Namen, Orte und Biografien suchen
Bereits verlegte Stolpersteine
Suche
Caroline Mayer (geborene Lazarus) * 1872
Eulenstraße 72 (Altona, Ottensen)
HIER WOHNTE
CAROLINE MAYER
GEB. LAZARUS
JG. 1872
DEPORTIERT 1941
GHETTO MINSK
ERMORDET
Weitere Stolpersteine in Eulenstraße 72:
Hermine Mayer, Ruth Mayer
Caroline Mayer, geb. Lazarus, geb. 25.7.1872 in Altona, 18.11.1941 deportiert nach Minsk
Hermine Mayer, geb. 21.7.1914 Altona, 18.11.1941 deportiert nach Minsk
Ruth Mayer, geb. 9.2.1907 Hamburg, 18.11.1941 deportiert nach Minsk
Eulenstraße 72 (Ottensen)
Die drei Stolpersteine vor dem Haus Eulenstraße 72 in Ottensen erinnern an Angehörige der Familie Mayer, die hier jahrelang gelebt hat. Die damalige Adresse lautete Treskowplatz 8. Auf einem zeitgenössischen Stadtplan ist die historische Platzgestaltung zu erkennen. Inzwischen wurde die gründerzeitliche Anlage in eine autogerechte Straßenführung integriert.
Caroline (Lina) Lazarus war die Tochter von Hertz/Hersch, gen. Hermann Lazarus (1829-26.12.1887) und Sarah, geb. Möller. Sie wurde am 25.7.1872 in Altona geboren. Über ihre Geschwister ist nichts bekannt. Die Familie lebte in der Großen Rainstraße 20 in Ottensen, Carolines Vater war Kaufmann und betrieb eine Metall-, Lumpen- und Produktenhandlung in der Großen Rainstraße unweit der Wohnung der Familie. In der Straße befand sich auch der jüdische Friedhof Ottensen, der nicht mehr existiert.
Ein Eintrag in der Meldekartei Altona weist Caroline Lazarus als Lehrerin aus. Sie lebte bei ihren Eltern, bis sie 1896 nach Hamburg verzog. An welchen Schulen sie tätig war, konnte nicht herausgefunden werden. Caroline Lazarus übte den Beruf bis zu ihrer Heirat aus.
Mit 29 Jahren ging sie am 1.11.1901 die Ehe mit dem staatenlosen Ingenieur Samuel Mayer (geb. 16.5.1875 in Wiener Neustadt) ein. Er war wegen einer Anstellung nach Hamburg gekommen und im Papendamm 1 in Rotherbaum gemeldet. Seine Eltern, der Kaufmann Ignatz Mayer und Hanny, geb. Danzig, waren bereits verstorben. Er hatte drei Geschwister, über sie ist Näheres nicht bekannt.
Die Eheleute bekamen sechs Kinder: den einzigen Sohn Ignaz Hans (29.10.1902); Hannah (25.11.1903, verstorben am 15.9.1929 mit 25 Jahren infolge einer Streptokokken-Infektion); Käthe (9.5.1905); Ruth (9.2.1907); Sofie (22.7.1909) und Hermine (21.7.1914). Die Kinder wurden in Hamburg geboren bis auf Hermine, die jüngste kam in Altona zur Welt.
1914 war auch das Jahr, in dem die Familie im Adressbuch unter Treskowplatz 8 Parterre, in Ottensen eingetragen war. Davor hatten sie seit etwa 1905 in der Bismarckstraße 13 in Eimsbüttel gewohnt. Mittlerweile war Samuel Mayer zum Oberingenieur avanciert. Seine Geschäftsadresse lautete Große Brunnenstraße 48 in Ottensen. Daraus lässt sich schlussfolgern, dass er selbständig tätig war. Sein Gewerbe ist nicht bekannt.
