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Bereits verlegte Stolpersteine



William Dabelstein (o. J.)
William Dabelstein (o. J.)
© Privatbesitz

William Robert Dabelstein * 1898

Kurze Straße 31 (Hamburg-Mitte, Neustadt)

tot 30.1.1943 nach Mißhandlung
inhaftiert 1936–37 Börgermoor

Weitere Stolpersteine in Kurze Straße 31:
Wilhelm Dengler

William Robert Dabelstein, geb. am 15.7.1898 in Hamburg, inhaftiert 1936, gestorben am 30.1.1943 im Universitätskrankenhaus Eppendorf

Kurze Straße 31 (Kurze Straße 30)

William Dabelstein kam am 15. Juli 1898 in einer Hamburger Arbeiterfamilie in der Steinstraße 33 zur Welt. Als sein Vater Johannes Friedrich Dabelstein (geb. 11.7.1857 in Garding) im Alter von 48 Jahren am 8. Januar 1906 im Hafenkrankenhaus starb, war er noch keine acht Jahre alt, sein jüngerer Bruder Jonny (geb. 4.11.1900) war fünf und ihre Mutter Franziska, geb. Nabein (geb. 9.7.1870), zu diesem Zeitpunkt hochschwanger. Die Schwester Franziska Anna Helene, genannt Lene (geb. 28.3.1906), kam zwei Monate nach dem frühen Tod ihres Vaters zur Welt. Die Geschwister, zu denen auch der Halbbruder Detlef Diedrich Dabelstein (geb. 7.11.1893), gehörte, wuchsen in der Brüderstraße 25 auf. Am 18. Mai 1915 heiratete die Mutter Franziska in zweiter Ehe den Schiffskoch und späteren Bootsmann Heinrich Georg Zell (geb. 21.2.1883, gest. 16.9.1942). Da lebten beide bereits in der Elbstraße 83 (heute Neanderstraße). Ein späterer Umzug erfolgte in die Osterstraße 162 nach Hamburg-Eimsbüttel.

Vermutlich besuchte William Dabelstein die Volksschule in der Poolstraße in unmittelbarer Nähe seines Elternhauses. Nach Beendigung der Schulzeit erlernte er den Beruf des "Bohrergesellen". Kurz nach Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich 16-jährig freiwillig zum Kriegsdienst und kam an die Westfront. William Dabelstein wurde für seine Verdienste als Soldat ausgezeichnet und zum Gefreiten befördert. Nach Ende des Krieges, in den Zeiten der Weltwirtschaftskrise und allgemeiner Arbeitslosigkeit, arbeitete er als Nieter und Motorschlosser und fuhr als Oberheizer zur See. Nach zweijähriger Erwerbslosigkeit fand er wieder Arbeit in einer Fischfabrik.

William Dabelstein wurde in der Hamburger Arbeiterbewegung aktiv. Nachdem er kurzzeitig der SPD angehörte, schloss er sich 1922 der KPD an und engagierte sich in der "Roten Hilfe", einer der KPD nahestehenden Organisation, die politische Häftlinge und deren Familien unterstützte. Auch sein Bruder Jonny war politisch organisiert.

William Dabelstein heiratete am 2. Juni 1928 Franziska Margarete Henriette Lotter. Beide wohnten zum Zeitpunkt ihrer Eheschließung in der Straße Kohlhöfen 17 Haus 5. Franziska, Zissi genannt, war am 21. Mai 1900 als Tochter des Schneiders Konrad Lotter und Rosine, geb. Hofmeister, im Valentinskamp 96 geboren worden. Sie arbeitete als Kaffeesacknäherin im Hafen. Der gemeinsame Sohn Konrad Ernst Eduard war bereits am 11. Juli 1920 vorehelich zur Welt gekommen und blieb ihr einziges Kind.

William Dabelstein wurde am 22. November 1932, noch vor dem Verbot der KPD 1933 durch die Nationalsozialisten, unter dem Verdacht einer "hochverräterischen Betätigung", verhaftet, kam allerdings nach zwei Monaten wieder frei.

