Namen, Orte und Biografien suchen


Bereits verlegte Stolpersteine



Rifka Moses (geborene Grünberg) * 1896

Grindelallee 116 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
RIFKA MOSES
GEB. GRÜNBERG
JG. 1896
DEPORTIERT 1941
MINSK
???

Weitere Stolpersteine in Grindelallee 116:
Iwan Moses, Ruth Moses, Siegmund Rosenbaum, Edgar Rosenbaum, Eva Hava Walden, Schlome Salmen Walden, Else von der Wall

Iwan Moses, geb. am 4.10.1888 in Hamburg, deportiert nach Minsk am 8.11.1941, dort umgekommen
Rifka (Becky) Moses, geb. Grünberg, geb. am 15.4.1896 in Konstantinopel, deportiert nach Minsk am 8.11.1941, dort umgekommen
Ruth Moses, geb. am 1.5.1925 in Altona, deportiert nach Minsk am 8.11.1941, dort umgekommen

Grindelallee 116

Iwan Moses‘ Eltern waren der Händler Joseph Moses und dessen Frau Jenni, geborene Levy. Am 30. Juni 1901 wurde sein Bruder Salo Moses (s. Grindelallee 129) geboren, die Familie lebte in der Neustadt, zunächst in 2. Elbstraße 9, nach Salos Geburt in Hütten 109 I.

Iwan Moses war Buchbinder von Beruf und in den 1920er-Jahren in der Druckerei des Verlags Konrad Hanf beschäftigt. In diesem Verlag erschien der Hamburgische Submissionsanzeiger, in dem öffentliche Ausschreibungen veröffentlicht wurden sowie einige Titel damals aktueller Literatur. Am 27. Oktober 1911 heiratete Iwan Moses die ebenfalls jüdische Martha Kracht, die am 22. Januar 1890 in Bielefeld geboren worden war. Knapp zehn Jahre später, am 2. Juli 1921, wurde diese Ehe geschieden und am 16. März 1923 heiratete Iwan erneut, seine zweite Ehefrau hieß Rifka (auch Becky genannt) Grünberg und war in Konstantinopel zur Welt gekommen. Wohl wegen dieses damals exotischen Geburtsorts konnte sie zur Eheschließung keine Geburtsurkunde beibringen und stellte sich auf dem Standesamt als Rifka Becky Grünberg vor, geboren am 17. Mai 1896. 1938 stellte ein Randvermerk auf der Heiratskunde fest: "Aufgrund rechtskräftigen Beschlusses des Amtsgerichts in Hamburg vom 31. August 1938 wird berichtigend vermerkt: Die in der Eintragung genannte Eheschließende hat nur den Vornamen Rifka, sie ist am 15. April 1896 geboren worden." Lotte Degner, eine Verwandte von Iwan Moses, die nach dem Krieg einen Wiedergutmachungsantrag stellte, erinnerte sich, dass Rifka bis zu ihrer Deportation (das hieße, bis November 1941) bei der Russischen Handelsmission als Sekretärin beschäftigt gewesen sei. Die russische Handelsmission am Schwanenwik 37 stellte ihre Tätigkeit nach dem deutschen Überfall auf Russland im Sommer 1941 ein, ob Rifka Moses bis dahin dort beschäftigt war, war nicht mehr rekonstruierbar.