Die Staatenlosigkeit des Vaters übertrug sich nach deutschem Staatsangehörigkeitsrecht auf die gesamte Familie. Der Status hatte anscheinend wenig Einfluss auf das Familien- oder Erwerbsleben. So stellte die damals selbstständige Stadt Altona Samuel Mayer am 13.9.1919 einen Reisepass aus, mit dem er nach Wiener Neustadt reisen konnte, wo er bei einem Verwandten, Ad. Mayer jun., wohnte.
Der Sohn (Ignaz) Hans besuchte ein Jahr lang eine Privatschule in Hamburg und wechselte auf die Oberrealschule Altona/Ottensen, wo er 1919 die Prüfung ablegte. Anzunehmen ist, dass die Töchter private Töchterschulen besuchten und später jüdische Schulen.
Die Familie kann als wohlhabend und wohl auch als religiös bezeichnet werden. Die Eltern und später auch die Töchter waren Mitglieder der Israelitischen Gemeinde Altona und zahlten Kultussteuern. Für Hannah Mayer sind Beitragszahlungen von 1923 bis 1928, ein Jahr vor ihrem Tod, dokumentiert.
Ruth Mayer war seit 1928/29 Mitglied der Gemeinde und arbeitete als Schneiderin, Hermine Mayer wurde 1934 – mit ca. 20 Jahren – Mitglied der Altonaer Gemeinde, sie war als kaufmännische Angestellte bzw. Korrespondentin beschäftigt u.a. bei der Im- und Export-Firma B. Luria & Co. am Jungfernstieg, einem jüdischen Arbeitgeber.
Über Sofie Mayers beruflichen Werdegang konnte nichts in Erfahrung gebracht werden, lt. einem Vermerk war sie seit 1930 von der Steuerzahlung an die jüdische Gemeinde befreit, entrichtete jedoch 1934 eine größere Summe.
Ignaz Hans Mayer (im Folgenden Hans Mayer genannt) besuchte nach der Schule einen Handelskurs beim Rüsch-Institut in Hamburg, absolvierte zwei Monate Militärdienst im Zeitfreiwilligen-Korps in Bahrenfeld und begann 1920 eine zweijährige Lehrzeit bei einer Firma im Getreidehandel. Nach Beendigung der Lehrzeit arbeitete er weiter für die Firma als Bürochef und Börsenvertreter. Er wechselte zur (jüdischen) Firma Salo Back, Getreidekontrolleur. Auch hier fungierte er als Bürochef, Börsenvertreter und als von der Handelskammer Hamburg vereidigter Probennehmer. Am 11.7.1929 heirateten Hans Mayer und die Altonaerin Martha Levy (9.10.1905). Die Eheleute lebten anfangs in Altona, Kl. Papagoyenstraße 1b bei Levy, vermutlich in der Wohnung der Schwiegereltern. 1930 bekam Hans Mayer ein Angebot von der Großeinkaufs-Gesellschaft Deutscher Konsumvereine m.b.H. (GEG) Hamburg, wo er als Getreideprüfer und -einkäufer eingestellt wurde mit der Perspektive Betriebsleiter zu werden. Er arbeitete in der Mühle Magdeburg, als die Tochter Hannelore am 7.3.1931 dort geboren wurde.
Im Laufe des Jahres 1933 wurde Hans Mayer wegen seiner jüdischen Herkunft jedoch entlassen. Auch die vormals links-fortschrittlichen Konsumvereine hatten sich dem Druck des NS-Regimes gebeugt. Hans Mayer übernahm nun als Inhaber die Firma Salo Back, Getreidekontrolle in der Wrangelstraße 16 in Eimsbüttel, mittlerweile Wohnadresse der Familie. 1934 traten sie in die Deutsch-Israelitische Gemeinde (DIG) ein. Am 14.12. d.J. wurde der Sohn Leo Lutz geboren.
Durch den Boykott jüdischer Firmen und die Weigerung der Handelskammer, ihn wieder als Probennehmer zu vereidigen, war Hans Mayer jedoch zur Aufgabe des Geschäfts gezwungen. Der Verkaufserlös von RM 1.500 sollte später vom Käufer in Raten an Hans Mayers Eltern gezahlt werden, dieser Abmachung kam der Käufer nicht nach.