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme schloss sich William Dabelstein einer sogenannten Fünfergruppe an, in der auch Kurt und Hilde Schill (s. Stolpersteine in Hamburg-St. Pauli), Bruno Endrejat, (s. dort) und Heinrich Matz politisch aktiv waren. Sie verteilten u.a. zu bestimmten Anlässen selbst hergestellte Flugblätter in den Wohngebieten rund um den Großneumarkt und sammelten Geld für verfolgte Freunde und Genossen.

Wegen seiner politischen Tätigkeit geriet William Dabelstein am 15. April 1933 und am 3. Dezember 1933 kurzzeitig in "Schutzhaft". Anklage wurde jedoch nicht erhoben, die Verfahren wurden eingestellt.

Bis zu seiner Verhaftung am 17. April 1936 war William Dabelstein Leiter des Abwehr-Apparats der KPD für den Stadtteil Altstadt. Seine Festnahme soll aufgrund einer Anzeige des "Spitzels" Erich Wachsmuth aus der Peterstraße erfolgt sein.

Erst kurz zuvor war das Ehepaar Dabelstein in die Kurzestraße 30 (heute Kurze Straße) umgezogen.

Am 5. Januar 1937 verurteilte das Hanseatische Oberlandesgericht William Dabelstein wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" zu einer Zuchthausstrafe von drei Jahren und sechs Monaten. Am 25. Januar, knapp einen Monat später, wurde er in das Strafgefangenenlager Börgermoor überführt, eins der ersten Emslandlager, in denen die Strafgefangenen bei der Moorkultivierung eingesetzt wurden. Im Zuge der Verlegung von politischen Häftlingen kam William Dabelstein übergangsweise in das Lager II Aschendorfermoor. Weil er dort angeblich weiterhin politisch tätig war und abfällige Bemerkungen über die NSDAP machte, wurde er am 19. Mai 1938 vom Oberlandesgericht in Hamm zusätzlich zu weiteren fünf Jahren Zuchthaus in Bremen-Oslebshausen verurteilt.

Nach einer Überlieferung in der Familie soll William Dabelstein in Bremen-Oslebshausen noch von seinem Bruder Jonny Dabelstein gesehen worden sein, der wegen seiner politischen Tätigkeit bereits im Februar 1934 vom Hanseatischen Sondergericht wegen "gemeinschaftlich versuchten politischen Mordes" und "Hoch- und Landesverrat" zu einer Zuchthausstrafe von insgesamt 14 Jahren und sechs Monaten verurteilt worden war und diese seit dem 6. April 1934 im Zuchthaus Bremen-Oslebshausen verbüßte. Jonny Dabelstein war zum Torfstechen eingeteilt und versuchte seinen Bruder durch lautes Rufen auf sich aufmerksam zu machen. Daraufhin schlug einer der Bewacher Jonny Dabelstein mit dem Gewehrkolben auf den Kopf. In der Folgezeit klagte er über rechtsseitige Ohrenschmerzen. Am 10. Juni 1941 brach er während der Außenarbeit zusammen und wurde ins Lazarett nach Oslebshausen gebracht. Dort starb Jonny Dabelstein nach einer Operation am 26. Juni 1941, die offizielle Todesursache lautete auf eine durch Ohrenleiden ausgelöste Hirnhautentzündung und einen Gehirnabszess. An Jonny Dabelstein erinnert ein Stolperstein in der Osterstraße 162 (s. Stolpersteine in Hamburg-Eimsbüttel und Hamburg-Hoheluft-West).

