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Bereits verlegte Stolpersteine



Mauritz Kapper *

Dammtorstraße 28 (Oper) (Hamburg-Mitte, Neustadt)

1934 Flucht nach Holland
verschollen

Siehe auch:
  • http://www.verstummtestimmen.de/
    (Die Stolpersteine vor der Staatsoper wurden aus Anlass der Ausstellung 'Verstummte Stimmen' verlegt. Weitere Informationen finden Sie unter dem vorstehenden Link)

Weitere Stolpersteine in Dammtorstraße 28 (Oper):
Gustav Brecher, Dr. Max Fraenkel, Hermann Frehse, Camilla Fuchs, Jacob Kaufmann, Ottilie Metzger-Lattermann, Kurt Abraham Salnik, Joseph Schmidt, Magda Spiegel, Viktor Ullmann, Bruno Wolf

Mauritz Kapper, geb. am 19.3.1882 in Amsterdam, überlebte

Dammtorstraße 28 (Oper)

Maurits Kapper, der seinen Vornamen selbst mit einem "s" schrieb, wurde 1882 in Amsterdam als Sohn der jüdischen niederländischen Staatsbürger Meijer Kapper und Judith Kapper, geb. Leon, geboren. Er ging in Amsterdam zur Schule und erhielt in seiner Geburtsstadt Gesangsunterricht. Nach Abschluss seiner Gesangsausbildung erhielt er Engagements an der Oper Berlin-Charlottenburg, dem Hoftheater Darmstadt und am Stadttheater Koblenz (u.a. 1911/12). Seit dem 1. September 1916 trat er als Tenor im Chor des Hamburger Stadttheaters auf.

Maurits Kapper tauchte im Hamburger Adressbuch von 1919 bis 1933 mit der Wohnadresse Marktstraße 28 (St. Pauli) in Hamburg auf. Er hatte im September 1912 Josina Cornelia van Diepenbeek (geb. 25.3.1883) geheiratet, die der christlichen Konfession angehörte. Der Monatsverdienst von Maurits Kapper belief sich 1931 auf 346 Reichsmark (RM), zusätzlich verdiente er rund 50 RM monatlich als Chorsänger der 1895 eingeweihten Neuen Dammtorsynagoge (Beneckestraße 4). Zum Ende der Spielzeit 1933/34 wurden auch beim Stadttheater Hamburg Beschäftigte aufgrund ihrer jüdischen Herkunft entlassen, was ihnen ein Vierteljahr vorher mitgeteilt wurde. Dazu gehörten die Chorsängerinnen und Chorsänger des Hamburger Stadttheaters, David Cantor (geb. 28.9.1896 in Grzymalow), Slamo Fischl (geb. 15.8.1895), Camilla Fuchs (geb.1.2.1896 in Prag), Abraham Salnik (geb. 17.10.1894 in Riga) und der kinderlose Maurits Kapper, der nach den späteren nationalsozialistischen "Rassekriterien" in "nicht privilegierter Mischehe" lebte. In NS-Deutschland hatte er damit keine Aussicht mehr auf eine Anstellung als Sänger und entschloss sich, in die Niederlande zurückzukehren.