Iwan Moses stieg in der Firma Konrad Hanf bis zum Betriebsleiter auf, allerdings musste das Unternehmen 1926 Insolvenz anmelden und wurde 1928 aus dem Handelsregister gelöscht. Ob er danach gleich wieder eine Beschäftigung fand, ist unklar, über seine weitere Berufslaufbahn gibt es nur ungenaue Hinweise. Er zahlte in jener Zeit lediglich geringe Beträge an Kultussteuer, 1931 wurde sie ihm ganz erlassen. In den Jahren 1937/38 war er eine Zeitlang bei der Buchdruckerei Hans Hartmann (Hamo-Druck) beschäftigt. Der Betrieb lag in der Großen Reichenstraße 75. Ab 1936 verzeichnet das Hamburger Adressbuch auch "Hartmann, Hans Vertr." unter der Adresse Hohe Bleichen 5–7. Diese Adresse wird wiederum auch auf der Steuerkarte von Iwan Moses genannt, möglicherweise war er als Vertreter für Hans Hartmann tätig, denn anlässlich seiner geplanten Auswanderung 1939 gab er an, er sei als "Drucksachenverkäufer" beschäftigt. Während des Krieges war er wahrscheinlich auch als Zwangsarbeiter eingesetzt, Lotte Degner gab an, er habe in einer Druckerei in der Gröningstraße arbeiten müssen. Möglicherweise handelte es sich dabei um die unter anderer Leitung weitergeführte Druckerei des Verlags Konrad Hanf, die in der Neuen Gröningerstraße 30 lag, unweit der Verlagsadresse am Zippelhaus.

Familie Moses lebte an verschiedenen Adressen, unter anderem Mitte der 1920er-Jahre in der Bogenstraße 11a, wo auch die Mutter von Iwan Moses sowie die Familie Karger wohnte (s. Grindelhof 68), und in der Bismarckstraße 73. Seit spätestens 1938 bis zur Deportation wohnte sie im 1. Stock des Hauses Grindelallee 116.

Für 1939 plante Iwan Moses seine Auswanderung. Die Tochter Ruth, die die Israelitische Töchterschule besuchte, sollte mit nach England kommen, Rifka Moses musste oder wollte allerdings in Hamburg bleiben. Der Grund dafür ist aus den Akten nicht zu erkennen, es mag aber am fehlenden Visum gelegen haben.

Gegenüber dem Oberfinanzpräsidenten gab Iwan seinen Beruf mit Buchbinder an, zurzeit sei er Drucksachenverkäufer. Als Jahreseinkommen gab er 1575 Reichsmark (RM) an, als Vermögen 500 RM. Er wollte demnach über England in die USA auswandern. Auch die Liste des mitzunehmenden Gutes war bereits eingereicht, die Bestätigung, dass er dem Staat kein Geld mehr schuldete, lag mit Datum 24. Januar 1939 vor. Die Zollfahndungsstelle äußerte keine Bedenken gegen die Mitnahme des Umzugsguts – mit der Ausnahme, dass die eingetragenen Silbergegenstände ins Pfandleihhaus zu bringen seien. Am 12. Mai 1939 meldete die Spedition A. Th. Paulsen den Versand des Umzugsguts mit dem Bestimmungsland USA. Doch Iwan und Ruth Moses blieben in Hamburg. Am 20. November 1939 erbat der Oberfinanzpräsident die "sofortige Auskunft, ob sowie ggf. wann und wohin Iwan Israel Moses […] polizeilich abgemeldet ist". Die Antwort vom 7. Dezember 1939 lautete: "Moses war hier anwesend. Eine Auswanderungsmöglichkeit besteht zur Zeit nicht." Mit dem Kriegsausbruch im September 1939 waren die Auswanderungsmöglichkeiten in der Tat fast vollkommen unterbunden worden. Was allerdings zuvor geschehen war, um die ursprünglich für den 7. März 1939 geplante Ausreise von Vater und Tochter zu verhindern, bleibt unklar.

Am 8. November 1941 fand sich die Familie am Sammelplatz auf der Moorweide ein und wurde nach Minsk deportiert. Dort verliert sich ihre Spur.

Stand: Juli 2017
© Ulrike Sparr

Quellen: 1; 2; 5; StaH 332-5 Standesämter 2181 Nr. 4755, 3173 Nr. 635, 8778 Nr. 130; StaH 314-15 Oberfinanzpräsident FVg 7962; StaH 351-11_ Amt für Wiedergutmachung 38212; Auszug Handelsreg. 1928; Adressbücher Hamburg 1920, 1926, 1930–1937; http://de.wikipedia.org/wiki/Submissions-Anzeiger (letzter Aufruf: 15.1.2015); Randt: Carolinenstrasse 35.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

druckansicht  / Seitenanfang