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Bereits verlegte Stolpersteine



Else Luca (geborene Dreyer) * 1894

Sierichstraße 153 (Hamburg-Nord, Winterhude)


HIER WOHNTE
ELSE LUCA
GEB. DREYER
JG. 1894
DEPORTIERT 1941
LODZ
???

Weitere Stolpersteine in Sierichstraße 153:
Hugo Friedmann, Emma Guttmann, Grete Lewin, Lucian Luca, Rudolf Luca, Emil Mirabeau, Edith Schneeroff, Leo Schneeroff

Lucian Luca, geb. 30.6.1889 in Bukarest, deportiert am 25.10.1941 von Hamburg nach Lodz, am 10.6.1943 in Chelmo ermordet
Else Luca, geb. Dreyer, geb. 23.4.1894 in Bielefeld, deportiert am 25.10.1941 von Hamburg nach Lodz, Todesdatum unbekannt
Rudolf Luca, geb. 27.5.1919 in Bielefeld, deportiert am 25.10.1941 von Hamburg nach Lodz, Todesdatum unbekannt

Die Eltern von Lucian Luca waren Adolf Luca und seine Frau Luise, geb. Mandler. Wann Lucian Luca aus Rumänien nach Deutschland kam, wissen wir nicht. Die ersten Jahre nach seiner Heirat mit Else Dreyer wird er aber in deren Geburtsstadt Bielefeld verbracht haben, denn dort wurde der erste Sohn Rudolf geboren. Ein zweiter Sohn, Hans-Günther, kam am 19.7. 1921 zur Welt. Von 1933 bis 1939 lebte die Familie in Hamburg-Eppendorf, in der Straße Rehhagen Nr. 7 (heute: Gustav-Leo-Straße).

Gemeinsam mit seiner Ehefrau betrieb Lucian Luca das Speditionsunternehmen S. Dreyer sen. Internationale Spedition und Autofernverkehr, gelegen am Oberwärderdamm 16/18. Die Firma muss in den frühen 1930er Jahren noch gute Erträge erwirtschaftet haben, denn es war den Eltern möglich, beide Söhne zur weiteren Ausbildung in die Schweiz zu schicken.

Der jüdischen Gemeinde hat sich Lucian Luca wohl erst ab 1936 zugewandt. In diesem Jahr zahlte er mit 1715 Reichsmark eine recht hohe Gemeindesteuer. In den darauffolgenden Jahren blieben die Beiträge im höheren dreistelligen Bereich, 1939/40 waren es nur noch 262 Reichsmark, 1941 wurde gar nichts mehr einbezahlt.

Im Mai 1938 verkaufte Lucian Luca, wohl unter dem Eindruck dauernder geschäftlicher Erschwernisse, das Unternehmen an die Spedition Bremer Warenverteilungs-Gesellschaft mbH. (Noch heute wird S. Dreyer sen. als Hamburger Niederlassung dieser Firma geführt.) Die Käufer legten 1950 in einem Schreiben an das Hamburger Wiedergutmachungsamt dar, dass der größte Teil des Kaufpreises von 48500 Reichsmark in bar ausgezahlt wurde, um Luca die freie Verfügung darüber zu erhalten. Der Hamburger Gauwirtschaftsberater musste auch diesem Verkauf, der noch vor der offiziellen Verfügung zur "Arisierung" "jüdischer" Unternehmen zustande kam, zustimmen. Dabei wollte er den Goodwill-Anteil von 6600 Reichsmark des Kaufpreises nicht anerkennen. (Die Bremer Warenverteilungs-Gesellschaft führte im oben erwähnten Schreiben aus, dass diese Summe daraufhin in anderen Buchhaltungsposten "versteckt" wurde.)

Die Verkaufsverhandlungen wurden von einer Buchprüfung überschattet, die von der Devisenstelle des Oberfinanzpräsidenten auf Grund einer Denunziation veranlasst wurde. Diese wurde handschriftlich auf einem Blatt mit Stempel der Devisenstelle verfasst: "Luca ist nebst Familie volljüdisch. Seine Kinder sind seit einiger Zeit zur Erziehung in der Schweiz. L. selbst hat des öfteren im letzten Jahr Reisen dorthin unternommen, desgleichen seine Privatsekretärin. Die Stimmung nach der Rückkehr von einer solchen Reise soll sehr geheimnisvoll gewesen sein. Da der Verdacht der Auswanderung besteht, bitte ich um sofortige ... Buchprüfung ..."

Der Prüfer konnte allerdings keine Unregelmäßigkeiten erkennen und schrieb darüber hinaus in seinem Bericht vom 16. Mai 1938: "Eine Privatsekretärin ist bei Luca nicht beschäftigt, wohl ein Fräulein Elli Malchow ... als Buchhalterin. Dieses Fräulein ist schätzungsweise 60 Jahre alt und hat keine Reisen nach der Schweiz mitgemacht. Verstöße in devisenrechtlicher Hinsicht konnten nicht festgestellt werden." Am darauffolgenden Tag wurde der Verkauf an die Bremer Spedition gültig.

Das Vermögen der Lucas wurde unter Sicherungsanordnung gestellt und mit den für wohlhabende Juden gültigen Sonderabgaben (z. B. "Judenvermögensabgabe") belegt. Die Familie konnte nur über einen kleinen Teil daraus verfügen. Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 war Lucian Luca einen Tag lang im KZ Fuhlsbüttel inhaftiert.

Bald nach dem Verkauf der Firma müssen die beiden Söhne der Lucas nach Hamburg zurückgekommen sein. Man erwog jetzt ernsthaft die Auswanderung. Im Dezember des gleichen Jahres konnte der 17-jährige Sohn Hans-Günther mit einem der ersten Kindertransporte nach England gelangen. Sein zwei Jahre älterer Bruder Rudolf blieb in Hamburg bei seinen Eltern und begann eine Tischlerlehre. Er hatte bis 1933 das Heinrich-Hertz-Realgymnasium besucht.

Ab Juni 1939 lautete die Adresse der Lucas Sierichstraße 153, bei Friedmann (s. d.). In diesem Haus, einer kleinen Villa, lebten noch zahlreiche weitere jüdische Menschen nach dem Verlust ihrer ursprünglichen Wohnung (s. a. Schneeroff, Guttmann, Mirabeau).

Am 25. Oktober 1941 wurden die drei in Hamburg verbliebenen Lucas mit dem ersten von Hamburg abgehenden Deportationszug nach Lodz verschleppt. Lucian Luca wurde am 10. Juni 1943 im nahe gelegenen Chelmno mit Gas ermordet. Wann und unter welchen Umständen seine Frau und sein Sohn umkamen, ist nicht bekannt.

© Ulrike Sparr

Quellen: 1; 4; 8; StaHH 314-15, Oberfinanzpräsident F 1570; StaHH 522-1 Jüd. Gemeinden, 992e2 Bd. 1; Archiv WgA LGHH, Z 1124; http:// data.jewishgen. org/wconnect/ wc.dll?jg~jgsearch~model2~[LODZGHETTO]LODZGHETTO~&mPageStart=201 (einges. 3.1.2008); Wilhelm Mosel, Wegweiser zu ehemaligen jüdischen Stätten in Hamburg, Heft 2, Hamburg 1985, S. 70.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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