In der Beantragung der ihm zustehenden Gelder war 1934 weder bei Maurits Kapper noch beim Stadttheater die Rede von einer Entlassung aus "rassischen" Gründen. Der Verwaltungsdirektor des Hamburgischen Staatstheaters schrieb am 28. März 1934 an die Finanzverwaltung der Hansestadt: "Unser Chorsänger Mauritz Kapper, geb. 19.3.82, scheidet ab 1/8.1934 aus dem Verbande des Hamburgischen Staatstheaters aus und tritt mit diesem Tage in den Ruhestand. Herr Kapper ist gebürtiger Holländer und hat in seiner Heimatstadt die Mutter wohnen, für deren Unterhaltung er aufzukommen hat. Er hat deshalb den Wunsch, ab 1. Aug. d. J. nach Holland zu übersiedeln und bittet darum, ihm seine Pension nach Holland zu schicken. Da hierzu ein Senatsbeschluß notwendig ist, schließen wir uns der Bitte des Herrn Kapper an und bitten ebenfalls höflichst um die Genehmigung, die Pension nach Holland schicken zu dürfen. Heil Hitler!" Der zuständige Behördenleiter der Finanzverwaltung, Carl Werdermann (geb. 1884, seit 1.5.1933 NSDAP-Mitglied), leitete das Schreiben mit ergänzender eigener Zustimmung am 14. April 1934 an den Staatssekretär Georg Ahrens (1896–1974, seit Dez. 1932 NSDAP-Mitglied) weiter. Als Leiter des Hamburgischen Staatsamtes, der zentralen Verwaltungsinstanz, war Ahrens auch für die politischen und antijüdischen Entlassungen der staatlichen Beschäftigten zuständig; daneben war er u.a. Aufsichtsratsmitglied der späteren Hamburgischen Staatsoper und des Deutschen Schauspielhauses. Am 20. April 1934 genehmigte der "Staatssekretär Ahrens, als Staatskommissar für das Hamburgische Staatstheater" im Verfügungswege: "daß die dem Chorsänger Mauritz Kapper […] zustehende Pension diesem bei Verlegung seines Wohnsitzes nach Holland dorthin überwiesen wird. Der Senat behält sich den jederzeitigen Widerruf dieser Genehmigung vor."

So wechselte das Ehepaar Kapper in die Niederlande, wo Maurits Kapper seine Pension aus Hamburg bezog. Nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht im Mai 1940 in die neutralen Niederlande war Maurits Kapper erneut den nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt. Ab 15. Mai 1942 musste er den "Judenstern" deutlich sichtbar an seiner Kleidung tragen. Er schrieb in den 1960er Jahren an das Amt für Wiedergutmachung in Hamburg: "Die beiden großen Razzien gegen die jüdische Bevölkerung Amsterdams fanden im Mai und Juni 1943 statt. Da ich in sogenannter nicht-privilegierter Mischehe lebte und da in vielen Fällen jüdische Personen auch dieser Kategorie festgenommen und deportiert wurden, entzog ich [mich] dem mir drohenden Schicksal dadurch, dass ich mich vom Januar 1943 bis Mitte Dezember 1943 in der Gemeinde Tenge bei Apeldoorn im Haus der Frau Harmsen versteckte. Mein illegales Leben dieser Zeit hatte sowohl haftähnlichen als auch menschenunwürdigen Charakter, da ich mich versteckt halten musste, die Straße nicht betreten durfte und von jeglichem Kontakt mit der Außenwelt abgeschnitten war. Erst nachdem es meiner in Amsterdam zurückgebliebenen Frau (Mitte Dezember 1943) gelungen war, für mich einen sogenannten Mischehenstempel zu bekommen, konnte ich in meine Wohnung nach Amsterdam zurückkehren."

Maurits Kapper überlebte die Verfolgung. Er starb 1984 in den Niederlanden.

Zum Zeitpunkt der Stolpersteinverlegung 2007 vor dem ehemaligen Hamburger Stadttheater war die Biografie Maurits Kappers noch gänzlich unerforscht. Die Angaben auf seinem Stolperstein wurden daher vage formuliert.

Stand: Juli 2018
© Björn Eggert

Quellen: StaH 131-10 I (Senatskanzlei – Personalabteilung I), 1934 Ma 2/1 (Versorgung des Chorsängers Mauritz Kapper bei Wohnsitzverlegung in das Ausland); StaH 351-11 (Amt für Wiedergutmachung), 5817 (Maurits Kapper); StaH 351-11 (AfW), 19186 (David Cantor); Stadtarchiv Koblenz, Bestand 623 Nr. 8547, S.43 (Gagenliste des Stadttheaters zu Coblenz 1.10.1911–27.3.1912); Adressbuch Hamburg 1919, 1920, 1923, 1927, 1930, 1933; Hamburger Abendblatt 11.8.2006, Hans-Juergen Fink: Verstummte Stimmen, Wer kennt die Schicksale?; Kopitzsch/Brietzke (Hrsg.): Biografie, Band 4, S. 18–20; Lohalm: über Georg Ahrens in: Hamburg im Dritten Reich, S. 97, 131.

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