Hans Mayer meldete sich am 10.6.1937 aus Hamburg ab und verließ Deutschland sechs Tage später. Er fuhr ohne seine Familie nach New York. In den USA versuchte er Arbeit und eine Wohnung zu finden. Seine Frau Martha Mayer hatte seit Ende März 1937 bis zu ihrer Auswanderung im Juni 1938 als Stenotypistin gearbeitet. Sie verließ Deutschland mit den Kindern Hannelore (Lora) und Lutz auf der SS Washington.
Caroline Mayers Tochter Käthe hatte 1934 den selbstständig tätigen Tapezier- und Dekorateur Bernhard Levisohn (1898 Wandsbek) geheiratet. Die Ehe scheiterte, es kam zur Scheidung kurz nach der Geburt des Sohnes Heinrich (21.6.1937) (siehe www.stolpersteine-hamburg.de). Käthe Levisohn war 1939 im Loogestieg 10 II. bei Mendel gemeldet, ihr kleiner Sohn in der Eppendorfer Landstraße 12, wo auch Caroline Mayer, die Großmutter des Kindes lebte, offenbar eine Notlösung in Sachen Kinderbetreuung. 1940 gelang es, Heinrich im Paulinenstift in der Straße Laufgraben unterzubringen, dem Waisenhaus für Mädchen, das der Jüdische Religionsverband unterhielt. (So musste sich die Jüdische Gemeinde Hamburgs nun nennen.) Ab August 1941 war Käthe Levisohn in Altona, Große Prinzenstraße 28, bei Gräber gemeldet.
Samuel Mayer war bereits am 5.10.1937 im Alter von 62 Jahren verstorben. Er war in Bahrenfeld auf dem jüdischen Friedhof Bornkampsweg bestattet worden, wo auch ein Grabplatz für Caroline Mayer reserviert war.
Aufgrund der antijüdischen Gesetzgebung mussten Samuel Mayers Hinterbliebene die Wohnung im "arischen" Wohnhaus Tresckowplatz 8 räumen. Anfang 1938 zog die verwitwete Caroline Mayer mit ihren drei Töchtern Ruth, Sofie und Hermine in eine Wohnung in der Eppendorfer Landstraße 12. Zudem wechselten sie von der Altonaer zur jüdischen Gemeinde Hamburgs. Amtlich vermerkt wurde, dass Caroline Mayer am 28.4.1939 beim Standesamt den Zwangsnamen "Sara" hatte eintragen lassen. Das dürfte auch auf ihre Töchter zutreffen.
Anfang 1939 begann die Devisenstelle der Oberfinanzbehörde Hamburg mit den "Sicherungsmaßnahmen" gegen Caroline Mayer und ihre Töchter, was nichts anderes bedeutete, als ihnen Vermögen und Dokumente zu entziehen – Caroline Mayer besaß als Staatenlose einen 1935 ausgestellten Fremdenpass.
Aus einem Verkauf des Grundstücks Humboldstraße 27 in Altona (heute Willebrandstraße) waren 18.000 RM zur Barauszahlung gelangt. Ferner besaß die Familie Wertpapiere bei der Dresdner Bank. Von einer "Sicherungsanordnung" wurde vorläufig abgesehen, diese im März d.J. dann aber doch erlassen. Damit war die freie Verfügung über das Vermögen nicht mehr möglich.
Die regelmäßigen Lebenshaltungskosten sowie zusätzliche Ausgaben musste sie sich nun jeweils genehmigen lassen. Im April 1939 beantragte Caroline Mayer bei der Devisenstelle 500 RM für die Auswanderung ihrer Tochter Sofie nach England, was genehmigt wurde. Weitere Auszahlungen kamen hinzu, so eine Summe über 300 RM, darin enthalten ein Abschiedsgeschenk für ihre Mutter in Höhe von 100 RM. Am 15.6.1939 fuhr Sofie, die in der Familie Fifi genannt wurde, mit dem Dampfer Hamburg nach England.