William Dabelstein erkrankte nach fünfjähriger Haftzeit an einem Geschwür in der Lymphdrüse und wurde am 29. Dezember 1941 ins Zentrallazarett der Untersuchungshaftanstalt Hamburg verlegt. Die offizielle Diagnose lautete auf Lungenmetastasen. Eine beantragte Strafunterbrechung aus Krankheitsgründen wurde von dem Ersten Staatsanwalt Keseböhmer aus Hamm/Westfalen am 2. März 1942 nicht befürwortet: "Dabelstein am 19. Mai 1938 wegen ,Vorbereitung zum Hochverrat‘ zu fünf Jahren Zuchthaus verurteilt, verbüßt diese Strafe bis zum 21. Oktober 1944, bei ihm handelt es sich um einen Hochverräter, der nicht zum Lagervollzug geeignet ist. Während der Verbüßung der Strafe des Urteils vom 5. Januar 1937 hat er im Lager Emsland unter den Strafgefangenen kommunistische Mundpropaganda betrieben, die zu der vorliegenden Verurteilung vom Oberlandesgericht Hamm geführt hat. Bei dem politischen Vorleben und der Gemeingefährlichkeit des Verurteilten ist eine Strafunterbrechung nicht tunlich, weil zu befürchten ist, dass der Verurteilte die Gelegenheit wahrnehmen wird, erneut im kommunistischen Sinne tätig zu werden."

William Dabelsteins Haft im KZ Fuhlsbüttel wurde nur durch seine krankheitsbedingten Aufenthalte im Universitätskrankenhaus Eppendorf unterbrochen. Dort starb er am 30. Januar 1943 angeblich an Lungenkrebs. Seine Familie berichtete aber auch über schwere Misshandlungen und eine Würgeverletzung durch eine Eisenkette am Hals.

Sein Sohn, der Autoschlosser Konrad Dabelstein, wurde als Soldat eingezogen und galt seit Ende 1945 in Russland als vermisst. Er wurde 1958 für tot erklärt.

Franziska Dabelstein lebte noch in der Kurze Straße, bis die alten Häuser dort 1976 abgerissen wurden und zog dann in die Böhmkenstraße 14. Sie starb am 9. April 1988 im Pflegeheim Oberaltenallee in Finkenau.

Williams Schwester Helene, seit 1937 verheiratete Reinke, war Straßenbahnschaffnerin und zumindest offiziell nicht politisch aktiv, wohl aber ihr Ehemann, der Betriebsarbeiter Peter Klaus Thomas Reinke (geb. 17.10.1903). Vom 29. März bis zum 29. Juni 1934 verbüßte er eine dreimonatige Gefängnisstrafe in Glasmoor. Er hatte auf der Straße einen SA-Mann bedroht. Am 30. November 1934 wurde er erneut inhaftiert und am 1. Dezember 1934 zu einer achtzehnmonatigen Haftstrafe wegen "Vorbereitung zum Hochverrat" verurteilt, die er bis zum 30. Mai 1936 verbüßte. Zunächst wegen seiner politischen Aktivitäten für "wehrunwürdig" befunden, wurde er im März 1943 eingezogen und geriet in Ägypten in britische Gefangenschaft, aus der er erst 1947 entlassen wurde. Thomas Reinke starb am 11. September 1953 bei einem Verkehrsunfall.


Stand: Juli 2018
© Susanne Rosendahl

Quellen: StaH 351-11 AfW 1570 (Dabelstein, Franziska); StaH 351-11 AfW Abl. 200/1, 31828 Dabelstein, Rolf; StaH 351-11 AfW 27432 (Reinke, Thomas); StaH 731-9 NS-Archiv des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR 165; StaH 242-1 II Gefängnisverwaltung II, Abl.16 Untersuchungshaftkartei und Abl. 13 Gefangenenkartei und Abl.1998/1 Untersuchungshaftkartei; StaH 242-1II Gefängnisverwaltung, Abl. 12,81 Dabelstein, Jonny Eduard; StaH 332-5 Standesämter 2452 u 1585/1898; StaH 332-5 Standesämter 13403 u 1483/1900; StaH 332-5 Standesämter 569 u 35/1906; StaH 332-5 Standesämter 3576 u 354/1928; StaH 332-5 Standesämter 1155 u 1134/1942; StaH 332-5 Standesämter 9938 u 144/1943; VVN-Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschisten e.V., Auskunft von Anne Harden; Totenliste Hamburger Widerstandskämpfer und Verfolgter, S. 21; Buck: Widerstand, S. 36f.; Mitteilungen und Dokumente von Birgit und Werner Dabelstein am 1.4.2010.

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