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Frania Lustgarten (geborene Krämer) * 1892

Eppendorfer Baum 6 (Eimsbüttel, Harvestehude)


HIER WOHNTE
FRANIA LUSTGARTEN
GEB. KRÄMER
JG. 1892
AUSGEWIESEN 1938
ZBASZYN / POLEN
???

Weitere Stolpersteine in Eppendorfer Baum 6:
Nathan Hersch Bernstein, Etel Bernstein, Margot Regensberg, Adolph Rubensohn

Frania (Frieda) Lustgarten, geb. Krämer, geb. am 2.6.1892 in Tarnow / Galizien, am 28.10.1938 ausgewiesen nach Zbaszyn, nach Kriegsbeginn Einweisung in das Ghetto Tarnow, dort verschollen

Eppendorfer Baum 6

Frania Lustgarten wurde am 2.6.1892 als Jüdin in Tarnow / Galizien geboren. Über ihre Kindheit, ihre Jugendzeit, über Ausbildung, Wohnortwechsel und das Datum ihrer Heirat liegen keine Angaben vor. Verheiratet war sie mit dem Geschäftsmann Yehoshua Baruch Lustgarten, geb. 9.2.1892. Sein Gewerbe als Kaufmann für Leder- und Schuhbedarfsartikel meldete er am 14.10.1919 in seinem Geschäft, Lübecker Straße 107–109 an. Darüber hinaus besaß er zwei weitere Geschäfte für Leder- und Berufsbekleidung in Hammerbrook. Am 7. Februar 1917 wurde die Tochter Regina in Berlin geboren, ihre Tochter Lotti (Tamar) am 7.8.1920 in Hamburg. Seit 1917 war die Familie in Hamburg ansässig. Frania Lustgarten führte das Geschäft in der Lübecker Straße ab 1919 gemeinsam mit ihrem Mann. Die Familie galt als wohlhabend und besaß ein geräumiges Haus mit zehn Zimmern in der Klaus-Groth-Straße 9. Am 24.8.1928 verstarb Yehoshua Baruch Lustgarten.

Mit 36 Jahren verwitwet und verantwortlich für zwei minderjährige Töchter, verkaufte Frania Lustgarten die beiden Filialen in Hammebrook und führte das Geschäft in der Lübecker Straße in den folgenden fünf Jahren alleine weiter. Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 war auch sie den Boykottmaßnahmen gegen jüdische Geschäfte und Einrichtungen ausgesetzt. Aus diesem Grund verkaufte sie 1934 ihr Geschäft zu einem "Spottpreis", wie aus einer eidesstattlichen Erklärung von 22.8.1962 hervorgeht. Frania Lustgarten hatte sich, wohl in Erwartung kommender Entwicklungen, in ihrem Haus (Klaus-Groth-Straße 9) ein größeres Lager mit Leder- und Schuhartikeln angelegt und konnte den Lebensunterhalt für sich und ihre Töchter in den Jahren bis 1937 mit dem Verkauf dieser Artikel bestreiten.

Am 30. Juli 1937 musste Frania Lustgarten auch das Wohnhaus in der Klaus-Groth-Straße 9 verkaufen. Anschließend lebte sie mit den Töchtern in zwei Zimmern einer Wohnung der Zionistischen Vereinigung im Eppendorfer Baum 6. Noch im Jahr 1937 konnte ihre Tochter Regina nach Palästina ausreisen, 1938 folgte Lotti. 1957 erklärte Lotti: "Es bestand die Absicht, dass unsere Mutter auch noch auswandern sollte. Aus der Akte der Devisenstelle für unsere Mutter ergibt sich auch, dass diese bereits das Umzugsgut der Speditionsfirma Gärtner & Co. nach Israel übergeben hatte. Dieses Umzugsgut ist jedoch niemals angekommen."

Frania Lustgarten geriet schon bald danach in finanzielle Notlagen. In einem Schreiben von Elkan Hirsch, Vormund der Töchter, an den Oberfinanzpräsidenten vom 30. September 1937 bittet dieser um die Genehmigung, "dass aus dem Vermögen von Frl. Regina Lustgarten der Mutter wöchentlich RM 25 bezahlt werden." Später musste Frania Lustgarten als Reinemachfrau bei der Zionistischen Vereinigung arbeiten.

Am 28. Oktober 1938 wurde sie wegen ihrer polnischen Abstammung im Rahmen der "Ausweisung polnischer Juden" (Polenaktion) nach Zbaszyn/Polen abgeschoben. Die Betroffenen hatten nur wenige Stunden, um zu packen und sich zu verabschieden. Von Hamburg aus wurden ca. 1.000 Personen festgenommen, die zunächst im Gefängnis bzw. in einer bewachten Turnhalle gesammelt wurden, die sie bis zum Abtransport nicht verlassen durften. Frania Lustgarten war zu diesem Zeitpunkt krankheitsbedingt geschwächt und konnte ihre beiden Koffer mit Kleidern und einigen weiteren Habseligkeiten nicht selbst tragen. Beim Grenzübergang nach Polen ging das Gepäck verloren, so dass sie sich völlig mittellos in der ohnehin hoffnungslosen Situation zurechtfinden musste. Auch die Überweisung von Geldbeträgen von Hamburg nach Zbaszyn wurde von der Devisenstelle untersagt.

Am 27. Mai 1939 erhielt Frania Lustgarten die Erlaubnis, noch einmal für 14 Tage nach Hamburg zurückkehren, um ihre Angelegenheiten zu regeln. Inzwischen war ihr Hausstand (Eppendorfer Baum 6) durch eine Vertraute bei der Zionistischen Vereinigung veräußert worden.

Nach Kriegsbeginn wurde Frania Lustgarten nach Tarnow, ihrem Geburtsort in der Nähe von Krakau, verbracht, kam in das dortige Ghetto und gilt seitdem als verschollen.
Das letzte Lebenszeichen von ihrer Mutter erhielten die Töchter Regina und Lotti Lustgarten kurz vor Ausbruch des 2. Weltkrieges am 1. September 1939. Bis dahin waren briefliche Kontakte noch möglich gewesen.
Frania Lustgarten wurde auf den 8. Mai 1945 für tot erklärt.

© Götz Plantiko

Quellen: StaH, Bestand 331-1 Polizeibehörde I Sign. 116 UA 10 Frania Lustgarten; StaH 314-15, OFP F 1582, AZ: OFP F 15824; Akte des Amtsgerichts Hamburg, betr. Regina Lustgarten, AZ 112 VIII L 845; StaH 351-11, Beate Meyer, Ausweisung polnischer Juden, in: Handbuch des Antisemitismus Bd. 4 (Hrsg. Wolfgang Benz), Berlin/New York 2011, S. 29–32.

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