Aus dem Schriftwechsel mit der Devisenstelle geht hervor, dass Caroline Mayer auch die drei Geschwister ihres verstorbenen Mannes finanziell unterstützte.
Ferner veranlasste sie die Verkaufssumme aus dem Grundstücksverkauf freizugeben und auf Sparbücher ihrer Töchter aufzuteilen. Das erfolgte im Oktober 1939, wobei die Devisenstelle auf Nachfrage der Dresdener Bank mitteilte, dass die Töchter über die Sparguthaben frei verfügen dürften.
Im Oktober kam es auch zu einem Wohnungswechsel in die Klosterallee 11.
Im Dezember 1939 meldete Caroline Mayer der Devisenstelle, ihre Geldbörse sei ihr abhandengekommen, darin 215 RM und etwas Kleingeld. Daraufhin gab die Behörde 50 RM frei.
Dann musste wieder ein Umzug in eine vermutlich kleinere Wohnung oder ein sogen. Judenhaus in die Lenhartzstraße 3 bewältigt werden. Von dieser Eppendorfer Adresse wurden Caroline Mayer und ihre Töchter Hermine und Ruth am 18.11.1941 nach Minsk deportiert. Auf der Deportationsliste sind Hermine und Ruth als Schneiderinnen eingetragen.
Auch Käthe Levisohn schloss sich mit ihrem Sohn Heinrich ihrer Familie an. Nach Auskunft von Nachfahren sollte Caroline Mayer ursprünglich noch zurückgestellt werden, doch sie widersetzte sich der Anordnung der Gestapo und bestand darauf, Hamburg zusammen mit ihren Töchtern zu verlassen.
Bereits am 8.11.1941 hatte eine Deportation aus Hamburg nach Minsk mit knapp 1.000 Menschen stattgefunden. Minsk, die Hauptstadt der weißrussischen Sowjetrepublik, war von der Wehrmacht besetzt. Die Ankunft im Getto muss für die Hamburger traumatisierend gewesen sein. Die Ankömmlinge mussten die Leichen der früheren, von der SS erschossenen Ghettobewohnerinnen und -bewohner beseitigen, um die Unterkünfte beziehen und bewohnbar machen zu können.
Der zweite Zug nach Minsk transportierte neben etwa 407 Juden aus Hamburg auch solche aus Bremen. Die Hamburger hatten sich einen Tag zuvor im Logenhaus Moorweide einzufinden. Am 18.11. wurden sie zum Hannoverschen Bahnhof gebracht (heute Gedenkort HafenCity). Sie erreichten das Getto Minsk vier Tage später.
Die Nachfahren von Hermine Mayer geben deren Erinnerungen an die Bahnfahrt wieder, denn Hermine schrieb wohl mehrere Briefe während des Transports, die nicht mehr erhalten sind bzw. aufgefunden werden konnten. In einem Brief hieß es: "... 23 Stunden unterwegs bei wildem Schwanken der alten Tschechoslowakischen Waggons, ohne Wasserversorgung, total schmutzig, ein kleiner Vorgeschmack auf das, was kommen sollte. Zehn Personen im Abteil, an Schlaf ist nicht zu denken. Das war die dritte Nacht.” Weiter notierte sie, dass der Antisemitismus an den Bahnhöfen schlimmer werde, je weiter sie nach Osten fuhren. (Die Briefpassagen wurden aus dem Englischen übersetzt.)
Als die Familie Mayer im Getto Minsk eintraf, bestanden dort bereits zwei Sondergettos, von Stacheldraht umzäunt. Sie fanden Unterkunft im Sonderghetto II. Es bestand ein gemeinsamer Judenrat unter dem Hamburger Transportleiter Dr. Edgar Franck (siehe www.stolpersteine-hamburg.de), der eine Gemeinschaftsküche und eine provisorische Krankenstation einrichtete und die Koordinierung der Arbeitskräfte vornehmen musste.
