wanderte entweder Ende 1946 oder Anfang 1947 in die USA nach San Francisco aus. Dort nannte sich Georg fortan "Kurtz" und war in einem Hotel als "Fahrstuhlfuehrer" tätig. 1958 stellte er einen Antrag auf Entschädigung wegen nationalsozialistischer Verfolgung beim Amt für Wiedergutmachung in Hamburg.

Susi Kurzbart hatte von 1928 bis Ostern 1938 die Deutsch-Israelitische Mädchenschule in Hamburg besucht. Ihren ursprünglichen Plan, das Abitur abzulegen und zu studieren, um danach Lehrerin zu werden, konnte sie in Deutschland nicht mehr verwirklichen. Um den Verfolgungsmaßnahmen durch die Nationalsozialisten zu entgehen, wanderte sie in die USA aus: Mit der "S.S. Gerolstein" legte sie am 30. Juli in Antwerpen ab und kam am 10. August 1938 in New York an. Auf der Passagierliste wird eine "Hedel Schwartz" als Tante genannt, die in der "948 E 179th Str., Bronx, NY" lebte. Sie war eine Schwester von Georg Kurzbart.

In New York nannte sich Susi fortan Susan. Für kurze Zeit konnte sie bei ihrer Tante leben, musste sich dann aber ihren Lebensunterhalt selbstständig mit Tätigkeiten im Haushalt, als Kindermädchen, Kellnerin oder Fabrikarbeiterin verdienen. Anfangs besuchte sie noch Abendkurse an der "James Monroe High School" in New York. Diese musste sie aber nach rund einem halben Jahr abbrechen, da sie aufgrund der vielen wechselnden Anstellungen keine Zeit hatte, sich dem Unterricht ausreichend widmen zu können. Am 3. September 1942 heiratete sie ihren Ehemann Larry Lubin. Sie bekamen ein gemeinsames Kind. Aufgrund einer geistigen Erkrankung des Kindes und Susans Weigerung ihren Sohn in ein Heim zu geben, verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den beiden Eheleuten zusehends, sodass sie zuletzt nur noch auf dem Papier verheiratet waren.

Im Jahr 1959 jedoch arbeitete sie in einem Büro und nahm an Abendkursen teil, um doch noch ihren Traumberuf als Lehrerin ergreifen zu können. Dieses Ziel konnte sie erreichen. Bis zu ihrem Lebensende blieb Susan in New York und starb am 3. April 2011 in Brooklyn.

Der Sohn Hans Kurzbart besuchte nach seiner Einschulung mit ca. 7½ Jahren die Volkshochschule Am Thild in Hamburg von 1930 bis 1934/35. Dort war er ein guter und beliebter Schüler und wurde aufgrund seiner "guten Stimme […] zum Vorsingen gewählt". Mit dem Beginn der NS-Zeit wechselte er zur Talmud-Thora-Schule, die er insgesamt zwei Jahre besuchte. Da er in der öffentlichen Schule und im Elternhaus lediglich oberflächlich in der "jüdische Lehre" unterrichtet wurde, verschlechterten sich seine Noten auf der neuen Schule. Trotzdem plante er nach dem Realschulabschluss das Abitur abzulegen und zu studieren oder eine "Seemans-Schule (sic!)" zu besuchen, um Offizier auf See zu werden.

Hans war gezwungen Deutschland zu verlassen. Im Jahr 1937 gelang ihm mit Hilfe einer zionistischen Organisation über einen Kindertransport nach Palästina auszuwandern. Bis 1940 konnte er noch schriftlichen Kontakt mit seiner Mutter halten. Dieser brach jedoch ab, weil England als Mandatsmacht für Palästina mit Deutschland im Krieg stand.

In Palästina lebte Hans ungefähr drei Jahre im Jugendheim "Ahawa" bei Haifa. In seinem zweiten und dritten Jahr dort musste er Feldarbeit verrichten. Danach musste er selbst für seinen Lebensunterhalt aufkommen. 1940 wurde er Teil der "Vereinigten Kibbutz Kreisgruppe/Bejth-Haschitah", wo er ebenfalls rund drei Jahre blieb und wechselnden Tätigkeiten nachging.

