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Bereits verlegte Stolpersteine



Horst Seelig * 1929

Grindelhof 2 (Eimsbüttel, Rotherbaum)

1941 Minsk
ermordet

Weitere Stolpersteine in Grindelhof 2:
Friederike (Frieda) Cohn, Bruno Seelig, Gerd Seelig, Lina Seelig, Manfred Seelig

Bruno Seelig, geb. am 19.9.1888 in Stettin, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Lina Seelig, geb. Hesse, geb. am 20.10.1890 in Quedlinburg, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Manfred Seelig, geb. am 10.12.1921 in Stettin, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Gerd Seelig, geb. am 24.5.1927 in Stettin, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet
Horst Seelig, geb. am 25.9.1929 in Stettin, deportiert am 8.11.1941 nach Minsk, ermordet

Grindelhof 2

Seit 1912 betrieb Bruno in Stettin ein "Schuhwaren-Agentur- und Kommissionsgeschäft". Er entstammte der Stettiner Familie Samuel und Bertha Seelig, geborene Wagner. Lina Seelig kam aus der Familie Robert und Louise Hesse aus Quedlinburg. Beide bekamen drei Söhne, Manfred (1921), Gerd (1927) und Horst (1929). 1932/33 versuchte die Industrie- und Handelskammer Stettin Bruno Seeligs Firma im Handelsregister löschen zu lassen, weil sie angeblich nicht mehr bestünde. Allerdings nahm sie am 12. Januar 1934 den Löschungsantrag wieder zurück. Am 20. Oktober 1936 stellte sie erneut einen Löschungsantrag, auf den Bruno Seelig mit der Beantragung einer Ummeldung der Firma nach Hamburg reagierte. Am 16. November 1936 wurde das Unternehmen vom Vogelstangenberg 1 in Stettin in den Schrammsweg 4 nach Hamburg-Eppendorf verlegt. Vier Wochen später, am 15. Dezember 1936, bestätigte das Amtsgericht Hamburg die Verlegung unter der Handelsregisternummer 40360 Abt. A. Bruno Seeligs Betrieb war nunmehr ein Klein- und Großhandel mit Kontor- und Büroartikeln (zum Beispiel "Ideal"-Steuerordner, für die er den Alleinvertrieb besaß).

Er führte die Firma bis Februar 1938. Etwa ein Jahr später, am 7. Januar 1939, wurde allerdings einem Antrag auf Genehmigung des Kaufvertrages vom 28. November 1938 entsprochen – geschlossen zwischen der Firma Generalvertrieb Steuer-Ordner "Ideal" Bruno Seelig und Paul Anders, Hamburg-Harburg, gemäß Paragraph 1 Abs. 2 der "Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben vom 23.11.1938, RGBl I, S.1642". So hatte das NS-Regime Bruno Seeligs Geschäft "arisiert" und der Familie die materielle Grundlage geraubt.

Einige Monate lebte sie von der "Substanz", die jedoch im Sommer 1939 aufgebraucht war. Nachdem Brunos Schwester, die eine Zeit lang die Mietzahlungen für ihn und seine Familie übernahm, nach England ausgewandert war, musste er die 85 Reichsmark (RM) Miete für die 5-Zimmer-Wohnung im Grindelhof 2 selbst bezahlen. Der älteste Sohn Manfred steuerte 40 RM zum Unterhalt der Familie bei. Außerdem bezahlte ein entfernter Verwandter, der 19-jährige Heinz Goldschmidt, der mit in der Wohnung lebte, für Unterkunft und Verpflegung 60 RM.

Aus der Fürsorgeakte der Familie ergibt sich, dass sich Lina Seelig im Sommer 1939 während einer etwa dreimonatigen Krankheit ihres Mannes an die Sozialbehörde wandte, um neben einem Krankenschein Zuschüsse für Stiefel, Brille und ein Paar Einlagen für ihren Sohn Gerd zu erhalten. Doch eine dauerhafte Unterstützung blieb ihr zunächst mit der Begründung versagt, sie solle sich bemühen, ein weiteres Zimmer unterzuvermieten.

Im September 1939 verzichtete Lina Seelig darauf, weiter um dauerhafte Unterstützung durch die Behörde zu bitten, weil sie inzwischen ein Zimmer für 30 RM vermietet und zusätzlich noch zwei Lehrlinge in Pflege hatte, für die sie von der Jüdischen Gemeinde 120 RM erhielt. Am 9. Januar 1940 beantragte Bruno Seelig Arbeitslosenunterstützung und erhielt diese ab März 1940 in Höhe von 103,34 RM im Monat.

Über den ältesten Sohn Manfred, der zum Maschinen- und Autoschlosser in den Lehrwerkstätten des Jüdischen Religionsverbandes ausgebildet worden war, existiert eine schmale Akte aus der Oberschulbehörde. Daraus geht hervor, dass er sich im November 1939 um die "Abhaltung von Fachkursen im Schweißen" beworben hatte, die ausschließlich für "jüdische Umschichtler" (Auswanderer) angeboten wurden. Diese sollten dadurch ihre Qualifikation für eine Arbeit im Ausland verbessern. Manfred wollte so seiner Familie und sich selbst ein Einkommen statt seiner Pflichtarbeit als "Erdarbeiter" bei der Firma Blöcker in Hamburg-Altona verschaffen. Im Dezember 1939 wurde der Antrag abgelehnt, da die Kurse nicht von der Reichsvereinigung der Juden in Deutschland unterhalten würden.

Am 8. November 1941 wurden Lina, Manfred, Gerd und Horst Seelig ins Getto Minsk deportiert und ermordet.

Stand: Juli 2017
© Dieter Wolf

Quellen: 1; StaH 351-14 Amt für Wiedergutmachung 1812; StaH 361-2 VI Oberschulbehörde VI 4881; StaH 231-7 Amtsgericht Hamburg - Handels- und Genossenschaftsregister B 1986–47 Bd. 1 u.2; digitales Archiv ITS Bad Arolsen: Teilband 1.2.1.1, Doc. ID 11197728.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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