Etwa 1.400 der nach Minsk deportierten Juden wurden für Zwangsarbeiten in Reparaturwerkstätten, Versorgungslagern der Wehrmacht, der NS-Bauorganisation Todt und der Reichsbahn zugewiesen. Im Getto organisierte sich auch Widerstand gegen die Besatzer. Möglichst viele Menschen sollten aus dem Lager gerettet werden, um in den Wäldern im Umland Schutz zu finden. Doch nur 6 Menschen aus Hamburg überlebten die Deportation vom 18.11.1941. Zu ihnen gehörte keine der fünf Angehörigen der Familie Mayer.
Der oben erwähnte Grundstücksverkauf Humboldtstraße wurde im Mai 1948 Gegenstand eines Schriftverkehrs zwischen Oberfinanzdirektion und Devisenstelle. Daraus erfahren wir, dass das Vermögen Caroline Mayers – wie das aller Deportierter - im November 1941 zugunsten des Reichs eingezogen wurde. Sieben Jahre nach Enteignung und Deportation der jüdischen Geschädigten beschäftigten sich dieselben Dienststellen nun mit der Rekonstruktion der von ihnen unter NS-Gesetzgebung angeordneten Maßnahmen.
Bevor die Erben tätig werden konnten, musste die Erblasserin für tot erklärt werden. 1955 wurde das Datum anlässlich der Berechnung der Haftentschädigung (für 41 Monate) nach Beschluss des Amtsgerichts Hamburg auf den 8.5.1945 rückdatiert.
Erben waren Carolines ausgewanderte Kinder Hans Mayer und Sofie Barry, geb. Mayer.
Hans Mayer lebte zu der Zeit in Greensboro, North Carolina, USA und war in einer chemischen Fabrik beschäftigt. Er hatte einem in Hamburg lebenden Cousin die Vollmacht erteilt, in seinen Entschädigungsangelegenheiten tätig zu werden. Doch alle Konnten und Depots bei der Dresdner Bank waren aufgelöst und dem NS-Staat übereignet worden.
Hans Mayers Schwester Sofie war 1937 nach London emigriert, wo sie als Näherin beschäftigt war. Im Juli 1943 ging sie die Ehe mit Christopher Barry ein. Die Verhältnisse müssen prekär gewesen sein. 1950 konnte Sofie die Gebühr zur Beschaffung ihrer Geburtsurkunde nicht aufbringen. 1957 ließen die hiesigen Behörden ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse durch die deutsche Botschaft in London überprüfen, um über ihre evtl. Bedürftigkeit nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) entscheiden zu können. Zu diesem Zeitpunkt war Sofie Barry nicht berufstätig und ihr Ehemann bezog nur eine geringe Arbeitslosenunterstützung. Die Eheleute waren kinderlos und lebten unter dem Existenz-Minimum. Die Geldmittel aus den Wiedergutmachungsverfahren dürften eine gewisse Entspannung mit sich gebracht haben, wenn auch nur für begrenzte Zeit. Entschädigungen erhielt Sofie Barry für Haftzeiten sowie die Judenvermögensabgaben und Reichsfluchtsteuern, die ihre ermordeten Angehörigen entrichtet hatten. Erst Ende 1962 einigten sich die Parteien wegen des Grundstücks Humboldtstraße auf einen Rückerstattungsbetrag. Ein bitterer Beigeschmack bleibt: die Enteignungen vollzogen sich unter NS-Gesetzgebung in einem kurzen Zeitraum zwischen 1939 und 1941, die Rückerstattung bzw. Wiedergutmachung konnten sich jahrzehntelang hinziehen. Hier bis in die 1960er Jahre.
Hans Mayer beantragte unter anderem auch Wiedergutmachung für seinen erlittenen Berufsschaden, denn in den USA angekommen, hatte er versucht, in der Getreidebranche wieder Fuß zu fassen, was sich nach zwei Monaten als unrealistisch herausstellte. Er hätte wieder als Lehrling anfangen müssen. Das konnte er sich nicht erlauben, da er seine Familie nachkommen lassen wollte. So nahm er im August 1937 eine Stellung als ungelernter Arbeiter im Lagerhaus der Allied Kid Co., Wilmington/Delaware im Bundesstaat North Carolina an. Ein Jahr später konnte er bei der Firma als gelernter Arbeiter im Akkord arbeiten, das dauerte bis 1944. Wegen der schweren körperlichen Arbeit wechselte er zur Synvar Corporation, Allied Chemical – Plastics and Coal – Chemicals Division, die synthetische Bindemittel herstellte. Hans Mayer arbeitete nun als Vormann.