Am 20. April 1942 wurde er offizieller Staatsbürger in Palästina. Von 1941 bis 1946 diente er in der britischen Armee und nahm 1948/49 am "israelitischen Befreiungskrieg" teil. Im Jahr 1949 zog er nach "Naharia". Laut Miriam war er fasziniert vom Busfahren und trat deshalb 1950 in die Autobuskooperative "Egged" ein, wo er als Chauffeur, aber auch zeitweise im Büro tätig war. Er heiratete 1953 und bekam drei Kinder. Sein eigenes Familienleben soll "harmonisch" gewesen sein, doch wurde er auch als "ordnungsliebender genauer und pedanter" Mensch beschrieben. Er starb im Jahr 2000 in Israel.

Die Tochter Miriam Pollin hatte ab 1932 sieben Jahre lang die Deutsch-Israelitische Töchterschule besucht. Anfang 1939 – ein Jahr vor ihrem Abschluss – verließ sie Deutschland. Mit Hilfe der Familie Warburg kam sie über einen Kindertransport nach Schweden, wo sie ungefähr 2 ½ Jahre bei einer Pflegefamilie lebte. Als Miriam ihre Pflegefamilie verlassen musste, arbeitete sie für ein Jahr als Dienstmädchen in einem Haushalt, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Für ein Jahr besuchte sie eine "Haushaltungsschule" und kam 1942 in das "Fluechtlingskollektiv in Helsingarden bei der Stadt Falun in Schweden".

Am 22. Juli 1943 erfuhr sie durch einen Zeitungsartikel aus dem "Göteborgs Handels och Sjöfartsidning", welches Schicksal ihre Mutter ereilt hatte. Darin berichtete der sowjetische Soldat Jefin Leinow über das Getto in Minsk als "Zeuge der Massenexukution". Neben den Juden aus Weißrussland fanden die Juden aus Hamburg eine besondere Erwähnung. Miriam – im Alter von siebzehn Jahren – schrieb in ihrem Tagebuch am 12. September 1943: "[…] Mein Gott, ich bin ganz leer, ich habe keinen richtigen Gedanken im Kopf. Mutti ist tot. Jetzt ist alle Hoffnung aus. Es ist sehr schlimm von den Leiden der Juden zu hören, sehr grausam, aber es ist noch schlimmer wenn man ganz genau weiss wer es ist. Bis jetzt habe ich doch noch ein klein wenig die Hoffnung gehabt, die Hoffnung die jeder hatt wenn er noch nicht ganz genau weiss das alles verloren ist, aber jetzt - - -. Die Leute lachen und singen, alle sind froh da es der I. freie Sonntag seit langem wieder ist." Dieses traumatische Erlebnis und die Verfolgung allgemein lösten bei ihr psychische und körperliche Leiden aus, weswegen sie sich noch in Schweden in psychotherapeutische Behandlung begab und sich auch später nach ihrer Auswanderung nach Palästina weiter behandeln ließ.

In Schweden lernte sie ihren Ehemann kennen, den sie im Jahr 1945 heiratete. Bis Herbst 1946 blieb sie noch in Falun, wo sie halbtags arbeitete und die andere Hälfe des Tages das Handwerk der Weberei erlernte. 1947 wanderte sie mit ihrem Mann nach Palästina aus. Dort zogen sie nach Naharia und bekamen zwei Kinder. Heute noch lebt sie mit nun über 90 Jahren in Israel.

Heute erinnert ein Stolperstein vor dem Haus an der Dillstraße 1 an Else Kurzbart, bei dessen Einweihung ihre Tochter Miriam Pollin anwesend war. Ihr gilt ein besonderer für ihre wertvolle Hilfe bei der Erstellung dieser Biografie: Sie ergänzte die Befunde aus den Akten mit eigenen (dokumentierten) Erinnerungen.


