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Bereits verlegte Stolpersteine



Frieda Seligmann * 1892

Hallerstraße 2 (Eimsbüttel, Rotherbaum)


HIER WOHNTE
FRIEDA SELIGMANN
JG. 1892
DEPORTIERT 1943
THERESIENSTADT
TOT 2.1.1944

Weitere Stolpersteine in Hallerstraße 2:
Hugo Menke, Selma Menke, Hannelore Menke, Ivan Sally Seligmann

Frieda Seligmann, geb. Joachimsthal, geb. am 30.6.1892 in Heidelberg, deportiert nach Theresienstadt am 9.6.1943, dort umgekommen am 2.1.1944
Ivan Sally Seligmann, geb. am 11.11.1891 in Hamburg, deportiert nach Theresienstadt am 15.7.1942, weiterdeportiert nach Auschwitz am 15.5.1944

Hallerstraße 2

Frieda Seligmann, geb. Joachimsthal, war die zweitälteste Tochter des jüdischen Ehepaares Hermann Joachimsthal (geb. 1861 in Stargart, Krs. Lebus/Oder) und Emma, geb. Gottfeld (geb. 1867 in Arnswalde, Westpommern); ihre Schwester war Gertrud Joachimsthal (geb. 1898). Die Familie zog wahrscheinlich Anfang des 20. Jahrhunderts nach Hamburg und eröffnete im Jahr 1902 ein Papierwarengeschäft am Steindamm, sie wohnte ab 1915 in der Bülaustraße 8, ebenfalls in St. Georg. Es ist unbekannt, welchen Beruf Frieda erlernte und ausübte, möglicherweise arbeitete sie im Geschäft ihrer Eltern. 1923 heiratete sie Ivan Seligmann und hatte mit ihm die 1924 geborene Tochter Senta.

Ivan Seligmann war der Sohn einer seit mehreren Generationen in Hamburg ansässigen jüdischen Familie. Sein Vater war der Kaufmann Adolf Seligmann (1864–1930) und seine Mutter Rosa, geb. Gutmann (geb. 1867). Er hatte zwei Schwestern mit Namen Elsa (geb. 1893) und Irma (geb. 1900). Einen Teil seiner Kindheit verbrachte Ivan in Berlin, da seine Eltern dorthin umgezogen waren. Nachdem er 1904 mit seiner Familie nach Hamburg zurückgekehrt war, besuchte er bis 1905 das Wilhelm-Gymnasium. Nach seinem Schulabgang absolvierte er eine Ausbildung als handwerklicher Zeichner bei der Kunstgewerbemanufaktur Georg Hulbe in der Lindenstraße in St. Georg.

Etwa 1910 begann er ein Studium an der Hamburger Kunstgewerbeschule, wo er Schüler der überregional bekannten Lehrer und Künstler Friedrich Adler und Carl Otto Czeschka war und 1914 an der Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Köln teilnahm. Ob er im Ersten Weltkrieg als Soldat kämpfte, ist nicht sicher belegt, er entwarf jedoch in der Kriegszeit Propagandapostkarten und bekundete noch in den unmittelbaren Nachkriegsjahren durch Plakatentwürfe seine deutschnationale Einstellung.

Erst im Jahr 1919 schloss Ivan Seligmann sein Studium ab, was darauf hindeutet, dass er tatsächlich als Soldat am Krieg teilgenommen hatte. Danach arbeitete er, immer noch bei seinen Eltern in der Bornstraße wohnend, als selbstständiger Gebrauchsgraphiker. 1923 heiratete er Frieda Joachimsthal und übernahm im selben Jahr, nach dem Tod seines Schwiegervaters, dessen Papierwarenladen am Steindamm/Ecke Lindenstraße.

Gleichzeitig arbeitete er weiter als Graphiker und war Mitglied des Bundes deutscher Gebrauchsgraphiker, einer Vereinigung, die von ihren Mitgliedern die Erfüllung hoher künstlerischer Aufnahmekriterien forderte. Bereits im Mai 1933 wurde er infolge der Anwendung des "Arierparagraphen" in den Berufsvereinigungen aus dem Graphikerbund ausgeschlossen, was ihm die Grundlage für die Ausübung seines Berufs weitgehend entzog. Wahrscheinlich widmete er sich nun ganz seinem Papierwarengeschäft am Steindamm. Er war bereits 1931 von der Bülaustraße, wo er mit Frau, Tochter und seiner Schwiegermutter, die im selben Jahr zu ihrer Tochter Gertrud nach Berlin zog, gewohnt hatte, in das Haus umgezogen, in dem sich auch sein Laden befand.

Die Kultussteuerkarte der Jüdischen Gemeinde weist für die 1930er-Jahre nur noch ein bescheidenes Einkommen aus, das 1936 völlig versiegte. Wahrscheinlich musste Ivan Seligmann im selben Jahr oder spätestens 1937 den Laden schließen, da er im Hamburger Adressbuch bereits 1938 nicht mehr als Firmeninhaber verzeichnet war. Um dieselbe Zeit kam es auch zur räumlichen Trennung von seiner schwerkranken Frau, die von nun an in Einrichtungen der Jüdischen Gemeinde, zunächst in der Schäferkampsallee, später in der Beneckestraße 6 gepflegt werden musste.

Ivan Seligmann wohnte daraufhin bis zu seiner Deportation in mindestens fünf verschiedenen Häusern zur Untermiete. Ein Eintrag auf seiner Kultusteuerkarte von November 1940 fasst seine soziale Lage lakonisch zusammen: "arbeitsunfähig, kein Einkommen, kein Vermögen, lebt von einem Darlehen seiner Schwester". Seine beiden Schwestern waren schon 1923 und 1936, ebenso wie die Mutter, in die USA emigriert, seine Tochter Senta kam im Juli 1939 mit einem Kindertransport nach England. Am 15.Juli 1942 wurde er aus dem "Judenhaus" Bundesstraße 35 mit einem Massentransport von 926 Hamburger Juden und Jüdinnen ins Getto Theresienstadt deportiert, von wo man ihn fast zwei Jahre später, am 15. Mai 1944, nach Auschwitz weiterdeportierte.

Seine an den Rollstuhl gefesselte Frau Frieda ereilte das Schicksal der Deportation nach Theresienstadt am 9. Juni 1943, wo sie am 2. Januar 1944 verstarb. Ihre Mutter Emma Joachimsthal kam vor ihrer Tochter am 21.Juli 1943 um, ebenfalls in Theresienstadt. Stellvertretend für die Vielzahl der Wohnungen wurden die Stolpersteine für Frieda und Ivan Sally Seligmann in der Hallerstraße 2 verlegt.

Stand: September 2016
© Benedikt Behrens

Quelle: 1; 4; StaH, 522-1, Jüdische Gemeinden, 992 e 2 (Deportationslisten); AB 1936-39; Bauche, IVAN, in: Wamser/Weinke (Hrsg.), Verschwundene Welt, S. 166–170.
Zur Nummerierung häufig genutzter Quellen siehe Link "Recherche und Quellen".

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