In Wilmington, einer Stadt am Atlantik, lebte die Familie zusammen mit Marthas Mutter, Jeanette Levy, geb. Hirsch. Sie war 1870 in Frankfurt/Main als Tochter von Rabbi Samson Raphael Hirsch geboren worden. Sie starb 1946 in Wilmington.
1951 wurde Hans Mayer stellvertretender Betriebsleiter in der neuen Filiale von Synvar in Greensboro, North Carolina. Dort arbeitete er auch 1955 noch, wie er in einem Lebenslauf darlegte, gerichtet an seinen Anwalt in Hamburg. In dem Schreiben heißt es abschließend: "Es ist leider völlig ausgeschlossen, dass ich hier jemals eine Stellung in meinem Alter finden kann, die der entspricht, zu der ich mich in Deutschland bei der GEG hätte heraufarbeiten können."
Doch nicht nur die prekären Arbeitsverhältnisse verhinderten, dass er optimistisch in die Zukunft blickte. Als er nach Kriegsende vom Tod seiner Mutter und Schwestern erfuhr, erlitt er einen Nervenzusammenbruch und war längere Zeit nicht arbeitsfähig.
Hans Mayer starb am 20.4.1983 in Daytona Beach/Florida, seine Frau Martha starb am 21.1.1995 in einem jüdischen Altenheim in Forsyth, North Carolina.
Lora Mayer war seit 1952 mit Irving Samuel Silver (1930-1981) verheiratet. Die Eheleute hatten drei Söhne: Jeff, Eric und Philip Silver. Lora Mayer Silver engagierte sich in der Humane Society of the Piedmont und arbeitete für die Mediation Services of Greensboro. Sie liebte das Singen, insbesondere deutsche Lieder. Sie starb am 14.4.2007 in Greensboro.
Lutz L. Mayer nahm ein Musikstudium auf und wurde als Violinist und Komponist bekannt. Er war mehr als 40 Jahre verheiratet mit der Sopranistin Pamela L. Poulin. Die Eheleute hatten einen Sohn, David. Lutz Mayer lebte in Preble im Staate New York, wo er am 18.11.2020 starb.
Die seit 1992 verwitwete Sofie Barry starb um den Jahreswechsel 1997/98 im Großraum London.
Stand: November 2025
© Astrid Louven
Quellen: StaHH 314-15_R1939_0713_0064; StaHH 213-13_13111 + 3725 + 3726 + 3727; StaHH 351-11_3755 + 3756 + 1955 + 1956; StaHH Jüdische Gemeinden 522-01_0992_b_38159 + 38298 + 32573; StaHH 332-8 A 24 Bd. 390; StaHH 741.4 Fotoarchiv K7332; Adressbuch Altona 1895; Adressbuch Altona+Hamburg 1905-1914-1938; Adressbuch HH 1935; Deportationsliste Minsk 18.11.41; Patentplan Hamburg, Falk-Verlag o.J. Meldezettel 1919 und Mail vom 17.7.2025 von Sabine Schmitner-Laszakovits, Stadtarchiv Wiener Neustadt; https://de.wikipedia.org/wiki/Ghetto_Minsk; https://collections.arolsen-archives.org/de/document/86384172 1945 Mails von Pamela Poulin 13.8., 13.09., 19.9., 25.9., 26.9.2023, 13.6., 17.6., 19.6.24, 3.11. + 19.11.2025; https://nashvilleholocaustmemorial.org/memorial-wall-profiles/ruth-and-hermine-mayer/; https://www.hartwellfuneralhome.net/obituary/lutz-mayer https://www.legacy.com/us/obituaries/legacyremembers/lora-silver-obituary?id=27867759.