Stand: Oktober 2017
© Tabea Henn

Quellen: 1; 4; 5; Adressbuch Oppeln 1909: https://www.sbc.org.pl/dlibra/publication/1016/edition/916/content?ref=desc, aufgerufen am 19.12.2017; Adressbuch Breslau 1915, 1923, 1927: http://obc.opole.pl/dlibra/docmetadata?id=1302&from=publication, aufgerufen am 19.12.2017; Adressbuch Hamburg 1928–1933, 1938, 1940, 1941: http://agora.sub.uni-hamburg.de/subhh-adress/digbib/view?did=c1:717931&p=891&z=200 (Seite II/595), aufgerufen am 19.12.2017; Bundesgesetz zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung (Bundesentschädigungsgesetz – BEG), [siehe: https://www.gesetze-iminternet.de/beg/BJNR013870953.html, aufgerufen am 28.4.2018.]; Einbürgerungsakte des Staates Palästina von Hans Kurzbart; Geburtsurkunde der Stadt Oppeln Nr. 823, vom 4.12.1893 [aus: http://www.szukajwarchiwach.pl/45/1016/0/2.1/32/skan/full/kZgFdYE3-ovyehUliaZHHQ, Abb. Nr. 282, aufgerufen am 06.01.18]; Hochzeitsnachweis Susan Kurzbart; Hochzeitsnachweis Larry Lubin; Passagierliste der "S.S. Gerolstein", Nr. 18 Susi Kurzbart; StaH 351-11, AfW, 15793 (Susan Lubin); StaH 351-11, AfW, 15794 (Hans Kurzbart); StaH 351-11; AfW, 15795 (Miriam Pollin); Treffen mir Miriam Pollin am 7.8.19; U.S: Sterbe-Verzeichnis der Sozialversicherung (SSDI), siehe: https://www.myheritage.de/research/collection-10002/us-sterbe-verzeichnis-der-sozialversicherung-ssdi?itemId=90007742-&action=showRecord&recordTitle=Susan+Lubin, aufgerufen am 27.4.18.; Telefonisches Gespräch mit Miriam Pollin, am 24.4.18; Benz, Wolfgang, NS-Zwangslager und KZ-System. Eine Einführung, in: Nationalsozialistische Zwangslager. Strukturen und Regionen – Täter und Opfer, Wolfgang Benz, Barbara Distel und Angelika Königseder (Hg.), Dachau 2011, S. 13–19; Dünzelmann, Anne E., … keine normale Reise. Eva Warburg und die Kinder/Jugend-Alijah in Schweden, Norderstedt 2017; Goschler, Constantin, Der Umgang mit den Opfern des Nationalsozialismus in Deutschland nach 1945, in: Nach den Diktaturen. Der Umgang mit den Opfern in Europa, Günther Heydemann und Clemens Vollnhals (Hg.), Göttingen 2016, S. 27–45; Gottwaldt, Alfred und Schulle, Diana, Die "Judendeportationen" aus dem Deutschen Reich 1941–1945. Eine kommentierte Chronologie, Wiesbaden 2005; Kosak, Kuzma, Das Ghetto von Minsk, in: Ermordet on Maly Trostinec. Die österreichischen Opfer der Shoa, Waltraud Barton (Hg.), Wien 2011, S. 79–94; Novikau, Siarhei, NS-Lager im besetzten Weißrussland 1941–1944, in: Nationalsozialistische Zwangslager. Strukturen und Regionen – Täter und Opfer, Wolfgang Benz, Barbara Distel und Angelika Königseder (Hg.), Dachau 2011, S. 137–151; Rentrop-Koch, Petra, Die "Sonderghettos" für deutsche Jüdinnen und Juden im besetzten Minsk (1941–1943), in: Deutsche Jüdinnen und Juden in Ghettos und Lagern (1941–1945). Łódź. Chełmno. Minsk. Riga. Auschwitz. Theresienstadt., Beate Meyer (Hg.), Hamburg 2017, S. 88–109; Schulz, Nina, Spiel auf Zeit. NS-Verfolgte und ihre Kämpfe um Anerkennung und Entschädigung, Berlin, Hamburg 2016.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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